Auch die beste Diversifikation schützt nicht vor emotionalem Verhalten

Streuung schützt nicht vor allen Risiken Grenzen und Illusionen der Diversifikation

Die Diversifikation als Dogma der Finanzanlage.

Seit Jahrzehnten gilt Diversifikation als unbestrittenes Grundprinzip erfolgreicher Geldanlage. Der Gedanke ist einfach und eingängig: Wer sein Kapital auf verschiedene Anlageklassen, Märkte und Sektoren verteilt, kann Risiken streuen und Verluste einzelner Positionen durch Gewinne anderer kompensieren. Dieses Prinzip ist mathematisch fundiert, psychologisch entlastend – und in der Praxis doch nur so gut wie sein konzeptioneller Rahmen.


Wenn alles mit allem korreliert

Ein zentrales Problem der Diversifikation liegt in der Annahme, dass verschiedene Anlageklassen oder verschiedene Märkte sich unabhängig voneinander entwickeln.

Doch gerade in Krisenzeiten steigt die Korrelation zwischen Anlagen oft sprunghaft an.

Das bedeutet: Statt sich gegenseitig auszugleichen, fallen unterschiedliche Vermögenswerte gleichzeitig im Wert – auch solche, die unter normalen Umständen wenig miteinander zu tun haben.

Die Finanzkrise 2008 oder der Corona-Schock 2020 haben eindrücklich gezeigt, wie schnell und umfassend Diversifikation an ihre Grenzen stößt.


Schein-Diversifikation durch Klumpenrisiken

Ein weiteres Risiko liegt in einer nur vermeintlich breit gestreuten Allokation. Wer etwa in verschiedene Tech-Aktien investiert, glaubt sich diversifiziert – investiert aber letztlich in einen einzigen Sektor. Auch vermeintlich internationale Fonds können durch regionale Übergewichtungen ein unerkanntes Klumpenrisiko bergen. Selbst in Multi-Asset-Portfolios kann es dazu kommen, dass ein dominierender Risikotreiber wie Zinsentwicklung oder Inflation alle Bestandteile gleichzeitig beeinflusst.


Illusion der Kontrolle durch Komplexität

Diversifikation kann zur trügerischen Sicherheit führen – vor allem, wenn sie mit hoher Komplexität einhergeht. Anleger neigen dann dazu, ein Portfolio für robust zu halten, das in Wirklichkeit nur intransparenter geworden ist. Eine Vielzahl von Fonds, Produkten und Derivaten ersetzt kein durchdachtes Risikomanagement. Zudem erschwert übertriebene Streuung das Monitoring und verlangsamt notwendige Reaktionen auf Marktveränderungen.


Psychologische Fallen trotz Streuung

Diversifikation bleibt ein zentrales Mittel der Risikominderung. Doch sie ersetzt keine klare Strategie, kein Risikobewusstsein und keinen Realitätssinn. Wer glaubt, durch Streuung immun gegen Verluste zu sein, unterliegt einer gefährlichen Illusion. Vielmehr gilt: Diversifikation ist ein Werkzeug unter vielen – kein Schutzschild gegen jede Marktbewegung. Wer das versteht, nutzt sie klug und maßvoll – und verliert auch in turbulenten Zeiten nicht die Orientierung."

Auch die beste Diversifikation schützt nicht vor emotionalem Verhalten. In Stressphasen reagieren Anleger nicht rational auf die Zusammenstellung ihres Portfolios, sondern orientieren sich an Verlusten einzelner Positionen – oder des Gesamtwerts. Wer keine klare Verlusttoleranz und kein Risikoprofil definiert hat, wird auch durch Diversifikation nicht vor Panikverkäufen bewahrt. Streuung kann helfen, die Volatilität zu senken, sie verhindert aber nicht die subjektive Wahrnehmung von Risiko.


Technische Begrenzung durch globale Vernetzung

Die wachsende Integration der Kapitalmärkte hat die Interdependenz zwischen Anlageklassen erhöht. Globalisierung und Digitalisierung haben zur Folge, dass wirtschaftliche, politische oder regulatorische Schocks sich rasch in alle Richtungen ausbreiten. In einem vernetzten System ist echte Unabhängigkeit von Entwicklungen in anderen Märkten kaum noch herzustellen. Diversifikation bleibt in diesem Umfeld wirkungsvoll – aber nicht unbegrenzt wirksam.


Fazit: Diversifikation ist notwendig, aber nicht allmächtig

Diversifikation bleibt ein zentrales Mittel der Risikominderung. Doch sie ersetzt keine klare Strategie, kein Risikobewusstsein und keinen Realitätssinn. Wer glaubt, durch Streuung immun gegen Verluste zu sein, unterliegt einer gefährlichen Illusion. Vielmehr gilt: Diversifikation ist ein Werkzeug unter vielen – kein Schutzschild gegen jede Marktbewegung. Wer das versteht, nutzt sie klug und maßvoll – und verliert auch in turbulenten Zeiten nicht die Orientierung.

Kontakt zu mir

Hallo!
Schön, dass Sie mich kennenlernen möchten.