Verlust an Planbarkeit

Wirtschaftlichen Lage unter Trump Die unnötigste Rezession

Kaum ein wirtschaftliches Ereignis wird so aufmerksam verfolgt wie eine Rezession in den Vereinigten Staaten – nicht nur wegen der Größe der US-Volkswirtschaft, sondern auch wegen ihrer globalen Vernetzungen.

Vor diesem Hintergrund spricht Johannes Mayr, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Eyb & Wallwitz, von der „wohl unnötigsten Rezession aller Zeiten“. Eine starke Formulierung – und doch keineswegs polemisch gemeint. Mayr spielt damit auf ein Szenario an, das von makroökonomischen Fehlentscheidungen, fiskalischer Unwucht und einer politischen Gemengelage gekennzeichnet ist, die das Vertrauen von Unternehmen, Haushalten und internationalen Partnern gleichermaßen belastet.

Ausgangslage: Ein überraschend robuster Beginn

Die US-Wirtschaft hat die erste Phase nach dem politischen Comeback Donald Trumps – zumindest kurzfristig – besser überstanden als viele Analysten erwartet hatten. Sowohl das Bruttoinlandsprodukt als auch die Arbeitsmarktdaten blieben in den ersten Monaten stabil. Konsum und Unternehmensinvestitionen hielten sich auf einem respektablen Niveau, was Beobachter zunächst zu der Annahme verleitete, dass der wirtschaftliche Schaden einer politisch volatilen Präsidentschaft begrenzt bleiben könnte.

Auch die Finanzmärkte zeigten sich weitgehend unbeeindruckt. Die Kursentwicklung großer Indizes wie des S&P 500 war – trotz erhöhter Volatilität – insgesamt positiv, was auf ein gewisses Maß an Resilienz hindeutete. Der US-Dollar blieb stark, die Anleihemärkte stabilisierten sich, und sogar der Immobilienmarkt zeigte keine unmittelbaren Anzeichen für eine Trendwende.

Doch Chefvolkswirt Mayr warnt davor, aus diesen Beobachtungen voreilige Schlüsse zu ziehen. Die kurzfristige Robustheit sei nicht gleichbedeutend mit langfristiger Stabilität, und die strukturellen Risiken würden durch die politische Rhetorik und Maßnahmen Trumps keineswegs kleiner.

Die Diagnose: Risiko politisch verursachter Selbstschwächung

Was Mayr als „unnötigste Rezession“ bezeichnet, ist eine wirtschaftliche Abschwächung, die nicht durch äußere Schocks, sondern durch vermeidbare politische Eingriffe ausgelöst wird. Im Zentrum seiner Kritik stehen dabei insbesondere:

  • Protektionistische Maßnahmen, die globale Lieferketten stören und Unternehmen in Unsicherheit versetzen.
  • Unberechenbare Fiskalpolitik, bei der Steuererleichterungen mit gleichzeitig steigenden Ausgaben kombiniert werden – und so strukturelle Haushaltsdefizite verschärfen.
  • Abwertung institutioneller Glaubwürdigkeit, etwa durch Angriffe auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank oder durch instabile Personalpolitik im Wirtschaftsressort.
  • Isolationistische Außenpolitik, die Investitionsentscheidungen international agierender Unternehmen erschwert.

Diese Gemengelage führe laut Mayr zu einer Situation, in der sich die wirtschaftlichen Akteure zunehmend zurückhielten – nicht aus tatsächlicher Not, sondern aus Verlust an Planbarkeit. Eine Rezession entstehe dadurch nicht als Folge einer Krise, sondern durch einen schleichenden Vertrauensentzug, den die Regierung selbst provoziere.

Die Rolle der Geldpolitik: Spielraum mit angezogener Bremse

Ein weiteres Problem sieht Mayr in der Rolle der Federal Reserve. Zwar sei die Notenbank weiterhin unabhängig und professionell geführt, doch ihre Reaktionsmöglichkeiten würden durch politische Einflüsse zunehmend erschwert. Einerseits müsse sie die Inflationsrisiken, die durch expansive Fiskalpolitik entstehen, im Blick behalten. Andererseits gerate sie durch öffentliche Kritik und politische Einflussnahme unter Druck, von einer restriktiven Haltung abzurücken.

