Auch Sportwetten betroffen Liberalisierung verändert den Markt

Seit 1. Juli 2021 gilt in Deutschland ein neuer Glücksspielstaatsvertrag. Er schafft erstmals eine sichere Rechtsgrundlage für das Angebot von Online-Glücksspielen hierzulande. Damit wird nicht nur Online-Casinos ein besserer und rechtssicherer Marktzugang ermöglicht, sondern auch Anbietern von Sportwetten.

Die Auswirkungen sind schon jetzt spürbar. Die Zahl der Anbieter ist deutlich größer geworden, manche wie zum Beispiel Mobilebet waren schon vor dem 1. Juli bei uns aktiv. Möglich wurde dies u.a. durch eine Übergangsregelung speziell für Sportwetten-Anbieter, aber auch durch die "Duldsamkeit" deutscher Glücksspielbehörden im Hinblick auf Anbieter mit EU-Lizenz.

Glücksspiel- und Sportwetten-Regulierung - eine verwickelte Rechtsgeschichte

Tatsächlich hat der neue Glücksspielstaatsvertrag eine jahrelange Rechtsunsicherheit beendet. Bereits im Jahre 2006 hatte das Bundesverfassungsgericht ein staatliches Sportwetten-Monopol nur dann mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt, wenn es konsequent an der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet sei. Das Gericht hatte damals dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Ende 2007 das Sportwetten-Angebot neu und verfassungsgemäß zu regeln. Die Neuregelung, die dem vom staatlichen Deutschen Lotto- und Totoblock getragenen Sportwetten-Angebot Oddset dann faktisch eine Monopolstellung verschaffte, wurde vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen. Allerdings erklärte der EuGH 2010 die tatsächliche Umsetzung des Monopols nach europäischem Recht für unzulässig.

Im daraufhin vereinbarten ersten Glückspieländerungsstaatsvertrag wurde eine "Experimentierklausel" aufgenommen, die die Vergabe von maximal 20 Konzessionen für staatliche und private Anbieter von Sportwetten in Deutschland ermöglichte. Diese Regelung war auf sieben Jahre - also bis Mitte 2019 - befristet. Im zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag war eine Erweiterung der Obergrenze auf 35 Konzessionen vorgesehen, eine länderweite Ratifizierung des Vertrags scheiterte aber am Widerstand aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. In einem dritten Glückspieländerungsstaatsvertrag verständigten die Länder sich dann auf eine Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021. Die Obergrenze für die Sportwetten-Konzessionen wurde aufgehoben, zugleich verlängerte man die Frist für die mögliche Konzessionsvergabe bis Mitte 2021.

Seit 2020 übergangsweise, jetzt regulär - Vergabe von Sportwetten-Konzessionen

Für die Vergabe der Konzessionen ist das Regierungspräsidium Darmstadt verpflichtet, das diese Aufgabe nicht nur für Hessen, sondern auch für die anderen Bundesländer wahrnimmt. Kurz vor der Vergabe der ersten Konzessionen wurde zwar das Verfahren durch ein Verwaltungsgerichtsurteil im Mai 2020 zunächst noch mal gestoppt, ist aber seit Oktober 2020 wieder aufgenommen worden. Seither haben zusätzliche Sportwetten-Anbieter die Möglichkeit, gültige deutsche Konzessionen zu erwerben. Der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 erlaubt das auch weiterhin, knüpft aber die Lizenzvergabe an bestimmte Auflagen:

  • Einsatzbegrenzung: der Wett-Einsatz pro Monat darf insgesamt 1.000 Euro nicht übersteigen. Das gilt anbieterübergreifend, nicht auf einen einzelnen Buchmacher bezogen. Damit soll "süchtigem" Wettverhalten vorgebeugt werden;
  • Transparenz: ebenfalls eine Maßnahme gegen Wettsucht ist die Statistik-Vorgabe. Beim Einloggen bei einem Online-Buchmacher muss der Wett-Teilnehmer eine Statistik sehen können, in der seine Gewinne und Verluste bei vorausgegangenen Wetten aufgeführt sind. Die Angabepflicht betrifft jeweils die letzten 30 Tage;
  • Livewetten eingeschränkt: die Möglichkeit, während eines laufenden Spiels Wetten zu platzieren, ist stark restringiert worden. Die Wette darf sich nur auf das nächste Tor, den nächsten Satz oder ein vergleichbares, nur in geringer Anzahl auftretendes Ereignis während eines Spiels mit Ergebnis-Effekt beziehen;
  • E-Sport & Co. außen vor: Wetten auf E-Sport (Wettkämpfe bei virtuellen Spielen) werden stark eingeschränkt. Das Gleiche gilt für nicht-sportbezogene Wetten - zum Beispiel Wetten auf bestimmte Wahlergebnisse, Wetter, Unterhaltungsshows usw..

Mitte 2021 verfügten bereits rund drei Dutzend Anbieter über deutsche Sportwetten-Konzessionen, davon die meisten mit Konzessionen für Online-Angebote. Knapp die Hälfte der Sportwetten-Buchmacher hat sowohl eine Online-Konzession als auch eine Konzession für stationäre Angebote. Grundsätzlich ist es nicht zwingend, dass Wett-Anbieter über deutsche Konzession verfügen. Um am deutschen Markt auftreten zu dürfen, genügt auch eine Konzession aus einem anderen EU-Staat. Das ist der Freizügigkeit im EU-Binnenmarkt geschuldet.

Mit der Neuregelung wird nicht nur Online-Casinos ein besserer und rechtssicherer Marktzugang ermöglicht, sondern auch Anbietern von Sportwetten."

Deutsche Konzession - Rechtssicherheit und Seriosität

Vor allem Malta hat sich in den letzten Jahren als Standort für Glücksspiel- und Wett-Anbieter im EU-Raum positioniert. Das geltende EU-Recht war ein Grund, warum zum Beispiel Online-Casinos von den deutschen Behörden toleriert wurden, obwohl nach deutschem Recht Online-Glücksspiele offiziell verboten waren.

Trotz der geltenden Restriktionen - der neue Glücksspielstaatsvertrag wird den Markt für Sportwetten für zusätzliche Angebote öffnen. Denn eine gültige deutsche Konzession bedeutet für Wettfreunde zusätzliche Rechtssicherheit und ist ein Ausweis für Seriosität.