Bankenstudie von EY Vermögensverwaltung als Motor
Die weltweite Bankenlandschaft entwickelt sich zunehmend bipolar: Auf der einen Seite die dynamischen, wachstumsstarken US-Institute – auf der anderen Seite ihre europäischen Pendants, die vielerorts noch mit strukturellen Altlasten und einem schwierigen regulatorischen Umfeld kämpfen.
Eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zeigt nun in aller Deutlichkeit, wie weit die Ertragskraft der beiden Blöcke auseinanderliegt. Im Jahr 2024 erzielten die zehn größten US-Banken zusammen einen mehr als doppelt so hohen Nettogewinn wie die zehn größten Banken Europas. Besonders auffällig ist dabei: Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die Vermögensverwaltung, ein Geschäftsfeld, das in den USA längst nicht mehr nur als Nebenerwerb gilt, sondern strategisch zum Kerngeschäft gehört.
Zahlen mit Signalwirkung: US-Banken bauen ihre Führung aus

"Finanzplanung ist Lebensplanung - Geben Sie beidem nachhaltig Sinn!"
Die Studie von EY basiert auf den offiziellen Jahresabschlüssen der führenden Banken in den USA und Europa und stellt eine erhebliche Ertragskluft fest.
Während die größten US-Institute ihre Gesamtgewinne im Vergleich zum Vorjahr steigern konnten, verzeichneten viele europäische Häuser nur stagnierende oder marginal wachsende Ergebnisse.
Ein Grund für diesen Unterschied liegt im fundamentalen Aufbau der Banken:
- US-Banken profitieren von einem integrierten Geschäftsmodell, das Investmentbanking, Kreditgeschäft, digitale Services und Vermögensverwaltung unter einem Dach bündelt.
- In Europa sind diese Geschäftsfelder oft getrennt oder restriktiver reguliert, was zu weniger Skaleneffekten und geringerer Dynamik führt.
- Zudem ermöglicht das größere heimische Marktvolumen in den USA eine breitere Kundenerfassung – von High-Net-Worth Individuals bis hin zu digitalen Einsteigern.
Diese strukturellen Vorteile wurden 2024 weiter ausgebaut – insbesondere durch die starke Performance im Wealth- und Asset-Management.
Vermögensverwaltung: Vom Nebenprodukt zum Gewinnanker
Laut der EY-Analyse stiegen die Einnahmen aus der Vermögensverwaltung bei US-Banken signifikant – zum Teil im zweistelligen Prozentbereich. Die Institute konnten davon profitieren, dass immer mehr Kunden – private wie institutionelle – professionelle Hilfe bei der Kapitalanlage suchen. Die Unsicherheit an den Märkten, das Ende der Nullzinspolitik und die Suche nach stabilen Renditequellen haben die Nachfrage nach strukturierten, individuellen Anlagelösungen deutlich gesteigert.
US-Banken wie JPMorgan Chase, Bank of America oder Morgan Stanley haben in den vergangenen Jahren systematisch in diesen Bereich investiert:
- Ausbau digitaler Plattformen für vermögende Privatkunden.
- Integration von Robo-Advisory-Angeboten und KI-gestützter Beratung.
- Erschließung neuer Kundensegmente über Mobile-Banking-Apps und Cross-Selling.
- Vertiefung der Verbindung zwischen Asset Management und Private Banking.
Das Ergebnis: Die Vermögensverwaltung ist nicht mehr nur ein solider Einkommensstrom, sondern entwickelt sich zum strategischen Rückgrat der Gewinnentwicklung – auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten.
Europa hinkt hinterher – trotz Potenzial
Für Europas Banken ist jetzt der Zeitpunkt, die Vermögensverwaltung als strategisches Zentrum neu zu denken – nicht als elitäres Nischenprodukt, sondern als zentralen Beitrag zur Zukunftssicherung. Wer hier investiert, digitalisiert und integriert, kann verlorenes Terrain zurückgewinnen. Andernfalls droht, dass Europa nicht nur bei Tech und Industrie, sondern auch im Finanzwesen dauerhaft ins Hintertreffen gerät."
Europäische Banken, so konstatiert EY, haben den Ausbau der Vermögensverwaltung als Geschäftsfeld lange unterschätzt oder zu spät strategisch verankert. Zwar verfügen auch Institute wie UBS, Deutsche Bank, BNP Paribas oder Credit Suisse (inzwischen Teil von UBS) über starke Wealth-Management-Einheiten, doch Skalierbarkeit und Effizienz bleiben oft hinter den US-Vorbildern zurück.
Herausforderungen sind unter anderem:
- hohe regulatorische Hürden, insbesondere im grenzüberschreitenden Geschäft,
- fragmentierte Märkte mit sprachlichen, kulturellen und steuerlichen Unterschieden,
- mangelnde Digitalisierung und geringere IT-Investitionen,
- weniger offensive Vertriebsstrategien, insbesondere im Retail-Bereich.
Hinzu kommt, dass viele europäische Banken in den letzten Jahren mit Vergangenheitsbewältigung beschäftigt waren – sei es durch juristische Aufarbeitung von Altlasten, Bilanzsanierung oder strategische Neuausrichtung. Damit fehlten oft Ressourcen, um proaktiv neue Wachstumsfelder wie die digitale Vermögensverwaltung voranzutreiben.
Zukunftsausblick: Strategiewechsel dringend notwendig
Die EY-Studie sieht die europäischen Banken nun an einem kritischen Punkt. Wollen sie den Anschluss nicht vollständig verlieren, müssen sie den Bereich Vermögensverwaltung deutlich stärker priorisieren. Dabei geht es nicht nur um Produkte für Superreiche, sondern auch um:
- smarte Einstiegslösungen für Mass Affluent-Kunden (mittleres Vermögen),
- digitale Hybridmodelle, die persönliche Beratung mit Technologie kombinieren,
- kosteneffiziente Skalierung, um auch bei kleineren Anlagesummen profitabel zu wirtschaften,
- neue Serviceangebote, etwa im Bereich nachhaltige Geldanlage oder Altersvorsorge.
Vor allem aber braucht es einen Mentalitätswandel: Weg vom reinen Produktverkauf – hin zum kundenorientierten Lösungsanbieter mit echten Mehrwerten.
Fazit: US-Banken profitieren von strategischer Klarheit – Europa muss aufholen
Die jüngsten Ergebnisse der EY-Bankenstudie zeigen nicht nur eine ökonomische Momentaufnahme, sondern spiegeln auch tiefer liegende strukturelle Unterschiede im Bankgeschäft wider. Während US-Institute konsequent auf Wachstum, Effizienz und Kundenbindung setzen – vor allem im Bereich der Vermögensverwaltung –, laufen viele europäische Banken der Entwicklung hinterher.