In einem solchen Umfeld wird die geldpolitische Steuerung schwieriger: Einerseits droht Überhitzung, andererseits wirtschaftliche Stagnation. Die Geldpolitik gerät damit zwischen die Fronten – ein klassisches Dilemma, das in früheren Epochen oft Vorläufer einer verunsicherten Realwirtschaft war.

Unternehmensseite: Investitionszurückhaltung und Planungsprobleme

Noch ist es nicht zu spät. So lautet der vorsichtig optimistische Ausblick des Chefvolkswirts. Märkte, Unternehmen und Konsumenten verfügen über eine hohe Reaktionsfähigkeit. Eine Stabilisierung des politischen Umfelds, eine klarere fiskalische Linie und ein respektvollerer Umgang mit Institutionen wie der Notenbank könnten schnell wieder Vertrauen herstellen."

Insbesondere große, international ausgerichtete Unternehmen reagieren sensibel auf geopolitische und fiskalpolitische Unsicherheit. Die Aussicht auf unilaterale Handelszölle, die Schwächung multilateraler Organisationen oder plötzliche Änderungen der Steuerregeln führen laut Mayr zu einer Investitionszurückhaltung, die sich nicht unmittelbar in Konjunkturzahlen zeigt, aber mittelfristig zu einer gedämpften wirtschaftlichen Dynamik führt.

Zudem beobachten Unternehmen verstärkt Verschiebungen in der Standortwahl. Einige Konzerne lagern Produktionen vorsorglich um, andere halten strategische Reserven zurück oder verschieben Wachstumsprojekte. Diese Form der Unsicherheit hat keine spektakulären Schlagzeilen zur Folge – aber sie wirkt wie eine wirtschaftliche „Sanduhr“, in der langsam aber stetig Momentum verloren geht.

Verbraucherverhalten: Von Vertrauen zu Vorsicht

Auch auf Konsumentenseite zeigen sich subtile Veränderungen. Zwar bleibt der private Konsum – traditionell die wichtigste Säule der US-Wirtschaft – in vielen Bereichen stabil. Doch laut Mayr häufen sich Anzeichen einer vorsichtigen Zurückhaltung. Die Sparquote steigt leicht an, das Wachstum des privaten Kreditmarkts verlangsamt sich, und Konsumklimaindikatoren signalisieren eine latente Verunsicherung.

Diese Entwicklung ist besonders problematisch, weil sie wenig spektakulär, aber in ihrer Wirkung tiefgreifend ist. Der US-Konsument wird nicht schlagartig in Panik verfallen – er wird stattdessen schrittweise vorsichtiger, was den Konjunkturmotor langsam ins Stocken bringt.

Mayrs Fazit: Ein vermeidbarer Abschwung

Für Johannes Mayr steht fest: Eine Rezession in den USA – sollte sie sich tatsächlich vollziehen – wäre nicht unausweichlich, sondern selbst provoziert. Der wirtschaftliche Rahmen sei stabil genug, um Wachstum zu ermöglichen. Die strukturellen Voraussetzungen seien besser als in vielen anderen westlichen Ländern. Doch politisch induzierte Unsicherheit, fiskalische Inkonsistenz und das sukzessive Erodieren des Vertrauens in berechenbare Politik machten die wirtschaftliche Entwicklung anfällig.

Daher spricht er von der „unnötigsten Rezession aller Zeiten“ – nicht, weil sie harmlos wäre, sondern weil sie vermeidbar wäre, wenn politische Rationalität Vorrang vor kurzfristiger Symbolpolitik hätte.

Ausblick: Hoffnung auf Selbstkorrektur?

Noch ist es nicht zu spät. So lautet der vorsichtig optimistische Ausblick des Chefvolkswirts. Märkte, Unternehmen und Konsumenten verfügen über eine hohe Reaktionsfähigkeit. Eine Stabilisierung des politischen Umfelds, eine klarere fiskalische Linie und ein respektvollerer Umgang mit Institutionen wie der Notenbank könnten schnell wieder Vertrauen herstellen.

Ob dieser Kurswechsel unter Donald Trump realistisch ist, bleibt offen. Doch Mayrs Analyse mahnt: Die wirtschaftlichen Risiken sind nicht naturgegeben, sondern politisch determiniert – und genau darin liegt auch die Chance zur Korrektur.

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