Die Schwierigkeit, den Wert der Natur und ihre Rolle im Unternehmenskontext zu messen, liegt in ihrer Komplexität

Nachhaltigkeitsmessung Der komplizierte Wert der Natur

Der Schutz der Natur und die Berücksichtigung von Ökosystemleistungen gewinnen in der Unternehmenswelt zunehmend an Bedeutung.

Internationale Konzerne stehen jedoch vor einer großen Herausforderung: Wie lässt sich der Wert der Natur und die Abhängigkeit von ihren Leistungen in verlässlichen, standardisierten Daten messen? Während sich der CO₂-Ausstoß als vergleichsweise einfach quantifizierbare Größe etabliert hat, bleibt die Messung von Ökosystemleistungen und ihrer Bedeutung für Unternehmen eine komplizierte, oft noch spekulative Operation.


Die Bedeutung der Ökosystemleistungen

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Ökosystemleistungen umfassen die Ressourcen und Dienstleistungen, die die Natur bereitstellt und die für wirtschaftliche Aktivitäten unabdingbar sind. Beispiele hierfür sind:

  1. Regulierende Leistungen: Wälder speichern Kohlenstoff und reinigen die Luft, Mangroven schützen Küsten vor Sturmschäden, und Bienen bestäuben Nutzpflanzen.
  2. Versorgungsleistungen: Wasser, Holz, Rohstoffe und Nahrung stammen direkt aus der Natur.
  3. Kulturelle Leistungen: Die Natur inspiriert Kunst, Erholung und Tourismus.

Für Unternehmen, die von der Landwirtschaft, Fischerei, Energie- oder Rohstoffgewinnung abhängig sind, stellt die Nutzung dieser Leistungen eine essenzielle Grundlage ihrer Geschäftsmodelle dar. Ein Verlust oder eine Verschlechterung dieser Leistungen – etwa durch Abholzung, Klimawandel oder Artensterben – birgt erhebliche Risiken.


Warum ist die Messung so schwierig?

Die Schwierigkeit, den Wert der Natur und ihre Rolle im Unternehmenskontext zu messen, liegt in ihrer Komplexität. Während der CO₂-Ausstoß mit etablierten Methoden wie der CO₂-Bilanzierung quantifiziert werden kann, gibt es für Ökosystemleistungen keine einheitliche oder allgemein akzeptierte Messgröße.

1. Fehlende Standardisierung

  • Unterschiedliche Ökosysteme und Branchen machen Vergleiche schwierig.
  • Für jede Dienstleistung der Natur – sei es sauberes Wasser oder Bodenfruchtbarkeit – müsste ein spezifischer Bewertungsansatz entwickelt werden.

2. Unsichtbare Abhängigkeiten

3. Monetarisierung ist problematisch

  • Ökosystemleistungen haben häufig keinen direkten Marktwert. Wie viel ist eine intakte Korallenriff-Landschaft wert? Der Verlust solcher Leistungen betrifft mehrere Generationen und lässt sich nur schwer in eine Zahl fassen.

4. Dynamische Systeme

  • Die Natur ist dynamisch und ändert sich laufend. Faktoren wie Klima, Biodiversität oder menschliche Eingriffe beeinflussen die Qualität und Verfügbarkeit von Ökosystemleistungen kontinuierlich.

Bemühungen der Wirtschaft: Nachhaltigkeitsmessung in der Praxis

Die Natur ist kein unendlicher Lieferant von Ressourcen. Sie ist ein limitierter, aber unverzichtbarer Partner der Wirtschaft. Unternehmen, die frühzeitig lernen, diesen Wert zu verstehen und zu schützen, sichern nicht nur ihre Zukunft, sondern tragen auch zur globalen Nachhaltigkeit bei."

Obwohl die Aufgabe schwierig ist, versuchen viele Konzerne, aussagekräftige Kennzahlen zu entwickeln. Diese Bemühungen basieren oft auf Modellen und Indikatoren, die unterschiedliche Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigen.

