Der BFH hat die bestehende Verzugszins-Regelung als vermutlich verfassungswidrig eingestuft

Bundesfinanzhof und das Finanzamt Verzugszinsen ausgesetzt

Bei Geldanlagen bewegen sich die Zinssätze schon länger nahe am Nullpunkt. Beim Fiskus allerdings war die Niedrigzinssituation bisher nicht angekommen. Bei Steuer-Nachzahlungen wurde mit einem Zinssatz von 0,5 Prozent gerechnet - nicht pro Jahr, sondern pro Monat. Jetzt hat das Bundesfinanzministerium die Verzugszins-Berechnung bis auf weiteres ausgesetzt.

Diese "Großzügigkeit" ist keineswegs freiwillig erfolgt. Sie ist der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geschuldet. Der BFH hatte in einem Urteil Ende April die bestehende Verzugszins-Regelung als vermutlich verfassungswidrig eingestuft und im konkreten Streitfall den Vollzug ausgesetzt.Jetzt wird noch das Bundesverfassungsgericht gefragt.

Aussetzung nur unter Bedingungen 

Ein monatlicher Zinssatz von 0,5 Prozent bedeutet aufs Jahr gerechnet sechs Prozent. Davon können Anleger nur träumen. Folgerichtig sah der BFH eine Berechnung von Verzugszinsen in dieser Höhe als realitätsfern an. Tatsächlich handelt es sich bei der Zins-Regelung um einen "alten Hut". Die Sechs Prozent-Festlegung stammt aus dem Jahre 1961 und wurde seither nicht mehr verändert. 

Trotzdem kann sich jetzt nicht jeder Steuerzahler mit Steuer-Nachforderungen freuen. Die Aussetzung der Verzugszinsen gilt nur unter bestimmten Bedingungen: 

  • der Verzinsung muss nach dem 1. April 2015 begonnen haben und es muss ein Widerspruch dagegen vorliegen; 
  • bei früher begonnenen Verzinsungen soll die Vollzugs-Aussetzung nur im Einzelfall und bei unbilligen Härten erfolgen;
  • es handelt sich um einen vorläufigen Verzicht, bis das Bundesverfassungsgericht über die Frage entschieden hat. Dem Gericht liegen dazu zwei Verfassungsbeschwerden vor. 

Ein monatlicher Zinssatz von 0,5 Prozent bedeutet aufs Jahr gerechnet sechs Prozent." 

Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden

Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die bestehende Regelung endgültig kippen sollte, wofür einiges spricht, ist das  sicher nicht das Ende der Verzinsung von Steuer-Nachforderungen.

Ggf. muss der Gesetzgeber eine Neuregelung treffen.

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