Niedrigzinsen: ein verändertes Geschäftsmodell Die neuen Bausparkassen
Anhaltend niedrige Zinsen, einschneidende Regulierungen und teure Altverträge zwingen Bausparkassen zu einem vollkommen veränderten Geschäftsmodell. Wie die neuen Baufinanzierer den Herausforderungen der Gegenwart entgegentreten, entnehmen Sie bitte dem nachfolgenden Beitrag.
Bei den Verbrauchern sind Bausparverträge ungeachtet des derzeitigen Niedrigzinsniveaus sehr beliebt, auch das Volumen der Neuverträge bleibt hoch. Gleichwohl geht es den Bausparkassen bei Weitem nicht so gut, wie von vielen vermutet. Die Branche leidet im Niedrigzinsumfeld unter hoch verzinsten Altverträgen und muss mit den negativen Auswirkungen einer neuen Richtlinie fertig werden. Zudem wird ihr Geschäft durch herkömmliche Banken erschwert, welche Baufinanzierungen direkt und zu Minizinsen offerieren. Während die Landesbausparkassen einiger Bundesländer eventuellen Schieflagen durch Fusionen zuvorkommen wollen, setzen private Anbieter auf eine Veränderung des Geschäftsmodells.
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Nur noch zweckgebundene Baufinanzierungen
Vor einigen Jahrzehnten bewarben Bausparkassen die Bausparverträge als attraktiv verzinste Sparprodukte und überließen Ihnen als Sparer die Verwendung. Für viele Verbraucher stand bei den Verträgen nicht mehr ein späterer Immobilienerwerb im Vordergrund, sondern ausschließlich die lukrativen Renditen. Einige Kassen stellten Ihnen als Sparer sogar Bonuszahlungen in Aussicht, wenn Sie den Immobilienkredit nicht in Anspruch nahmen.
Das neue Geschäftsmodell der Baufinanzierer lässt Bausparverträge nur noch dann sinnvoll erscheinen, wenn Ersparnisse und Darlehen einem Immobilienerwerb oder einer Hausmodernisierung zugutekommen. Mit anderen Worten: Der nicht zweckgebundene Bausparvertrag gehört bald der Vergangenheit an. Um das Geschäft im Niedrigzinsumfeld nachhaltig zu sichern, müssen die Anbieter zunächst teure Altlasten loswerden.
Altverträge werden konsequent gekündigt
Sie sind für die Bausparkassen eine enorme Belastung, weil sie einerseits die vertraglich vereinbarten hohen Zinsen gutschreiben müssen und andererseits kein Geschäft über Baufinanzierungen machen. Im vergangenen Jahr kündigten die Anbieter bereits 200.000 Altverträge, auch dieses Jahr geht die Kündigungswelle weiter. Während Verbraucherschutzverbände dagegen protestieren und Betroffene zu Einsprüchen auffordern, entscheiden die Gerichte auf unterschiedlichen Ebenen mehrheitlich zugunsten der Baufinanzierer.
Da es sich bei den bisher gefällten Urteilen um Einzelfallentscheidungen handelt, denen teilweise widersprochen wurde, kann nur ein Richterspruch des Bundesgerichtshofes endgültige Klarheit schaffen. Damit ist jedoch erst im kommenden Jahr zu rechnen.
Vor einigen Jahrzehnten bewarben Bausparkassen die Bausparverträge als attraktiv verzinste Sparprodukte."
Für die Bausparkassen unverzichtbar
Das neue Geschäftsmodell kann nur dann auf sicheren Füßen stehen, wenn sich die Anbieter von ihren Altverträgen trennen können. Dies ist umso wichtiger, weil die anhaltend niedrigen Zinsen auch bei zweckgebundenen Bausparverträgen und damit verbundenen Immobilienkrediten nur wenig Spielräume für unverhältnismäßig hohe Zinszahlungen lassen.
Zudem erschwert die neue Wohnimmobilienrichtlinie den Baufinanzierern das Geschäft. Dementsprechend dürfen sie nicht mehr das Eigenheim als primäre Sicherheit werten, sondern müssen sich mehr auf das Alter und die Einkommenssituation der Kreditnehmer fokussieren. Dies trifft jedoch die ganze Branche gleichermaßen.
Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de