Neubesetzung an der EZB-Spitze

Robert Halver schätzt ein Lagarde macht EZB zum Staatsfinanzierer

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank und äußert sich immer wieder pointiert zu aktuellen Themen der Geldpolitik und der Finanzmärkte. Wenig überraschend bezieht er auch Stellung zur vorgesehenen Neubesetzung an der EZB-Spitze. Die bisherige IWF-Chefin Christine Lagarde wird voraussichtlich am 1. November Mario Draghi beerben.

Für Halver ist das kein gutes Zeichen. Denn eine Kehrtwende in der Geldpolitik hin zu einem restriktiveren Kurs ist seiner Ansicht nach von der Französin nicht zu erwarten. Im Gegenteil: unter ihrer Leitung könnte sich die Notenbank endgültig zum Staatsfinanzierer entwickeln, dem die politische Stabilität im Euro-Raum wichtiger ist als die Stabilität des Geldes.

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Minuszinsen von fünf bis sechs Prozent?

Als Hinweis darauf dient ihm die bisherige Politik des IWF, die stark am Erhalt der Zahlungsfähigkeit der vielen hoch verschuldeten Volkswirtschaften auf dem Erdball orientiert ist. Bei einer weltweiten Rezession könnte diese ernsthaft gefährdet sein und wenn der aufgelaufene gigantische Schuldenberg von 250 Billionen US-Dollar einmal ins Wanken geriete, gäbe es womöglich kein Halten mehr. Deshalb hatte der IWF bisher gegen Negativzinsen nichts einzuwenden, wenn sie dem Ziel der Schuldner-Entlastung dienten und positive wirtschaftliche Impulse setzten. Sogar Minuszinsen von fünf oder sechs Prozent könnten danach förderlich sein.

Ein Widerspruch von Lagarde ist nicht bekannt. In Sachen Geldpolitik ist sie nicht besonders erfahren. Daher dürfte die neue EZB-Chefin sich auf ihre Nummer zwei stützen, den künftigen EZB-Chefökonomen Philip Lane. Der ist bisher Gouverneur der irischen Zentralbank und als Befürworter einer lockeren Geldpolitik bekannt, ganz im Sinne Draghis. Daher spricht manches dafür, dass der von Draghi eingeschlagene Kurs unter Lagarde fortgesetzt wird.

In Sachen Geldpolitik ist Frau Lagarde nicht besonders erfahren."

"Weiter so" statt Kehrtwende

Draghi hält seit Jahren unbeirrt an der Null- und Negativzinspolitik fest, nicht nur zur wirtschaftlichen Stimulierung, sondern - wenn auch unausgesprochen - zur "Entschuldung" von Ländern wie Italien, Griechenland & Co.. Erst nach der jüngsten EZB-Sitzung hat er eine weitere Zinssenkung und die Wiederaufnahme der Anleihekäufe in Aussicht gestellt und damit seiner Nachfolgerin den Weg vorgezeichnet.

Auch an einem "weicheren" Inflationsziel wird schon gebastelt, der Rahmen für "billiges Geld" würde nochmals erweitert. Heimlicher Staatsfinanzierer ist die EZB längst. Unter Lagarde könnte das noch deutlicher werden. Davon ist nicht nur Robert Halver überzeugt.

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