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Finanzlexikon Brexit: Auswirkungen für GB und EU

Der Brexit war eines der bedeutendsten politischen Ereignisse der letzten Jahrzehnte und markiert den historischen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU).

Die Entscheidung für den Brexit, die durch ein Referendum im Juni 2016 besiegelt wurde, hatte tiefgreifende wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Auswirkungen sowohl auf Großbritannien als auch auf die EU insgesamt. Der folgende Text beleuchtet die Hintergründe, den Verlauf und die Auswirkungen des Brexits auf beide Parteien.


Hintergrund und Ausgangspunkt des Brexits:

1. Ursprung und Referendum:

  • Die Idee eines Brexit wurde durch wachsende Unzufriedenheit in Großbritannien mit den steigenden politischen, ökonomischen und sozialen Integrationsanforderungen der EU angestoßen. Kritiker argumentierten, dass das Vereinigte Königreich durch die Mitgliedschaft zu stark reguliert wird und seine Souveränität verliert.
  • Das Referendum vom 23. Juni 2016, bei dem 51,9% der britischen Wähler für den Austritt aus der EU stimmten, markierte den Wendepunkt. Die Entscheidung war ein direktes Ergebnis von jahrelangen Diskussionen und einer zunehmend anti-europäischen Stimmung, die besonders von der konservativen Partei unter Premierminister David Cameron und später Theresa May angeführt wurde.

2. Hauptgründe für den Brexit:

  • Souveränitätsbedenken: Viele Briten fühlten sich durch die zunehmende Regulierung und Kontrolle aus Brüssel in ihrer Souveränität eingeschränkt. Die Angst vor einem Verlust an nationaler Autonomie und Identität war ein zentrales Motiv für das Votum.
  • Immigration und Einwanderungspolitik: Die Angst vor einer zu hohen Zuwanderung und den damit verbundenen sozialen und ökonomischen Belastungen spielte ebenfalls eine bedeutende Rolle. Die EU-Mitgliedschaft bedeutete für viele Briten offene Grenzen und eine unkontrollierte Einwanderung, was als eine Bedrohung der eigenen Kultur und Infrastruktur wahrgenommen wurde.
  • Wirtschaftliche Implikationen: Für einige Briten war der EU-Beitritt eine Bürde, die wirtschaftlich nicht mehr tragbar erschien. Die direkte Abhängigkeit von der Europäischen Gemeinschaft und die damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen wurden zunehmend kritisch gesehen.

Verlauf und Prozess des Austritts:

1. Verhandlungen und Zeitplan:

  • Nach dem Referendum trat Theresa May als Premierministerin an, um den Brexit zu vollziehen. Sie musste den Austrittsvertrag mit der EU verhandeln, der komplexe Fragen wie den künftigen Handelsbeziehungen, die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und britische Bürger in der EU, sowie finanzielle Verpflichtungen klären musste.
  • Die Verhandlungen erwiesen sich als äußerst zäh und schwierig. Besonders umstritten war die Frage der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland, die Teil des EU-Binnenmarktes bleibt. Der sogenannte „Backstop“-Plan sollte eine harte Grenze zwischen beiden Irlands verhindern, was von vielen Brexit-Befürwortern jedoch als zu weitgehend empfunden wurde.

2. Austrittsvertrag und dessen Scheitern:

  • Das von May ausgehandelte Austrittsabkommen wurde im britischen Parlament mehrfach abgelehnt, was politische Unruhen und eine zunehmend unsichere Zukunft für den Brexit heraufbeschwor.
  • Im Dezember 2019 wurde Boris Johnson als neuer Premierminister gewählt. Er bot eine klare Alternative: einen „harten“ Brexit ohne das „Backstop“-Regelung, was letztlich zu einer Neuausrichtung der Verhandlungen führte.
  • Das ausgehandelte Austrittsabkommen unter Boris Johnson sah eine Trennung zum 31. Januar 2020 vor, begleitet von einer Übergangsphase bis Ende 2020, in der Großbritannien weiter weitgehend die EU-Regeln akzeptieren musste, um Zeit für die endgültige Regelung der zukünftigen Beziehungen zu schaffen.

