Was sie belastet und helfen kann Die Psyche von Jugendlichen in der Krise
Jugendliche befinden sich von Natur aus in einer Lebensphase, die von tiefgreifenden Veränderungen geprägt ist: die Pubertät. In dieser ohnehin sensiblen Zeit sehen sie sich jedoch zusätzlich mit globalen Krisen konfrontiert, die ihre mentale Gesundheit massiv belasten.
Die „GUCK-Hin Studie“ der Universität des Saarlandes hat zwischen 2022 und 2024 insgesamt 4000 Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 18 Jahren befragt, um ein besseres Verständnis für die psychischen Herausforderungen dieser Generation zu gewinnen. Die Ergebnisse zeichnen ein alarmierendes Bild: Viele Jugendliche denken häufig über den Tod nach, leiden unter Angstzuständen und fühlen sich in der Welt, in der sie aufwachsen, orientierungslos.
Pandemie, Krieg und Klimawandel: Ein Dreifach-Schock für die Jugend
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Die Studie zeigt deutlich, wie stark äußere Krisen das Leben von Jugendlichen beeinflussen. Die Corona-Pandemie brachte nicht nur monatelange Schulschließungen, sondern auch den Verlust sozialer Kontakte mit sich. Viele Jugendliche berichten von einem Gefühl der Isolation, das selbst nach dem Ende der Lockdowns bestehen blieb. Der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Unsicherheit über die geopolitische Zukunft haben diese Ängste weiter verschärft. Hinzu kommt der Klimawandel, der bei vielen Jugendlichen das Gefühl einer düsteren Zukunft hervorruft.
Häufige Belastungen, die die Studie dokumentiert:
- Existenzielle Ängste: Der Ukraine-Krieg und die drohende Klimakatastrophe verstärken das Gefühl, dass die Welt aus den Fugen gerät.
- Soziale Isolation: Die Nachwirkungen der Pandemie zeigen sich in Form von Unsicherheiten im Umgang mit Gleichaltrigen und einer erhöhten Vereinsamung.
- Zukunftspessimismus: Viele Jugendliche haben das Gefühl, dass ihre Lebensperspektiven schlechter sind als die der Generationen vor ihnen.
Erschreckende Zahlen: Gedanken an den Tod
Eines der besorgniserregendsten Ergebnisse der „GUCK-Hin Studie“ ist die Häufigkeit von Gedanken an den Tod oder sogar an Suizid. Laut Studienleiterin Tanja Michael denken nicht wenige Jugendliche mehrfach pro Woche darüber nach, lieber tot zu sein. Besonders betroffen sind Jugendliche, die mit mehreren Stressoren gleichzeitig konfrontiert sind. Dazu zählen etwa familiäre Konflikte, schulischer Leistungsdruck und persönliche Unsicherheiten im Umgang mit der eigenen Identität.
Die Studienautoren betonen, dass solche Gedanken nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Jugendlichen suizidgefährdet sind. Dennoch sind sie ein klares Warnsignal für die Belastung, unter der diese Generation steht.
Rolle von Familie, Schule und Gesellschaft
Die Studie zeigt auch, wie wichtig das Umfeld für die psychische Gesundheit von Jugendlichen ist. Eltern, Lehrer und soziale Einrichtungen spielen eine zentrale Rolle dabei, jungen Menschen Sicherheit und Orientierung zu geben. Leider fühlen sich viele Jugendliche von ihrem Umfeld allein gelassen. Häufige Kritikpunkte sind:
- Eltern: Viele Jugendliche haben den Eindruck, dass ihre Sorgen nicht ernst genommen werden. Statt Unterstützung erleben sie oft zusätzlichen Druck, etwa durch hohe Erwartungen in der Schule oder bei der Berufswahl.
- Schulen: Die Pandemie hat die Schwächen des Bildungssystems offenbart. Unzureichende Betreuung und fehlende Ressourcen zur Förderung von psychischer Gesundheit verschärfen die Probleme.
- Gesellschaft: Jugendliche fühlen sich von Politik und Medien oft nicht repräsentiert. Themen wie der Klimawandel werden zwar viel diskutiert, doch viele junge Menschen haben das Gefühl, dass konkrete Lösungen fehlen.
Was Jugendlichen helfen kann
Die Ergebnisse der „GUCK-Hin Studie“ sind ein Weckruf: Jugendliche brauchen dringend mehr Unterstützung, um die vielfältigen Herausforderungen dieser Zeit zu bewältigen."
Die Studienergebnisse machen deutlich, dass schnelles Handeln notwendig ist, um die mentale Gesundheit der Jugendlichen zu fördern. Die Forscherinnen und Forscher der Universität des Saarlandes geben konkrete Empfehlungen, wie Eltern, Lehrer und die Gesellschaft insgesamt dazu beitragen können, Jugendliche zu unterstützen:
- Offene Gespräche fördern: Jugendliche brauchen Erwachsene, die ihnen zuhören und ihre Sorgen ernst nehmen. Regelmäßige Gespräche über Ängste und Probleme können dazu beitragen, belastende Gedanken zu relativieren.
- Mentale Gesundheit enttabuisieren: Psychische Probleme sollten nicht als Schwäche, sondern als Teil des Lebens betrachtet werden. Schulen und Familien können dazu beitragen, indem sie Programme zur Förderung der Resilienz anbieten.
- Soziale Kontakte stärken: Besonders nach der Pandemie ist es wichtig, dass Jugendliche ermutigt werden, wieder aktiv am sozialen Leben teilzunehmen. Freundschaften und Gemeinschaftserlebnisse sind essenziell für die psychische Gesundheit.
- Konstruktive Zukunftsperspektiven aufzeigen: Der Klimawandel und andere globale Krisen sind nicht nur Bedrohungen, sondern auch Chancen für Veränderung. Jugendliche brauchen Vorbilder, die ihnen zeigen, dass Engagement und Optimismus sinnvoll sind.
- Professionelle Hilfe zugänglich machen: Psychologische Beratung und Therapie müssen einfacher und schneller erreichbar sein. Lange Wartezeiten auf Therapieplätze sind ein großes Hindernis, das dringend beseitigt werden muss.
Ein Appell an die Gesellschaft
Die Ergebnisse der „GUCK-Hin Studie“ sind ein Weckruf: Jugendliche brauchen dringend mehr Unterstützung, um die vielfältigen Herausforderungen dieser Zeit zu bewältigen. Professorin Tanja Michael betont, dass die Probleme nicht allein von den Betroffenen gelöst werden können. Es liegt an Eltern, Schulen, Politik und Gesellschaft, den jungen Menschen die Ressourcen und die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen, um psychisch gesund zu bleiben.
„Diese Generation trägt eine enorme Last“, so Michael. „Aber mit der richtigen Hilfe können wir ihr ermöglichen, diese schwierige Phase zu überwinden und gestärkt daraus hervorzugehen.“
Ich glaube, dass Menschen, die sich ihrer Ziele und Werte bewusst werden, sorgenfreier leben.