Seit dem sprunghaften Anstieg der Zinsen vor etwa zwei Jahren rückt die Lebensversicherung nun wieder in den Fokus vieler Anleger. Der Markt zeigt sich jedoch gespalten: Während einige Anbieter ihre Verzinsung anheben, hält der Branchenprimus Allianz an unveränderten Konditionen fest.
Die Rolle der Zinsen in der Lebensversicherung
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Lebensversicherungen zur Kapitalbildung basieren auf langfristigen Zinsversprechen. Versicherer investieren die Beiträge ihrer Kunden hauptsächlich in sichere Anlageklassen wie Staats- und Unternehmensanleihen. Diese Anlagen galten in der Phase extrem niedriger Zinsen als Renditebremse. Der plötzliche Zinsanstieg, ausgelöst durch die restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), hat jedoch eine neue Dynamik geschaffen.
Für Versicherer, die in großem Umfang Anleihen mit niedrigen Kupons in ihren Portfolios halten, stellt der Zinsanstieg eine Herausforderung dar. Denn ältere Anleihen mit niedrigeren Zinsen verlieren im Vergleich zu neu begebenen, höher verzinsten Papieren an Marktwert. Gleichzeitig eröffnen höhere Zinsen aber auch die Möglichkeit, neue Gelder zu attraktiveren Konditionen anzulegen.
Strategien der Versicherer: Allianz bleibt konservativ
Die Allianz, Deutschlands größter Lebensversicherer, hat sich entschieden, die laufende Verzinsung für ihre Kunden 2024 unverändert zu lassen. Damit bleibt sie bei einem Wert von rund 2,5 Prozent – ein konservativer Ansatz, der vor allem auf Stabilität und langfristige Planbarkeit abzielt. Nach Angaben des Unternehmens soll so sichergestellt werden, dass auch in turbulenten Marktphasen die Garantien für die Versicherten verlässlich eingehalten werden können.
Andere Anbieter hingegen haben angekündigt, ihre Verzinsung zu erhöhen. Wettbewerber wie die Signal Iduna, die Debeka und kleinere Anbieter nutzen die verbesserten Anlagechancen, um neue Kunden anzulocken und bestehende Verträge aufzuwerten. So bewegen sich die angekündigten laufenden Verzinsungen für 2024 bei diesen Anbietern in einer Spanne von 2,7 bis 3,0 Prozent.
Warum bleibt die Allianz zurückhaltend?
Die Allianz verfolgt traditionell eine konservative Anlagestrategie und legt großen Wert auf Risikomanagement. In ihrem Portfolio finden sich zahlreiche langfristige Anleihen, die während der Niedrigzinsphase erworben wurden. Der Zinsanstieg wirkt sich hier nur langsam positiv aus, da bestehende Anleihen in der Regel bis zur Fälligkeit gehalten werden und nicht von den aktuellen höheren Renditen profitieren. Gleichzeitig sorgt die Allianz für eine stabile Solvabilität, also die Fähigkeit, alle eingegangenen Verpflichtungen zu decken. Diese Vorsicht ermöglicht es dem Versicherer, langfristige Garantien abzusichern, auch wenn kurzfristige Markttrends lockendere Ansätze nahelegen könnten.
Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung ist die Vermeidung von übermäßigem Wettbewerb im Zinsbereich. Höhere Verzinsungen könnten neue Kunden anziehen, erhöhen aber auch die zukünftigen Verpflichtungen der Versicherer. Die Allianz setzt daher auf eine nachhaltige Ertragsstrategie, die nicht von kurzfristigen Zinsbewegungen abhängig ist.
Wettbewerbsdruck im Lebensversicherungsmarkt
Ob der Zinsanstieg auf dem Lebensversicherungsmarkt zu einer Renaissance des Produkts führt, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch: Die Lebensversicherung ist noch lange nicht passé."
Die Entscheidung der Allianz, den Zins unverändert zu lassen, steht im Kontrast zu den Bewegungen der Wettbewerber. Gerade kleinere Anbieter, die stärker um Marktanteile kämpfen, versuchen, durch attraktivere Verzinsungen Kunden zu gewinnen. In einem Markt, der sich von den Folgen der Niedrigzinsjahre erholt, spielen solche Differenzen eine größere Rolle. Für viele Anleger wird die Frage nach der laufenden Verzinsung zunehmend ein Kriterium bei der Wahl des Versicherers.
Allerdings warnen Experten davor, die Attraktivität einer Lebensversicherung allein an der Verzinsung zu messen. Neben der laufenden Verzinsung spielen weitere Faktoren eine Rolle, wie die Kostenstruktur, die garantierten Leistungen und die langfristige Stabilität des Anbieters. Kunden sollten daher nicht ausschließlich auf kurzfristige Zinsvorteile achten, sondern den Gesamtwert des Vertrags prüfen.