1. Naturkapitalbewertung

Ein vielversprechender Ansatz ist die Naturkapitalbewertung, die den wirtschaftlichen Wert von Ökosystemleistungen in Unternehmensentscheidungen einfließen lässt. Organisationen wie die Natural Capital Coalition entwickeln Rahmenwerke, um diesen Ansatz zu operationalisieren.

2. Biodiversitätsmetriken

Unternehmen setzen zunehmend auf Biodiversitätsindikatoren, um den Einfluss ihrer Aktivitäten auf Ökosysteme zu bewerten. Beispiele sind die Zahl der geschützten Arten, die Wiederherstellung von Lebensräumen oder der Schutz gefährdeter Ökosysteme.

3. Zusammenarbeit mit Wissenschaft und NGOs

Unternehmen wie Unilever, Nestlé oder BASF arbeiten eng mit Nichtregierungsorganisationen und Forschungsinstituten zusammen, um den Wert der Natur besser zu verstehen. Sie nutzen Daten aus Satellitenüberwachung, ökologischer Modellierung und lokaler Feldforschung, um ihre Abhängigkeit von Ökosystemleistungen zu bewerten.

4. ESG-Berichterstattung

Die Integration von Naturkapital in die Umwelt-, Sozial- und Governance-(ESG)-Berichterstattung wird zunehmend gefordert. Große Vermögensverwalter wie BlackRock oder Vanguard drängen Unternehmen darauf, Risiken durch den Verlust von Naturkapital offenzulegen.


Politische und regulatorische Entwicklungen

Auch die Politik arbeitet an Regelungen, die Unternehmen zur besseren Berücksichtigung der Natur bewegen sollen:

  • Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD): Die TNFD entwickelt ein Rahmenwerk für Unternehmen, um naturbezogene Risiken und Abhängigkeiten offenzulegen, ähnlich der Taskforce on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) für Klimarisiken.
  • EU-Biodiversitätsstrategie: Im Rahmen des Green Deal verpflichtet die EU Unternehmen, ihre Auswirkungen auf die Biodiversität zu minimieren und Wiederherstellungsmaßnahmen zu ergreifen.
  • COP15-Biodiversitätsziele: Die auf der Biodiversitätskonferenz 2022 vereinbarten Ziele fordern Unternehmen auf, ihre Auswirkungen auf die Natur systematisch zu reduzieren und in Wiederherstellungsprojekte zu investieren.

Lösungsansätze für die Zukunft

Um die Nachhaltigkeitsmessung voranzutreiben und die Abhängigkeit von Ökosystemleistungen zu reduzieren, müssen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammenarbeiten:

  1. Standardisierte Bewertungsrahmen: Die Entwicklung von allgemein akzeptierten Methoden zur Messung und Bewertung von Ökosystemleistungen ist entscheidend.
  2. Integration in Finanzsysteme: Naturkapital muss in Risikomodelle und Investitionsentscheidungen eingebunden werden, um den Wert der Natur zu reflektieren.
  3. Technologie und Daten nutzen: Fortschritte in der Satellitenüberwachung, künstlicher Intelligenz und Big Data bieten neue Möglichkeiten, die Veränderungen von Ökosystemen in Echtzeit zu beobachten.
  4. Bewusstseinsbildung und Schulung: Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter und Führungskräfte besser über den Wert der Natur und die damit verbundenen Risiken informieren.

Fazit: Der Weg zu einer naturfreundlichen Wirtschaft

Die Messung der Abhängigkeit von Ökosystemleistungen ist ein komplexes, aber notwendiges Unterfangen. Ohne präzise Daten und Bewertungssysteme riskieren Unternehmen langfristige Schäden durch den Verlust von Naturkapital. Gleichzeitig eröffnet die nachhaltige Nutzung von Ökosystemleistungen Chancen für Innovation und Resilienz.

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