Wenn es weniger Käufer gibt, sind die Auswirkungen doppelt dramatisch

Überalterung unserer Gesellschaft Deutsche Autobauer und demografischer Wandel

Dieselgate, die Abgas-Affäre, das Hinterherhinken bei Elektromobilität - derzeit scheinen das die Hauptbelastungsfaktoren für die deutsche Automobilindustrie zu sein. Einen anderen Umstand, der nicht minder bedrohlich und obendrein nachhaltig ist, bildet der demografische Wandel. Er wird allerdings derzeit noch kaum wahrgenommen.

Die zunehmende Überalterung unserer Gesellschaft ist seit Langem bekannt. Wenn mit Blick auf die Industrie davon die Rede ist, geht es meist um drohenden Fachkräftemangel. Aber nicht nur hier schlägt sich die Demografie nieder, sie beeinflusst auch die Absatzchancen. Das gilt gerade für die Autoindustrie, die in Deutschland nach wie vor einen ihrer größten Absatzmärkte besitzt. Hier tickt leise, aber unerbittlich eine Zeitbombe.

Wir sind an einem Wendepunkt 

Tatsächlich ist die Schlussfolgerung logisch. Wenn die Bevölkerung schrumpft, gibt es weniger Nachfrage nach Autos. Denn es nicht davon auszugehen, dass sich jeder Bundesbürger in Zukunft neben seinem Erstwagen noch ein Zweit- oder Dritt-Auto leisten wird. Im Gegenteil: Angesichts des gewachsenen Umweltbewusstseins und des Car-Sharing-Gedankens könnte der Autobesitz eher an Bedeutung verlieren. Wenn es dann auch noch weniger Käufer gibt, weil weniger davon geboren werden, sind die Auswirkungen doppelt dramatisch. 

In dieser Hinsicht befinden wir uns gerade an einem Wendepunkt. Derzeit bilden die 50- bis 54-Jährigen die größte Bevölkerungsgruppe. Sie macht mehr als sieben Millionen Bundesbürger oder 8,7 Prozent der Bevölkerung aus. Diese Altersklasse gehört zur Generation der sogenannten "Babyboomer", den geburtenstarken Jahrgängen der Wirtschaftswunder-Jahre. In der Regel verfügt man in diesem Alter über eine besonders hohe Kaufkraft, es ist Vermögen vorhanden, das Eigenheim verwirklicht, die Kinder sind beinahe oder bereits aus dem Haus - die besten Voraussetzungen, um sich ein wertiges Auto leisten zu können.

Wenn Kaufinteressierte immer weniger werden 

In den letzten Jahren ist diese interessante Zielgruppe immer noch weitergewachsen. Doch damit ist jetzt Schluss. Ab sofort ist aufgrund des demografischen Wandels ein Rückgang angesagt. In nur drei Jahren - 2020 - wird es noch 6,7 Millionen Bundesbürger in dieser Altersklasse geben. 2022 sind es nur noch 5,9 Millionen - Tendenz weiter sinkend. Das heißt, binnen fünf Jahren wird sich die Zahl der 50- bis 54-Jährigen um fast 16 Prozent gegenüber heute reduzieren. Zeitversetzt findet dieser Prozess auch in den höheren Altersklassen statt.

Wenn die zahlungskräftigste Kundengruppe schrumpft, gibt es weniger Nachfrage nach Autos."

Ob bei höherem Alter die Neigung zum Autokauf genauso groß bleiben wird - Stichwort verlängerte Lebensarbeitszeit, höhere Lebenserwartung -, ist einstweilen mehr Spekulation als Tatsache. Spätestens mit der Rente wird die Kaufkraft tendenziell wieder geringer. Und auch die Effekte der Zuwanderung können derzeit nur schwer eingeschätzt werden. Es dürfte Zeit brauchen, bis sich Neubürger ein Auto leisten können. Skepsis scheint daher angebracht. An vielen Stellschrauben mag die Autoindustrie drehen können, an der Demografie jedenfalls nicht.

Berechtigte Hoffnung auf Exportchancen?

Wie lässt sich der demografischen Falle in Deutschland entfliehen? Durch mehr Exporte? Auch dieser Weg hat seine Tücken. Viele Absatzmärkte in den westlichen Industriestaaten haben das Problem der Überalterung, wenn auch nicht so ausgeprägt. Und dort, wo die Bevölkerung dynamisch wächst - in den Schwellen- und Entwicklungsländern -, befindet sich häufig einheimische Autokonkurrenz im Aufbau. Die Export-Hoffnungen sollten nicht übertrieben werden. Doch Chancen bieten sich durchaus. Sie müssen nur konsequent genutzt werden.

Kontakt zu mir

Hallo!
Schön, dass Sie mich kennenlernen möchten.