Ein schnelles Ende der Inflation ist angesichts der länger wirkenden Faktoren und der Fortdauer des Ukraine-Konflikts nicht zu erwarten

Prof. Lars Feld Stagflation bedeutet Wohlstandsverlust

Der Begriff der Stagflation wurde in den 1970er Jahren angesichts der Auswirkungen der Ölkrise geprägt. Er bezeichnet eine stagnierende wirtschaftliche Entwicklung bei gleichzeitig hoher Inflation. Genau eine solche Konstellation droht auch jetzt, meint der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld.

Feld war von 2011 bis 2021 Mitglied des sogenannten "Rates der Wirtschaftsweisen" und zuletzt deren Vorsitzender. Bundesfinanzminister Lindner berief ihn im Februar dieses Jahres zu seinem persönlichen Beauftragten für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Auch nach dem Ausscheiden aus dem Weisenrat wird also weiter auf die Stimme des Freiburger Wirtschaftsprofessors gehört.

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Ukraine-Krieg hat Inflation nur verstärkt

In einem Interview äußerte sich Feld jetzt zu den wirtschaftlichen Aussichten angesichts von Ukraine-Krieg und seit Jahrzehnten nicht gekannter Inflation. Er rechnet mit Stagflation und Wohlstandsverlusten. Die deutsche Wirtschaftsentwicklung stagniere bereits und die Wachstumsaussichten im übrigen Europa, in den USA und in China seien deutlich schwächer geworden. Gleichzeitig müsse von einer weiterhin hohen Inflation ausgegangen werden.

Der Ukraine-Krieg habe einen vorher bestehenden Preisauftrieb lediglich verstärkt, nicht ausgelöst. Wesentlich verantwortlich für den Preisschub sei die Lieferkettenproblematik gewesen, die stark mit der chinesischen Politik in der Pandemie verknüpft gewesen sei. Da China seinen diesbezüglichen Kurs nicht geändert habe, müsse man auch weiterhin mit gestörten Lieferketten rechnen. Mit einer Normalisierung der Energiepreise sei ebenfalls vorerst nicht zu rechnen. Solange Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine als Energielieferant ausgegrenzt bleibe, werde man im Westen auf teurere Ersatzimporte von woanders her angewiesen sein.

Stagflation bezeichnet eine stagnierende wirtschaftliche Entwicklung bei gleichzeitig hoher Inflation."

Deutschland wegen Industrialisierung besonders betroffen

Deutschland sei als relativ stark industrialisiertes Land von der Verteuerung der Energie- und Rohstoffpreise besonders betroffen. Steigende Preise wirkten hier stärker rezessiv als in anderen mehr dienstleistungsorientierten Volkswirtschaften. Ein weiterer dämpfender Faktor für die Wirtschaftsentwicklung sei die EZB-Geldpolitik.

Die Euro-Notenbank werde nicht umhin können, zur Inflationsbekämpfung die Zinsen anzuheben. Spielräume dafür seien durchaus da. Selbst die Schuldenproblematik der Südländer habe angesichts der günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren nicht mehr die Brisanz wie zu Zeiten der Euro-Krise.

Ein schnelles Ende der Inflation ist angesichts der länger wirkenden Faktoren und der Fortdauer des Ukraine-Konflikts nicht zu erwarten. Steigende Preise und steigende Zinsen sind aber ein Gift für das Wirtschaftswachstum. Und Wachstumsschwäche ist gleichbedeutend mit Wohlstandsverlust.

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