Ein Gut im Wandel Die Zukunft des Geldes
Längst umfasst der Begriff "Geld" mehr, als nur Scheine und Münzen, längst denken wir beim Bezahlen nicht mehr nur an das Überreichen von Bargeld. Giro- und Kreditkarten sind genauso zum alltäglichen Gebrauchsmittel geworden. Zahlen per PayPal, Sofort-Überweisung oder gar mittels digitaler Währungen – auch das ist keine Seltenheit mehr. Im Rahmen der Digitalisierung befindet sich das Geld also schon jetzt in einem rasanten Wandel. Wird das analoge Geld ganz verschwinden? Und überhaupt – wie sieht die Zukunft des Geldes aus?
Geld heute
Mit Geld, so glauben die meisten Menschen, lässt sich die Welt mehr oder weniger besser ordnen. Alle möglichen Dinge werden in Geld aufgewertet. Vergessen wird dabei oft, dass Geld alleine, also ohne den Menschen, der mit seinen Emotionen damit umgeht, vollkommen wert- und machtlos ist. Und auch der Mensch begehrt im Grunde nicht das Geld. Erst die Dinge, die sich mit dem Geld erkaufen oder erreichen lassen, also die wahren Objekte der Begierde, machen Geld zu einem so kostbaren Gut. Zu einem Tauschmedium außerdem, dass im Zuge der derzeitig rasend schnell voranschreitenden Digitalisierung einem großen Wandel unterworfen ist.Denn die technischen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen, entbinden das Geld seiner materiellen und physischen Wirklichkeit.
Geld ist nicht mehr an ein einziges Medium gebunden und spätestens seit die Digitalisierung kein Fremdwort mehr ist, zum absoluten Abstraktum geworden. Geldwerte sind heute virtuell. Sie lassen sich in digitalen Informationen finden und haben hier die Form von Codes. Dieser Wandel des Geldes ist vor allem für den durchschnittlichen Verbraucher schwer nachzuvollziehen und vollkommen zu verstehen. Denn der Umgang mit Geld ist zwar eine Kulturtechnik, diese Kulturtechnik jedoch ändert sich träge, aber kontinuierlich. Und manchmal ist die Änderung nicht einfach zu verstehen. Mitgegangen werden muss dennoch – daran führt kein Weg vorbei.
Stationärer Handel im Vergleich zum Internet
Die Umsätze jeglicher Händler, Verkäufer und Anbieter von Dienstleistungen werden dadurch gesteigert, dass die Kunden zufrieden sind und somit wiederkommen, weiterempfehlen, gut rezensieren. Das ist auch dem stationären Handel und Betreibern von öffentlichen Einrichtungen bewusst. Allerdings wird dieser Umstand bei Weitem nicht in allen Bereichen des stationären Angebots berücksichtigt – gerade, wenn man es mit dem Angebot im Internet vergleicht.
So erhöhen beispielsweise die angebotenen Zahlungsmöglichkeiten die Zufriedenheit der Kunden. Gerade jüngere Zielgruppen bevorzugen neuere Zahlungsmethoden, wohingegen ältere Menschen vielleicht eher die Zahlung mit Bargeld bevorzugen. Wichtig ist also, eine möglichst breite Palette an Zahlungsmethoden anzubieten. Schaut man aber auf den stationären Handel, so wird schnell klar, dass diese Palette hier nicht gegeben ist: Die meisten Deutschen zahlen hier mit Bargeld oder mit derKredit- oder der Girokarte.
Anfang 2018 schrieb die Deutsche Bundesbank, dass sich neue Bezahlverfahren im Aufwind befänden. Der Umsatz des kontaktlosen Zahlens betrüge erstmals über 1%. Ironischer Weise ist diese Zahlart letztlich auch nur das modifizierte Zahlen mit der alteingesessenen Karte. Von anderen Bezahlverfahren fehlt jegliche Spur.
Im Netz hingegen – natürlich auch dem Umstand des Digitalen und der Unmöglichkeit des Zahlens in bar geschuldet, bestehen deutlich mehr Möglichkeiten. Während die Vorstellung, man könne in einem Bekleidungsgeschäft oder gar einer Einrichtung, wie einer Spielbank, mit PayPal oder gar mit einer Kryptowährung wie dem Bitcoin bezahlen, vollkommen utopisch klingt, gehört diese im Netz zum Alltag. So bietet jeder vernünftige Onlineshop viele verschiedene Zahlungsmöglichkeiten an, um seine Kunden zu binden. Und von der Palette an Optionen zum Bezahlen, die einem etwa in Onlinecasinos geboten werden, soll gar nicht erst die Rede sein. Alleine die Bezahlverfahren Paypal und Sofort-Überweisung machen im Onlinehandel übrigens 2017 ganze 4% des Gesamtumsatzes aus. Die Frage ist also, wann auch der stationäre Handel versteht, dass digitale Bezahlverfahren nicht nur eine Alternative, sondern vielleicht sogar die Zukunft des Bezahlens darstellen. Wenn auch das Bargeld aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht ersetzt oder abgeschafft wird.
Bargeldloses Bezahlen
Bargeld wird aller Voraussichtnach auch in Zukunft weiter existieren. Die Anonymität beim Bezahlvorgang, seine Haptik und die Krisenfestigkeit machen das Bargeld als Zahlungsmethode unabdingbar. Und das in 5, in 10 sowie in 50 Jahren. Davon jedenfalls gehen die meisten aus. Dennoch wird in Zukunft vermutlich – auch stationär – vor allem digital bezahlt werden. Das Bargeld übernimmt dann eher die Funktion einer "eisernen Reserve", wie dies auch etwa Edelmetalle tun, Schmuck und andere Wertgegenstände.
Durchsetzen wird sich vor allem im stationären Handel das Bezahlen mittels digitaler Endgeräte, allen voran das Smartphone. Etliche Tankstellen etwa haben bereits ihre Kassensysteme erweitert, sodass Mobile Payment hier mit wenig Aufwand möglich ist. Bezahlt wird dann beispielsweise (derzeit vor allem) per Apple Pay oder Android Pay, wenn die Handynutzer die entsprechenden Apps downloaden. In Zukunft könnten natürlich etliche weitere Betriebssysteme oder andere Anbieter hinzukommen. Die Daten der Kreditkarte werden dafür bislang im entsprechenden Store hinterlegt und sobald der Smartphone-Nutzer die Waren im Geschäft einkauft, muss er sein Smartphone einfach nur noch an einen Scanner halten. Der Kauf wird schließlich durch die Eingabe eines Passworts oder einen Fingerabdruck bestätigt.
Ein ganz anderes, radikaleres Szenario beschreibt tatsächlich eine Welt vollkommen ohne Banken und Geld – die, wenn sie denn existent sein wird, noch einige Jahrzehnte auf sich warten lassen dürfte.
Hier wird die Zeit der Menschen zum neuen Tauschmittel, wie es bereits heute schon in kleineren und recht geschlossenen Gruppen funktioniert. Allerdings kann das Geldsystem auch nicht einfach durch ein neues ersetzt werden.
Stattdessen besteht die Chance, dass sich irgendwann Komplementärwährungen als Grundlage für ein hybrides Geld- und Finanzsystem etablieren könnten. Dieses System (zentral gesteuert, zugleich aber auch flexibel und offen für komplementäre Alternativlösungen) wäre kompatibel mit den Informationsnetzwerken im Internet der Dinge und dezentralen Digitalwährungen, wie etwa dem Bitcoin und seinen Geschwistern.
Ein solches System könnte möglicherweise auch nachhaltig stabil und resilient aufgestellt sein.
Andere vorstellbare Szenarien des Zukunftsgeldes
Szenarien, wie das bargeldlose Bezahlen, das sich flächendeckend verbreitet, sind naheliegend und wahrscheinlich. Dennoch können einige weitere Szenarien entworfen werden, deren Möglichkeit sich durch die derzeitige Entwicklung ergibt:
- So ist vorstellbar, dass das Prinzip der Clouds auch in den Bereich der Währungen überwandert. Denn eine Geld-Cloud oder ein digitales Portemonnaie entspricht dem Trend der wachsenden Anzahl von Fintech-Apps und Peer-to-Peer-Payment Anbietern. Mit der PSD2 ("Payment Services Directive"), der recht neuen Zahlungsrichtlinie der EU, dürfen auch andere Unternehmen Bankdienstleistungen anbieten. Dies sollte eine erste gute Grundlage für eine Geld-Cloud darstellen und dürfte Banken und Kreditkartenanbietern Sorgen bereiten.
- Selbst wenn es zu einer Geld-Cloud kommen sollte, wird es wohl weiterhin Banken geben. Diese dürften eine andere Funktion bekommen und mehr für das Managen von Beziehungen zuständig sein. Die Sicherheit und ein Gefühl des Vertrauens, die bei Geldanlagen entscheidend sind, lassen sich von Robotern nicht stiften – es braucht hierfür reale soziale Interaktion. Zu transparent ist die digitale Ebene für viele Menschen, wenn es um die Verwaltung des Vermögens und ähnliche wichtige Dinge geht. Die Bank bietet hier also als Lösung einen sozialen Raum, dem man vertrauen kann.
- Ebenfalls nicht unwahrscheinlich ist, dass biometrische Verifizierungen bei Bezahlvorgängen sich weiter durchsetzen. Ganz allgemein scheint der Großteil der Europäer zum Einsatz biometrischer Identifizierung beim Bezahlen bereit zu sein, wobei es immer noch Bedenken hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit und Anonymität gibt. Und das nicht ohne Grund: Sobald per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung bezahlt wird, sind Personen direkt mit dem Kauf vermerkt. Obwohl dieser Punkt Schwierigkeiten bereitet, sind die biometrischen Bezahlverfahren auch keine Seltenheit oder Utopie mehr; sie kommen heute schon oft zum Einsatz. Es könnte gut sein, dass die Bedeutung dieses Verifizierungsverfahrens daher zukünftig steigt und beispielsweise auch neue Zugangsformen zur Geld-Cloud ermöglicht.