Finanzlexikon Internationale Rentenperspektiven
Wie andere Länder ihre Rentensysteme organisieren fortfahren.
Die Diskussion über die Zukunft der Rente wird in Deutschland oft mit einem nationalen Tunnelblick geführt. Doch Altersvorsorge ist ein globales Thema, das in allen Industrieländern ähnliche Herausforderungen kennt: Demografie, steigende Lebenserwartung, sinkende Geburtenraten und die Frage, wie man Versorgungslücken schließt. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass es keine perfekte Lösung gibt – wohl aber spannende Modelle, von denen man lernen kann.
Schweden: Das Mischmodell aus Umlage und Kapitaldeckung
Schweden gilt vielen Experten als Vorbild. Dort gibt es ein Kombinationsmodell: Die Basisrente wird wie in Deutschland über ein Umlageverfahren finanziert. Zusätzlich müssen Arbeitnehmer einen Teil ihres Einkommens in individuelle Kapitalmarktkonten einzahlen, die staatlich organisiert, aber privat gemanagt werden.
Dieses „Prämienrenten“-System sorgt dafür, dass die Rente nicht allein von der Demografie abhängt, sondern auch vom Kapitalmarkterfolg. Gleichzeitig bleibt eine Grundsicherung erhalten, die niemanden im Alter ins Bodenlose fallen lässt.
Niederlande: Starke Pensionsfonds
Deutschland kann von anderen Modellen lernen, muss aber einen eigenen Weg finden. Entscheidend ist, rechtzeitig auf Vielfalt zu setzen: Umlage, Kapitaldeckung, betriebliche Vorsorge und individuelle Verantwortung müssen zusammenspielen, damit die Altersversorgung auch in Zukunft tragfähig bleibt."
In den Niederlanden dominiert die betriebliche Altersversorgung. Große Branchenpensionsfonds verwalten die Ersparnisse der Arbeitnehmer und investieren sie professionell an den Kapitalmärkten. Die Fonds sind verpflichtend organisiert, sodass eine breite Basis entsteht und Kosten gering bleiben.
Das Ergebnis: Niederländer können mit einem Rentenniveau von oft über 70 Prozent des letzten Gehalts rechnen – ein Wert, von dem deutsche Rentner nur träumen.
USA: Eigenverantwortung durch 401(k) und IRA
In den USA gibt es zwar die staatliche „Social Security“, sie ist jedoch eher eine Basisabsicherung. Die eigentliche Altersvorsorge erfolgt über steuerlich geförderte Privatkonten wie den 401(k)-Plan oder die Individual Retirement Account (IRA).
Arbeitnehmer sind stark selbst gefordert, für ihren Ruhestand zu sparen. Arbeitgeber beteiligen sich oft mit Matching-Beiträgen, was die Attraktivität erhöht. Gleichzeitig trägt der Einzelne das volle Kapitalmarktrisiko – was im Falle von Krisen, wie 2008, zu schmerzhaften Verlusten führen kann.
Großbritannien: Auto-Enrolment als Lösung
Großbritannien setzt seit einigen Jahren auf das Prinzip des Auto-Enrolment: Arbeitnehmer werden automatisch in betriebliche Vorsorgepläne eingeschrieben, können aber aktiv widersprechen. Diese „sanfte Verpflichtung“ hat die Teilnahmequote massiv gesteigert.
Das Modell zeigt, wie durch kluge Anreizstrukturen mehr Menschen für die Altersvorsorge gewonnen werden können, ohne eine harte Pflicht einzuführen.
Frankreich und Südeuropa: Generöse Systeme, aber instabil
Länder wie Frankreich, Italien oder Spanien haben lange auf großzügige Umlagesysteme gesetzt, mit Rentenniveaus, die deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegen. Doch die Realität holt sie ein: Hohe Arbeitslosigkeit, schwaches Wachstum und steigende Lebenserwartung belasten die Finanzierung. Politische Proteste gegen Rentenreformen zeigen, wie heikel das Thema ist – und wie schwer es fällt, Systeme an die Realität anzupassen.
Lehren für Deutschland
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Die internationalen Beispiele verdeutlichen:
- Reine Umlagesysteme stoßen bei demografischem Wandel an Grenzen.
- Kapitalgedeckte Elemente bieten Stabilität, machen das System aber auch abhängig von den Märkten.
- Pflicht oder automatische Teilnahme erhöhen die Vorsorgebereitschaft erheblich.
- Große, kollektive Fondsstrukturen können durch Skaleneffekte effizienter arbeiten als viele kleine Einzelprodukte.
Fazit
Es gibt kein Patentrezept für die Rente.
- Ja, Schweden und die Niederlande zeigen, wie eine Mischung aus Umlage und Kapitaldeckung funktionieren kann.
- Ja, Eigenverantwortung wie in den USA fördert Kapitalbildung, birgt aber auch hohe Risiken.
- Aber nein, kein System ist perfekt – jedes Land kämpft mit eigenen Schwächen.
Die Lehre lautet: Deutschland kann von anderen Modellen lernen, muss aber einen eigenen Weg finden. Entscheidend ist, rechtzeitig auf Vielfalt zu setzen: Umlage, Kapitaldeckung, betriebliche Vorsorge und individuelle Verantwortung müssen zusammenspielen, damit die Altersversorgung auch in Zukunft tragfähig bleibt.
Freiräume schaffen für ein gutes Leben.