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Finanzlexikon Die Kunst der Kreditprüfung

Was entscheidet darüber, ob ein Kredit gewährt wird – und zu welchen Konditionen? Ein Blick hinter die Kulissen der Kreditvergabe.

Wer Geld verleiht, geht ein Risiko ein. Wird es zurückgezahlt – und wenn ja: in welcher Höhe, zu welchem Zeitpunkt, unter welchen Bedingungen? Die Antwort darauf entscheidet, ob ein Kredit vergeben wird, und mit welchem Zinssatz.

Deshalb ist die Bonitätsprüfung das Herzstück jeder Kreditvergabe. Banken, Sparkassen, Leasinggesellschaften und FinTechs müssen sich ein fundiertes Bild vom potenziellen Schuldner machen – in wenigen Minuten oder über Wochen, je nach Umfang und Komplexität.


Die Grundfrage: Ist der Kunde zahlungsfähig – und zahlungswillig?

Die Kreditprüfung dreht sich im Kern um zwei zentrale Faktoren:

  • Zahlungsfähigkeit (objektive finanzielle Situation): Einkommen, Vermögen, laufende Verpflichtungen, Sicherheiten.
  • Zahlungswille (subjektive Verlässlichkeit): bisheriges Verhalten bei Kreditgeschäften, Zuverlässigkeit, wirtschaftliche Moral.

Diese beiden Komponenten sind nicht immer leicht zu trennen – aber sie ergeben gemeinsam das Bild, das über die Kreditwürdigkeit entscheidet.


Privatkunden: Haushaltsrechnung, Score, Sicherheiten

Bei Verbrauchern prüfen Banken meist anhand folgender Elemente:

  • Einkommensnachweise: Lohn, Gehalt, Rentenbescheide.
  • Haushaltsrechnung: Einnahmen minus laufende Ausgaben.
  • Schufa-Auskunft: bestehende Kredite, Zahlungsverhalten, Score-Wert.
  • Sicherheiten: Immobilien, Bürgschaften, Lebensversicherungen.

Oft laufen diese Prüfungen heute digital und automatisiert – besonders bei Onlinekrediten. Dennoch bleiben Einzelfallentscheidungen in komplexeren Fällen üblich.


Unternehmen: Bilanz, Geschäftsmodell, Marktumfeld

Bei gewerblichen Kreditnehmern wird deutlich differenzierter geprüft. Zu den Standardinstrumenten gehören:

  • Jahresabschlüsse der letzten 2–3 Jahre.
  • Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA).
  • Kapitaldienstfähigkeit (kann das Unternehmen Zins und Tilgung stemmen?).
  • Liquiditätsplanung und Cashflow-Analyse.
  • Unternehmensstrategie und Marktposition.

Zusätzlich bewerten Banken auch die Managementqualität, Branchenrisiken und das konjunkturelle Umfeld. Je höher der Kreditbetrag, desto mehr spielt auch die Persönlichkeit des Unternehmers eine Rolle.


Ratingsysteme und Scoring – Standardisierung und Effizienz

Große Institute nutzen interne Ratingsysteme, bei denen Kreditnehmer nach bestimmten Kriterien automatisch einer Risikoklasse zugeordnet werden. Diese Bewertung beeinflusst:

  • Die Kreditentscheidung selbst,
  • den Zinssatz,
  • die Notwendigkeit von Sicherheiten,
  • die Intensität der laufenden Überwachung.

Das Ziel: standardisierte, nachvollziehbare und möglichst objektive Entscheidungen. Doch gerade in Grenzfällen entscheidet oft die Erfahrung des Kreditprüfers, ergänzt durch persönliche Gespräche oder zusätzliche Informationen.


Warum der gleiche Kredit für jeden anders aussieht

Die Kunst der Kreditvergabe liegt in der Balance zwischen Vertrauen und Vorsicht. Banken müssen Risiken erkennen, kalkulieren und absichern – aber sie müssen auch Finanzierung ermöglichen."

Ein oft übersehener Punkt: Zwei Menschen können denselben Kreditbetrag bei derselben Bank aufnehmen – zu völlig unterschiedlichen Konditionen. Warum?

Weil Kredit individuell bepreist wird:

  • Je besser die Bonität, desto günstiger der Zinssatz.
  • Je schwächer die Sicherheit, desto höher der Risikoaufschlag.
  • Je kürzer die Laufzeit, desto geringer oft das Gesamtrisiko.

Kreditkonditionen sind keine festen Preise, sondern Ergebnis einer individuellen Risikoeinschätzung – vergleichbar mit Versicherungsprämien.


Fazit: Kreditprüfung ist mehr als ein Punktesystem

Die Kunst der Kreditvergabe liegt in der Balance zwischen Vertrauen und Vorsicht. Banken müssen Risiken erkennen, kalkulieren und absichern – aber sie müssen auch Finanzierungen ermöglichen.

Für Kreditnehmer bedeutet das: Je besser vorbereitet, transparenter und kooperationsbereiter sie auftreten, desto größer sind die Chancen auf gute Konditionen. Und je mehr sie die Logik der Prüfung verstehen, desto gezielter können sie ihre Bonität aktiv gestalten – sei es durch bessere Unterlagen, solide Planung oder gezielte Rückführung von Altlasten.

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