Börse Klimarisiken werden unterschätzt
Aktienkurse sollen alle für die Bewertung eines Unternehmens relevanten und öffentlich zugänglichen Informationen widerspiegeln. In der idealtypischen Modellwelt der Finanztheorie geschieht das nahezu in Echtzeit und ohne Bewertungsverzerrungen. Die Realität sieht unter Umständen anders aus - zum Beispiel bei der Bewertung von Klimarisiken.
Das legt zumindest eine aktuelle Studie nahe, die vom Epos Economic Research Center der Universitäten Bonn und Mannheim vorgelegt wurde. In der Untersuchung wurden 1.989 Finanzanalysten und -experten mit CFA-Abschluss befragt. Die Teilnehmenden der Befragung kamen aus den USA, Europa und Asien. So ergab sich sozusagen ein "globales Meinungsbild".
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Uneinheitliches Meinungsbild - die politische Einstellung zählt
Mehr als zwei Drittel - 68 Prozent - der Befragten waren der Meinung, dass Klimarisiken in den Aktienkursen unterschätzt würden. Die Bewertungen wären demnach im Schnitt zu positiv. Gleichzeitig sagten aber auch über zehn Prozent, Klimarisiken würden zu hoch bewertet. Offensichtlich gehen die Expertenmeinungen auseinander. Eine wichtige Rolle bei der Einschätzung spielt die politische Einstellung. So neigten Finanzexperten mit linken politischen Ansichten eher der Meinung einer Unterschätzung von Klimarisiken zu. Genau umgekehrt verhielt es sich bei Experten mit rechter politischer Verortung. Die - subjektive - politische Einstellung beeinflusst also die Beurteilung maßgeblich.
Sollte das mehrheitliche Meinungsbild einer Unterschätzung zutreffen, wäre dies eine besorgniserregende Erkenntnis."
Sollte das mehrheitliche Meinungsbild einer Unterschätzung zutreffen, wäre dies eine besorgniserregende Erkenntnis. Das würde nämlich eine Fehlallokation von Kapital bedeuten. "Klimakritische" Unternehmen würden über Börsen einen zu leichten und zu günstigen Kapitalzugang erhalten, während Unternehmen mit "klimafreundlichen" Geschäftsmodellen bei der Börsenfinanzierung ungerechtfertigt benachteiligt wären. Allerdings sagt die Einschätzung der Experten noch nichts über eine tatsächliche Über- oder Unterbewertung aus. Das könnte nur ein Bewertungsmodell bieten, das Klimarisiken im Unternehmenswert objektiv abbildet. Außerdem müsste die "Klimarelevanz" von Geschäftsmodellen messbar erfasst werden können. Beides war nicht Gegenstand der Untersuchung bzw. CFA-Befragung.
Finanzexperten in der Befragung
Chartered Financial Analysts - CFA's - ist ein anerkannter Titel des CFA Institute in Charlottesville, Virginia, USA. Die Titelträger kommen aus den Bereichen Fondsmanagement, Finanz- und Anlageberatung, Unternehmensbewertung, Wertpapierhandel, Finanzwesen und Finanzcontrolling. Weltweit gibt es rund 200.000 CFA's - die meisten davon im angelsächsischen Raum. Im DACH-Raum findet man mehr als 10.000 Titelträger, davon die Hälfte in der Schweiz und knapp 44 Prozent in Deutschland, der Rest arbeitet in Österreich.
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