Lohnt sich jetzt ein Wechsel in die PKV? Die Höchstsätze in der gesetzlichen Krankenversicherung nähern sich 1.000 Euro

Einige Personengruppen haben die Wahl zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Meinungen, welche Option die bessere ist, gehen oft weit auseinander.

Die angekündigten Beitragserhöhungen in der gesetzlichen Krankenversicherung bringen nun wieder Bewegung in die Diskussion. Demnächst sind Höchstbeiträge von fast 1.000 Euro möglich. Was ändert sich dadurch bei der Entscheidung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung?

Kommende Anpassungen bei den Beiträgen: Das wird sich 2023 ändern

Die Kosten für die Gesundheitsvorsorge sind in den letzten Jahren gestiegen, während die Einnahmen der Krankenkassen rückläufig waren. Bereits Anfang des Jahres 2022 warnten die gesetzlichen Krankenkassen vor einer enormen Finanzierungslücke.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärte, dass ein Defizit von rund 17 Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen vorhanden ist. Diese Lücke soll zum Teil durch einen Zusatzbeitrag zum allgemeinen Beitrag gedeckt werden. Bisher lag dieser Zusatzbeitrag, deren Durchschnitt gesetzlich festgelegt wird, bei 1,3 Prozent vom Bruttolohn. Ende Juli 2022 hat das Bundeskabinett die Erhöhung des Zusatzbeitrags gebilligt. Dieser steigt ab Beginn des Jahres von 1,3 auf 1,6 Prozent.

Die Krankenkassen sich jedoch frei in der Entscheidung, ob sie diesen neuen gesetzlichen Rahmen ausnutzen. Es ist aber zu erwarten, dass viele Krankenkassen die Beiträge erhöhen, um die Finanzierungslücken zu decken. Die Ankündigung über eine solche Erhöhung kann auch recht kurzfristig erfolgen. Die Krankenkassen haben bis zum 31. Dezember 2022 Zeit, die Versicherten über die neuen Sätze, die ab dem 1. Januar 2023 gelten, zu informieren.

Was in diesem Zusammenhang interessant für gesetzlich Krankenversicherte ist: Bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrags besteht ein Sonderkündigungsrecht.

Die Krankenversicherung wird immer teurer - gesetzlich und privat

Dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung immer weiter steigen, ist kein Geheimnis. Dies gilt tatsächlich sowohl für die gesetzlichen als auch die privaten Krankenkassen.

Bei einem Blick auf die Entwicklung der Höchstbeiträge in der GKV fällt der rasante Anstieg an. Im Jahre 1970 lag der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung bei 50,31 Euro, im Jahre 1990 bei 301,98 Euro. Im Jahre 2023 wird sich dieser Höchstbeitrag der Grenze von 1.000 Euro annähern. Sicherlich sind in diesen 50 Jahren auch die Einkommen gestiegen und der Wert des Geldes hat durch die Inflation abgenommen. Dies zeigt sich auch an der Beitragsbemessungsgrundlage. Diese lag 1990 bei 2.415,85 Euro, im Jahre 2022 hingegen bei 4.837,50 Euro. Dennoch zeigt sich, dass der Höchstbeitrag um den Faktor drei gestiegen ist, während die Beitragsbemessungsgrundlage sich nur verdoppelt hat. Dies spiegelt sich auch im prozentualen Beitragssatz nieder. Dieser lag 1990 bei 12,5 Prozent, Anfang 2023 werden die ersten Krankenkassen einen Satz oberhalb von 16,0 Prozent haben.

Was kostet die private Krankenversicherung und lohnt sich jetzt ein Wechsel?

Bei den privaten Krankenkassen gilt im Gegensatz zu dem Solidaritätskonzept in den gesetzlichen Krankenkassen das Äquivalenzprinzip. Das bedeutet, dass die Höhe der Beiträge individuell, anstatt über einen allgemeinen Beitragssatz, der für alle gilt, berechnet wird. Somit erhalten Versicherte in der privaten Krankenkasse individuelle Beitragssätze, die sich an Faktoren wie dem Alter und dem Gesundheitszustand orientieren.

