Vor wenigen Jahren galt das Thema „Gender Equality“ als vielversprechende Erweiterung klassischer ESG-Strategien

Zu wenig Nachfrage Gender-Equality-Fonds verschwindet

Vor wenigen Jahren galt das Thema „Gender Equality“ als vielversprechende Erweiterung klassischer ESG-Strategien. Es sprach nicht nur ethische Grundwerte an, sondern auch wachsendes Investoreninteresse an Diversität, Inklusion und verantwortungsbewusstem Unternehmensverhalten.

Der Fondsanbieter Robeco versuchte 2019, dieses Momentum mit einem eigenen Publikumsfonds gezielt aufzugreifen. Das Anlageziel war klar formuliert: Investitionen in Unternehmen, die in puncto Geschlechtervielfalt, Frauenförderung und Gleichbehandlung überdurchschnittlich abschneiden. Doch der Markt reagierte verhalten. Nach knapp fünf Jahren wird der Fonds nun aufgelöst und in eine breiter gefasste ESG-Strategie des Hauses integriert. Der Schritt wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die Realität thematischer Fonds, sondern auch auf die Diskrepanz zwischen öffentlichem Diskurs und tatsächlichem Anlegerverhalten.

Gutes Thema – aber kein starker Marktimpuls

Der Gender-Equality-Fonds von Robeco sollte mehr sein als ein symbolisches Produkt. Das Research-Team hatte spezifische Kriterien entwickelt, um Unternehmen hinsichtlich ihrer Gleichstellungspraktiken zu bewerten – darunter die Präsenz von Frauen in Führungspositionen, Lohnparität, Diversitätsprogramme und Transparenz in der Berichterstattung.

Trotz dieses klaren Profils blieb die Nachfrage weit hinter den Erwartungen zurück. Weder institutionelle noch private Anleger sorgten für nennenswerte Mittelzuflüsse. Im Vergleich zu anderen thematischen ESG-Produkten – etwa zu Klima, Wasser oder Kreislaufwirtschaft – fristete das Thema Gender Equality ein Nischendasein.

Die Gründe dafür sind vielfältig:

Integration statt Separation: Eine strategische Neuausrichtung

Die Entscheidung, den Fonds aufzulösen, bedeutet nicht, dass Robeco das Thema vollständig aufgibt. Stattdessen soll es künftig als Teilaspekt in breiter angelegten ESG-Strategien mitgeführt werden. Dies entspricht einem Trend, der sich auch bei anderen Anbietern zeigt: Weg von schmal fokussierten Themenfonds – hin zu ganzheitlich integrierten Nachhaltigkeitskonzepten.

So kann etwa die Berücksichtigung von Gleichstellungskriterien innerhalb eines „Best-in-Class“-Ansatzes geschehen, der ökologische, soziale und Governance-Faktoren systematisch kombiniert. Gender wird dadurch nicht abgeschafft, sondern eingeordnet – als ein Puzzleteil im größeren Bild verantwortungsvollen Investierens.

Die Grenze zwischen gesellschaftlicher Relevanz und Anlagepräferenz

Der Rückzug des Gender-Equality-Fonds von Robeco ist kein Scheitern des Themas an sich, sondern Ausdruck einer strategischen Neuausrichtung des Marktes. Anleger wünschen sich zunehmend integrierte ESG-Produkte, bei denen soziale Themen nicht ausgeklammert, sondern mit anderen Aspekten sinnvoll verknüpft werden."

Der Fall Robeco zeigt ein wiederkehrendes Muster im Markt für nachhaltige Geldanlagen: Nicht jedes gesellschaftlich relevante Thema ist automatisch auch ein tragfähiges Anlageuniversum. Fonds benötigen mehr als gute Absichten – sie müssen skalierbar, diversifiziert und ökonomisch belastbar sein. Gleichzeitig zeigt sich: Anleger setzen ESG oft mit „Umwelt“ gleich, während soziale oder kulturelle Themen vergleichsweise unterbewertet bleiben.

Das hat auch mit der Verfügbarkeit verlässlicher Daten zu tun. Während CO₂-Emissionen oder Energieintensitäten vergleichsweise gut messbar sind, ist die Bewertung von Gleichstellungsfortschritt in globalen Konzernen komplex, inkonsistent und kulturell geprägt.

Ein Thema mit Zukunft – aber ohne schnellen Durchbruch

Trotz des aktuellen Rückzugs aus der Gender-Nische bleibt das Thema langfristig auf der Agenda. Regulatoren, Ratingagenturen und institutionelle Investoren setzen zunehmend auf Diversitätskennzahlen – nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch wegen der nachweisbaren positiven Wirkung auf Innovationsfähigkeit, Risikoqualität und Unternehmensperformance.

Es ist also gut möglich, dass Gender-Aspekte in künftigen ESG-Modellen eine größere Rolle spielen – nur eben nicht als singuläres Anlagekonzept, sondern als Bestandteil umfassender Bewertungslogiken.

Fazit: Signal für Konsolidierung – kein Scheitern der Idee

Der Rückzug des Gender-Equality-Fonds von Robeco ist kein Scheitern des Themas an sich, sondern Ausdruck einer strategischen Neuausrichtung des Marktes. Anleger wünschen sich zunehmend integrierte ESG-Produkte, bei denen soziale Themen nicht ausgeklammert, sondern mit anderen Aspekten sinnvoll verknüpft werden.

Die Lektion aus diesem Fall ist klar: Wer thematische Fonds anbietet, braucht neben gesellschaftlicher Relevanz auch marktfähige Konzepte, verständliche Indikatoren und eine klare Positionierung. Gender Equality bleibt wichtig – aber künftig wohl eingebettet in breitere ESG-Kontexte.

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