3. Ende der Übergangsphase:

  • Am 31. Dezember 2020 endete die Übergangsphase, und Großbritannien trat endgültig aus dem Binnenmarkt und der Zollunion der EU aus. Seitdem gelten neue Handels- und Zollvorschriften, die sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher erhebliche Änderungen und Herausforderungen mit sich brachten.

Auswirkungen des Brexits:

Trotz der formellen Trennung bleibt das Verhältnis zwischen Großbritannien und der EU eine komplizierte und dynamische Beziehung, die weiterentwickelt werden muss, um die gemeinsamen Interessen zu wahren und neue Herausforderungen zu bewältigen."

1. Wirtschaftliche Konsequenzen:

  • Der Brexit hat tiefgreifende wirtschaftliche Auswirkungen auf beide Seiten. Großbritannien verlor den einfachen Zugang zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion. Dies führte zu einer Umstellung der Handelsbeziehungen, sowohl zwischen Großbritannien und der EU als auch weltweit.
  • Besonders stark betroffen sind Sektoren wie der Handel, Dienstleistungen, und die Autoindustrie, die stark auf den EU-Zugang angewiesen sind. Verzögerungen bei der Zollerhebung und neue Handelsbarrieren haben zu steigenden Kosten und Komplexität geführt.
  • Wirtschaftlich betrachtet wurde das Vereinigte Königreich von dem Verlust an Marktzugang und einer Reduzierung von Direktinvestitionen schwer getroffen. Laut Studien ging das britische BIP infolge des Brexits zurück, und die langfristigen Handelskosten stiegen um etwa 7% bis 8%.

2. Politische Konsequenzen:

  • Politisch hat der Brexit das Verhältnis zwischen Großbritannien und der EU verändert. Die gegenseitigen Beziehungen sind komplexer und erfordern regelmäßige Verhandlungen. Besonders die Einigung über eine Handels- und Kooperationsvereinbarung war eine große Herausforderung.
  • Großbritannien erlangte zwar formell die Souveränität über seine politischen Entscheidungen zurück, hat jedoch weniger Einfluss auf die Gestaltung der EU-Gesetzgebung, die weiterhin bedeutend bleibt. Dies führt zu einer gewissen Isolation, da das Land nun ohne Stimmrecht in den entscheidenden politischen Gremien der EU agiert.
  • Für die EU bedeutet der Brexit eine gewisse Polarisierung und ein gesteigertes Bedürfnis nach Weiterentwicklung der Integration, um den Verlust von Mitgliedern zu kompensieren und den wirtschaftlichen Einfluss zu stärken.

3. Gesellschaftliche Auswirkungen:

  • Der Brexit hat auch tiefgreifende soziale Auswirkungen auf die Bevölkerung. In Großbritannien führte er zu einer tiefen politischen und gesellschaftlichen Spaltung. Ein Großteil der Bevölkerung und auch einige politische Gruppen fühlen sich abgehängt und betrogen durch die Entscheidung.
  • Auch die britische Gesellschaft muss mit den Auswirkungen auf Bürgerrechte umgehen, da viele EU-Bürger, die bereits in Großbritannien lebten, ihre Aufenthaltsrechte neu klären mussten. Dies führte zu Unsicherheiten und Ängsten bezüglich ihrer künftigen Status in Großbritannien.
  • In der EU selbst hat der Brexit zu einer verstärkten Debatte über die Zukunft der EU geführt, mit dem Ziel, ihre Widerstandskraft zu stärken und die politische Integration voranzutreiben.

Fazit:

Der Brexit bleibt ein epochales Ereignis, das sowohl Großbritannien als auch die Europäische Union vor große Herausforderungen stellt. Die weitreichenden wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen erfordern eine kontinuierliche Anpassung und Neuausrichtung. Die Auswirkungen des Brexits werden sowohl kurzfristig als auch langfristig die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Landschaft in Europa prägen.

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