Darüber hinaus bieten die privaten Krankenkassen auch unterschiedliche Leistungspakete an. Somit ist es möglich, selbst Einfluss auf die Leistungen zu nehmen, die eine Krankenkasse bereitstellt. Dadurch lassen sich ebenfalls die Kosten beeinflussen. Dies bedeutet, grob gesagt, dass vor allem junge und gesunde Menschen sich in der privaten Krankenversicherung günstiger versichern lassen können als in der gesetzlichen. Ein Blick auf konkrete Beispiele zeigt die Unterschiede recht deutlich.

Ein Beamter im Alter von 30 Jahren mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 3.000 Euro kann sich ab 244 Euro privat versichern lassen. In der gesetzlichen Krankenkasse liegen die Kosten hingegen bei 477 Euro pro Monat und mit der Anhebung des Zusatzbeitrags steigen diese Beiträge noch. Ein 35-jähriger Selbstständiger mit demselben Einkommen zahlt in der gesetzlichen Krankenversicherung 636 Euro im Monat. In einer privaten Kasse ist die Krankenversicherung ab 510 Euro monatlich möglich.

Die Krankenversicherung für einen Studenten im Alter von 23 Jahren liegt in einem Bereich zwischen 135 und 272 Euro. In der gesetzlichen Krankenversicherung zahlt dieser Student zwischen 107 und 114 Euro im Monat. Durch die Anhebung der Beitragssätze in 2023 wird sich die gesetzliche Krankenkasse der privaten also auch hier annähern und das bei besseren Leistungen der PKV.

Je nach Ausgangslage kann eine private Krankenkasse durchaus 200 Euro oder sogar mehr pro Monat günstiger sein. Die Übersicht auf der PKV-Welt.de gibt einen Überblick über die Beitragserhöhungen und die Auswirkungen sowie die Optionen, die Versicherte haben.

Sobald die gesetzliche KV die Beitragserhöhung öffentlich macht, ist eine Kündigung möglich. Ein Wechsel sollte jedoch zunächst genau kalkuliert werden. Der Vergleich gesetzliche versus private Krankenversicherung muss neben der Höhe der Beiträge auch eine Reihe von anderen Punkten beinhalten. Hinzu kommt, dass nicht alle diese Option haben. Bei Angestellten gilt die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Nur wer unter dieser Grenze liegt, kann Mitglied in einer privaten Krankenkasse werden. Diese Grenze liegt im Jahre 2022 bei 64.350 Euro brutto Jahresgehalt.

Was gibt es bei einem Wechsel in die private Krankenversicherung zu beachten?

Wer jetzt mit einem Wechsel aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu einer privaten Kasse liebäugelt, sollte zunächst alle Vor- und Nachteile gründlich bedenken. Dazu gehört zunächst einmal der Familienstand. In der gesetzlichen Versicherung sind alle Familienmitglieder mitversichert. Dies ist vor allem für die Kinder wichtig. In der privaten Kasse müssen für jedes Kind zusätzliche Beiträge entrichtet werden. Dies kann, besonders bei weiterem Nachwuchs, die Kostenvorteile der privaten Krankenversicherungen umkehren. Wer jung ist, keine Kinder hat und nicht mit Nachwuchs plant, für den ist die private Krankenversicherung hingegen eine gute Option

Das Äquivalenzprinzip sorgt dafür, dass die Beiträge in der privaten Krankenkasse mit zunehmendem Alter steigen."

Ein zweiter Punkt ist jedoch das Alter. Das Äquivalenzprinzip sorgt dafür, dass die Beiträge in der privaten Krankenkasse mit zunehmendem Alter steigen. In der gesetzlichen Krankenkasse gilt dies nicht. Aus diesem Grund wird die private Krankenversicherung immer teurer und wird wahrscheinlich eines Tages mehr kosten als die gesetzliche Alternative. Aus diesem Grund sollte ein Wechsel vor dem 45. Lebensjahr erfolgen. In der PKV gibt es Alterungsrückstellungen, sodass ein Teil der Beiträge, die in jungen Jahren gezahlt werden, für das Alter angerechnet werden. Wer früh wechselt, zahlt also im Alter niedrigere Beiträge.

Ein weiterer Punkt ist, dass ein Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenkasse nur in ganz wenigen Ausnahmesituationen gelingt. Somit ist dies faktisch unmöglich. Wer sich einmal für die private Krankenkasse entschieden hat, sollte also bedenken, dass dies eine Entscheidung auf Dauer ist. Wer alle diese Punkte berücksichtigt und gründlich überdenkt, findet sicherlich die richtige Entscheidung für die eigene Situation.