Die Bundesregierung plant massive Ausgabensteigerungen, insbesondere für Verteidigung und Infrastruktur

Ende der strikten Fiskalpolitik Was die neue Verschuldung bedeutet

Deutschland galt lange als ein Land mit einer besonders strikten Fiskalpolitik. Die "Schwarze Null" und die Schuldenbremse waren zentrale Prinzipien der Finanzpolitik, die über Jahre hinweg darauf abzielten, Neuverschuldung möglichst zu vermeiden. Doch nun zeichnet sich eine klare Abkehr von dieser Tradition ab: Die Bundesregierung plant massive Ausgabensteigerungen, insbesondere für Verteidigung und Infrastruktur. Finanziert werden soll dies größtenteils über neue Schulden.

Der Hauptgrund für diesen Kurswechsel liegt in der veränderten geopolitischen und wirtschaftlichen Lage. Der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit erheblich ausbauen muss. Gleichzeitig stehen umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur an, darunter der Ausbau des Schienennetzes, die Digitalisierung sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. All das erfordert enorme finanzielle Mittel, die aus dem regulären Haushalt nicht zu stemmen sind.

Steigende Zinsen: Der direkte Effekt höherer Verschuldung

Eine zunehmende Staatsverschuldung hat in der Regel direkte Auswirkungen auf die Zinsentwicklung. Denn wenn der Staat sich verstärkt über den Kapitalmarkt finanziert, indem er Anleihen ausgibt, steigt das Angebot an solchen Wertpapieren. Dies führt dazu, dass Investoren höhere Renditen verlangen, um ihre Gelder in Staatsanleihen zu investieren.

Besonders entscheidend ist die Entwicklung der langfristigen Zinssätze, die eng mit der Höhe der Staatsverschuldung verknüpft sind. Denn je mehr Schulden ein Staat aufnimmt, desto größer wird das Risiko, dass Investoren steigende Inflations- oder Ausfallrisiken einpreisen. In der Folge steigen die Renditen für deutsche Staatsanleihen, was wiederum Auswirkungen auf andere Segmente des Kapitalmarkts hat:

Inflation und Währungseffekte: Schwächung des Euro?

Eine hohe Staatsverschuldung kann auch inflationäre Tendenzen verstärken. Denn wenn der Staat große Summen in die Wirtschaft pumpt – etwa für Rüstung oder Infrastrukturprojekte – steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften, Rohstoffen und Dienstleistungen. Dies kann die Inflation zusätzlich anheizen, insbesondere wenn die Wirtschaft bereits unter Lieferengpässen oder Fachkräftemangel leidet.

Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte gezwungen sein, die Zinsen weiter zu erhöhen, um die Inflation im Zaum zu halten. Dies könnte wiederum die Konjunktur belasten und das Wachstum hemmen.

Gleichzeitig könnte eine steigende Verschuldung das Vertrauen in den Euro schwächen. Besonders wenn andere europäische Staaten ebenfalls hohe Defizite aufweisen, könnte dies zu einer Abwertung der Währung führen. Eine schwächere Währung macht Importe teurer und trägt somit ebenfalls zur Inflation bei. Auf der anderen Seite profitieren Exportunternehmen von einer schwächeren Währung, da ihre Produkte auf dem Weltmarkt günstiger werden.

Deutschland im Vergleich: Wie problematisch ist die Schuldenaufnahme?

Ob Deutschland diesen Kurs langfristig beibehält oder sich erneut fiskalpolitisch einschränkt, wird maßgeblich davon abhängen, wie die wirtschaftliche und politische Entwicklung in den kommenden Jahren verläuft. Klar ist jedoch: Die Zeiten der "Schwarzen Null" sind vorerst vorbei – und das hat spürbare Auswirkungen auf den Kapitalmarkt."

Trotz der ansteigenden Verschuldung bleibt Deutschland im internationalen Vergleich noch immer ein Land mit solider Finanzpolitik. Die deutsche Staatsverschuldung lag 2023 bei etwa 66 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – ein Wert, der deutlich unter dem Niveau vieler anderer großer Volkswirtschaften liegt. Zum Vergleich: Die USA haben eine Verschuldungsquote von über 120 %, Frankreich liegt bei rund 110 % und Italien sogar bei über 140 %.

Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: Während andere Länder ihre hohe Verschuldung über viele Jahre aufgebaut haben, verändert sich die deutsche Fiskalpolitik gerade sehr schnell. Der Bruch mit der traditionellen Schuldenbremse und die massiven zusätzlichen Kredite könnten Investoren verunsichern und das Vertrauen in die Stabilität deutscher Staatsfinanzen beeinträchtigen.

Ein weiterer Faktor ist die politische Unsicherheit. In Deutschland gibt es weiterhin eine starke Debatte über die Frage, ob die Schuldenbremse dauerhaft gelockert oder abgeschafft werden sollte. Wenn sich hier keine klare Linie abzeichnet, könnte dies zu Volatilität auf den Märkten führen, da Investoren unklare fiskalpolitische Perspektiven oft mit einem Risikoaufschlag einpreisen.

Kapitalmarktchancen durch höhere Staatsausgaben

Trotz der möglichen Risiken ergeben sich durch die steigende Verschuldung auch Chancen für Investoren. Besonders die Bereiche Verteidigung, Infrastruktur und erneuerbare Energien könnten von den zusätzlichen staatlichen Investitionen profitieren.

  • Rüstungsindustrie boomt: Unternehmen wie Rheinmetall, Airbus Defence & Space oder Hensoldt profitieren bereits von den steigenden Verteidigungsausgaben. Langfristig könnten sich hier stabile Wachstumsperspektiven ergeben.
  • Bau- und Infrastrukturunternehmen mit neuen Aufträgen: Staatliche Investitionen in den Ausbau von Straßen, Brücken und Schienenwegen kommen Unternehmen im Bau- und Infrastruktursegment zugute. Firmen, die in der Digitalisierung von Verkehrssystemen oder in klimafreundliche Bauprojekte investieren, könnten von dieser Entwicklung besonders profitieren.
  • Nachhaltige Energieunternehmen im Fokus: Der Ausbau erneuerbarer Energien steht im Mittelpunkt der staatlichen Investitionsprogramme. Unternehmen aus den Bereichen Wind- und Solarenergie sowie Energieinfrastruktur könnten von staatlichen Förderprogrammen profitieren.

Fazit: Deutschland in einem fiskalischen Umbruch – mit Folgen für den Kapitalmarkt

Die steigende deutsche Staatsverschuldung markiert eine deutliche Zäsur in der bisherigen Finanzpolitik. Während die zusätzlichen Investitionen für Verteidigung und Infrastruktur notwendig erscheinen, bergen sie auch Risiken für den Kapitalmarkt. Steigende Zinsen, Inflationsgefahren und mögliche Währungsabwertungen sind Herausforderungen, die Investoren im Blick behalten müssen.

Dennoch ergeben sich auch neue Chancen: Bestimmte Branchen könnten durch die staatlichen Investitionen langfristig profitieren. Anleger sollten daher gezielt darauf achten, welche Sektoren von den staatlichen Ausgaben besonders betroffen sind und wie sich die Zinspolitik der EZB weiterentwickelt.

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