Auch die Schlußlichter überzeugen Aufschwung in ganz Europa
Seit Jahren dümpelt die europäische Wirtschaft dahin. Beim Wachstum haben andere Weltregionen den alten Kontinent längst abgehängt. Doch erstmals seit Jahren gibt es Anzeichen, dass es in Europa ökonomisch wieder aufwärts gehen könnte.
In der letzten Zeit war Europa vor allem gleichbedeutend mit schlechten Nachrichten. Die anhaltende Uneinigkeit in der EU, die ungelöste Flüchtlings-Problematik, Brexit, das Erstarken der Rechtspopulisten, Reformstau in wichtigen Mitgliedsstaaten - die Liste ist lang und ließe sich mühelos fortsetzen. Doch neben allen diesen Schwierigkeiten und Herausforderungen scheint sich die Wirtschaft in Europa, die im Zuge der Finanzkrise tiefe Einbrüche erlebt hatte, wieder zu erholen.
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Erstmals wieder Wachstum in allen EU-Ländern
Ein deutliches Indiz sind die Einkaufsmanager-Indizes in der Euro-Zone. Sie spiegeln die Erwartungen der Einkaufsmanager in einer repräsentativen Auswahl an europäischen Unternehmen wider. Diese werden besonders aufmerksam registriert, weil sie in der Regel sehr frühzeitig die wirtschaftliche Stimmungslage erfassen, noch ehe sich das in "harten" Daten niederschlägt. Und hier zeigt die Entwicklung deutlich nach oben. Im Februar wiesen die Erwartungen die besten Werte seit sechs Jahren auf. Die Zeichen stehen nicht schlecht, dass sie in den nächsten Monaten noch positiver werden könnten.
Damit scheinen sich Prognosen der EU-Kommission zu bestätigen. Sie erwartet für dieses Jahr, dass die Wirtschaft in allen Mitgliedsstaaten wachsen wird - das wäre das erste Mal seit 2008. Im Schnitt soll das Wirtschaftswachstum bei 1,6 Prozent liegen, was nicht berauschend ist, aber immerhin nach Jahren der Rezession in einigen Staaten ein "Licht am Ende des Tunnels". Am stärksten dürften Irland und Spanien wachsen, während sich in Deutschland die Wachstumsdynamik etwas abschwächt. Aber selbst "Schlusslichter" wie Frankreich, Griechenland oder Italien können auf mehr Wirtschaftsleistung hoffen.
Kurzfristig keine restriktivere EZB-Geldpolitik
Damit sind auch die Perspektiven für europäische Aktien tendenziell besser geworden. Seit Jahren hinken sie der stürmischen Entwicklung an der US-Börse hinterher. Während sich der Wert amerikanischer Aktien praktisch verdoppelt hat, haben die europäischen Werte in sieben Jahren nur rund sieben Prozent Plus geschafft - ein mageres Ergebnis. Es besteht also viel Aufholpotenzial.
Am stärksten dürften Irland und Spanien wachsen."
Die Erwartung, die EZB könnte angesichts der positiven Signale bald einen etwas restriktiveren geldpolitischen Kurs fahren, dürfte dabei verfrüht sein. Zwar hat die Inflation zuletzt dank wieder höherer Ölpreise angezogen, doch noch ist der wirtschaftliche Aufwärtstrend nicht nachhaltig und stabil genug, um geldpolitisch die Zügel wieder anzuziehen. Auf die weitere Entwicklung in den kommenden Monaten darf man gespannt sein. Viel dürfte davon abhängen, ob die europäischen Fliehkräfte stark bleiben oder wieder schwächer werden.