Der Kampf der Essens-Lieferdienste

Millionen an ausgelieferten Essensbestellungen, aber auch Millionen an ausgegebenen Werbegeldern und Millionenverluste auf unabsehbare Zeit: Der Markt der Lieferdienste für Speisen ist von einem hohen Wachstum geprägt und deshalb äußerst hat umkämpft. Für diesen Kampf benötigen Lieferando und Co. viel Kapital, das sie sich von Investoren und der Börse holen.

Inzwischen gibt es kaum noch einen TV-Werbeblock, der nicht ohne mindestens einen Spot eines Essens-Lieferanten auskommt. Auch Städte und Bahnhöfe sind mit den Plakaten der Kuriere vollgepflastert und online führt kaum ein Weg an den den allgegenwärtigen Werbebannern vorbei. All diese öffentliche Wahrnehmung hat ihren Preis: Laut dem Marktforschungsunternehmen Nielsen haben 2015 Firmen wie Lieferheld, Pizza.de, oder Lieferando an die 120 Millionen Euro für Marketing ausgegeben. Damit ist Werbung mit Abstand der größte Kostenfaktor für die Unternehmen. 

Hohes Wachstum, hohe Ausgaben

Hinzu kommen teils hohe Rabatte für Neukunden, was dazu führt, dass dieses erst nach mehreren Bestellungen für die Lieferanten profitabel werden. Die Schlacht wird momentan besonders heftig geschlagen, da das Marktpotential in Deutschland noch recht hoch ist. Experten erwarten jedoch, dass sich das Wachstum bis 2020 abschwächen wird. Da die großen Marktteilnehmer allesamt trotz großer Wachstumssprünge auf unabsehbare Zeit in der Verlustzone operieren, muss frisches Geld her. Dies geschieht mit Hilfe von Kapitalerhöhungen, durch Hinzunahme neuer Investoren oder durch Börsengänge, die neue Finanzmittel in die Kassen spülen.

Werbung ist der mit Abstand größte Kostenfaktor für die Unternehmen. 

Stillung des Kapitalbedarfs durch Börsengänge

Die niederländische Lieferando-Mutter Takeaway.com machte es im letzten September vor und auch die Tochter der Berliner Unternehmensschmiede Rocket Internet hat gerade angekündigt, ihren Gang auf das Börsenparkett vorzubereiten. Einen genauen Termin nannten die Beteiligten nicht, doch der Börsengang soll, abhängig vom Marktumfeld, in den kommenden Monaten stattfinden. Zuletzt wurde die Bewertung von Delivery Hero auf etwa 3,5 Milliarden Euro taxiert. Der Umsatz lag in 2016 bei knapp 300 Millionen Euro, was im Vergleich zum Vorjahr einem Wachstum von 80 Prozent entspricht.

Eigenen Angaben zufolge erwartet das Unternehmen, durch den IPO Bruttoeinnahmen von 450 Millionen Euro zu generieren.Anleger, die sich für die Aktie interessieren, haben also noch ein wenig Zeit, sich den Einstieg zu überlegen. Mittel- und langfristig orientierte Investoren tendieren dabei sicher zum Kauf der Anteile, während sich Anleger mit einem eher kurzfristigen Hintergrund Hoffnungen machen dürfen, über einen erfolgversprechenden CFD Handel Gewinne zu erzielen.

Über allem schwebt das Damoklesschwert Amazon 

Bei aller Wachstumseuphorie sollte nicht vergessen werden, dass das Unternehmen im letzten Jahr etwa 115 Millionen Euro Verlust gemacht hat und das der Eintritt in die Gewinnzone noch nicht prognostizierter ist. Doch wie bei vielen Internetaktien dürfte der Fokus auf der Wachstumsgeschichte Mit dem frischen Geld will Delivery Hero seine Aktivitäten in dieser Richtung weiter ausbauen. Das ist auch wichtig, denn ein Ende der teuren Werbe- und Rabattschlacht ist nicht abzusehen. Es ist eher das Gegenteil zu erwarten, denn längst blicken die Essenslieferdienste gebannt nach Seattle, von wo aus Amazon sein Fresh-Programm immer weiter vorantreibt. 

Nach einer ersten Testphase ist davon auszugehen, dass der Handelsgigant auch in Deutschland dieses Angebot weiträumig ausrollen wird. Es ist zu erwarten, dass das Unternehmen damit nicht nur Supermärkte und Drogerien im Visier hat, sondern über kurz oder lang auch in das Geschäft mit Essenlieferungen einsteigen wird. In Großbritannien kann man bereits sehen, wohin das führt. So sind in London seit kurzem Töchter von Amazon und des Fahrdienstes Uber unterwegs, die ihren etablierten Konkurrenten mit groß angelegten Werbe- und Gutscheinaktionen Marktanteile abjagen.

Dank ihrer schier unerschöpflichen Kriegskassen müssen sich Delivery Hero und Co. warm anziehen, wenn Amazon und vielleicht später auch einmal Über versuchen werden, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen.