BaFin-Umfrage Anleger wollen ESG-Investments
Der Wunsch nach nachhaltigen Anlagen ist groß, aber er steht und fällt mit Verständlichkeit und Prüfbarkeit.
Nachhaltiges Investieren ist in der Mitte der Anlegerschaft angekommen. Das zeigt eine Umfrage der Finanzaufsicht BaFin: Viele Menschen wollen ihr Geld nach ökologischen und sozialen Kriterien anlegen – sofern sie verstehen, was ein Produkt tatsächlich tut. Der Wunsch ist also zweigeteilt: Interesse ja, aber bitte ohne Marketingnebel. Was steckt hinter diesem Ergebnis, und wie können Privatanleger die Spreu vom Weizen trennen?
Was ESG überhaupt meint – und warum Begriffe so wichtig sind
ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung). Dahinter verbergen sich sehr unterschiedliche Ansätze: vom schlichten Ausschluss bestimmter Branchen über die Bevorzugung besonders verantwortungsvoller Unternehmen („Best in Class“) bis hin zu Impact-Strategien, die messbare Veränderungen anstoßen wollen. Genau diese Vielfalt ist Chance und Problem zugleich. Denn ohne klare Beschreibung wirkt „nachhaltig“ schnell wie ein Etikett, nicht wie eine Strategie.
Was Anleger laut Umfrage besonders erwarten
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Aus der Befragung lässt sich ein roter Faden ablesen: Transparenz vor Trend. Gefragt sind vor allem:
- Klare Ausschlusskriterien: Welche Branchen oder Praktiken sind tabu (z. B. Kohle, Waffen, schwere Umweltverstöße) – und ab welcher Schwelle?
- Messbare Kennzahlen: Nicht nur hübsche Geschichten, sondern KPIs (Key Performance Indicator – zentrale Leistungskennzahl). wie CO₂-Intensität, Wasserverbrauch, Unfallraten, Frauenanteil im Management – regelmäßig berichtet und mit Vergleich zum Markt.
- Glaubwürdige Datenquellen: Woher stammen die ESG-Ratings? Wie geht das Produkt mit Datenlücken und Widersprüchen um?
- Umgang mit Konflikten: Was passiert, wenn ein Unternehmen gegen eigene Regeln verstößt? Verkauf, Dialog, Stimmrechtsausübung – und in welchem Zeitplan?
Die Mehrheit möchte also kein „Grün um jeden Preis“, sondern Nachvollziehbarkeit:
Was bewirkt mein Geld, und welches Risiko gehe ich ein?
Greenwashing vermeiden: Woran man ehrliche Produkte erkennt
„Greenwashing“ – also nachhaltige Versprechen ohne Substanz – bleibt die größte Sorge. Drei Prüfsteine helfen im Alltag:
- Strategie in einem Satz: Können Sie in einem Satz wiedergeben, wie das Produkt Nachhaltigkeit umsetzt? Wenn nicht, ist die Beschreibung zu schwammig.
- Regeln → Portfoliobild: Passen die größten Positionen zur ausgeschriebenen Methode? Ein „Paris-kompatibler“ Fonds mit vielen Schweremittenten ohne Übergangsplan ist ein Warnsignal.
- Bericht statt Broschüre: Gute Häuser veröffentlichen regelmäßige Wirkungs- und Nachhaltigkeitsberichte – nicht nur Marketingflyer. Gibt es Zeitreihen, Ziele, Abweichungsanalysen?
Rendite, Risiko, Kosten: ESG ist kein Zauberschild
Nachhaltige Anlagen sind keine eigene Anlageklasse, sondern ein Filter über bestehenden Klassen (Aktien, Anleihen, Immobilien). Rendite und Risiko hängen weiterhin von Bewertung, Zinsniveau und Geschäftsmodellen ab. Ein paar praktische Hinweise:
- Kosten: ESG-Fonds können teurer sein. Bezahlen Sie nur für echten Mehrwert (Datenqualität, aktiver Dialog, Stimmrechtsarbeit) – nicht für ein grünes Logo.
- Stilrisiken: Viele ESG-Indizes sind wachstums- und großkapitalisierungsnah. In Phasen, in denen Substanzwerte vorne liegen, kann das unterperformen.
- Zeitfaktor: Wirkungsziele (etwa CO₂-Reduktion) spielen über Jahre, nicht Wochen. Wer schnelle Beweise verlangt, wird enttäuscht.
Wie Produktgeber Klarheit schaffen können
Der Wunsch nach nachhaltigen Anlagen ist groß, aber er steht und fällt mit Verständlichkeit und Prüfbarkeit."
Die BaFin-Ergebnisse deuten auf einen simplen Auftrag für Anbieter: Einfach, prüfbar, vergleichbar. Das gelingt, wenn…
- Kernaussagen in Klartext formuliert sind (eine Seite, keine Worthülsen).
- Methode und Daten offenliegen: Ausschlüsse, Positivkriterien, Gewichtung, Quellen.
- Stimmrechte und Engagement dokumentiert werden: Wo wurde wie abgestimmt? Welche Dialoge liefen, mit welchem Ergebnis?
- Kennzahlen konsistent berichtet werden (z. B. CO₂ je Umsatz, Anteil Taxonomiekonformität, Kontroversenfälle) – mit Zielpfaden und Abweichungen.
So entsteht Vertrauen – auch dann, wenn Ergebnisse einmal vom Plan abweichen. Anleger verzeihen Schwankungen, aber keine Intransparenz.
Fazit
Die BaFin-Umfrage zeigt: Der Wunsch nach nachhaltigen Anlagen ist groß, aber er steht und fällt mit Verständlichkeit und Prüfbarkeit. Anleger akzeptieren keine grünen Versprechen ohne Inhalt. Gute ESG-Produkte erklären in Klartext, welche Regeln gelten, wie Erfolg gemessen wird und wie mit Zielkonflikten umgegangen wird. Wer als Privatanleger strukturiert prüft – Strategie, Regeln, Portfoliobild, Berichte, Kosten – findet Lösungen, die zum eigenen Gewissen und zum Depot passen. Nachhaltigkeit ist kein Etikett, sondern eine Arbeitsweise. Wenn sie transparent umgesetzt wird, kann sie Vertrauen schaffen und langfristig Rendite und Risiko sinnvoll austarieren.
"Finanzplanung ist Lebensplanung - Geben Sie beidem nachhaltig Sinn!"







