Abschlagsfreie Rente mit 63 Wird die Frührente zum Erfolgsmodell?
Die abschlagsfreie Rente mit 63 erfreut sich seit ihrer Einführung Mitte 2014 einer unerwartet großen Beliebtheit. Mehr Menschen als gedacht haben von der Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Berufsleben Gebrauch gemacht. Doch auch viele, denen diese Option bisher nicht offensteht, denken an eine Frührente - für die Rentenversicherung ein riskanter Wunsch.
Tatsächlich können bisher nur Arbeitnehmer, die vor 1953 geboren sind, mit 63 abschlagsfreie Rente beziehen, sofern sie mindestens 45 Beitragsjahre nachweisen können. Bei später Geborenen verschiebt sich der abschlagsfreie vorgezogene Renteneintritt sukzessive bis auf 65 Jahre. Doch es gibt demnächst vielleicht noch eine andere Möglichkeit, Frührente ab 63 abschlagsfrei zu beziehen - wenn man sich auf eigene Rechnung vorzeitig in den Ruhestand begibt. Das könnte trotz Abschlägen und zusätzlicher Einzahlungen in das Rentensystem durchaus attraktiv sein.
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Gesetz zur Flexibilisierung des Renteneintritts
Rechtsgrundlage dafür ist das von der Großen Koalition geplante Gesetz zur Flexibilisierung des Renteneintritts. In einer bisher wenig beachteten Passage des Gesetzentwurfes ist vorgesehen, dass Arbeitnehmer künftig schon mit 63 abschlagsfrei vorzeitig Rente beziehen können, sofern sie ihre Rentenansprüche vorher mit entsprechenden Zusatzbeiträgen aufgestockt haben.
Es ist ein Investment, das durchaus rentierlich sein kann. Schon beim "normalen" Beitragssatz von 18,7 Prozent bietet die Rentenversicherung derzeit eine "Rendite" von etwa drei Prozent - mehr als alle anderen verzinslichen Anlagen am Markt. Das "Zukaufmodell" für einen früheren Renteneinstieg könnte das Ergebnis sogar nochmals verbessern. Allerdings sind solche Rechnungen mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, denn das umlagenfinanzierte Rentensystem lässt sich nicht ohne weiteres mit einer Kapitalanlage vergleichen.
Es ist ein Investment, das durchaus rentierlich sein kann."
Geplante Frührente volkswirtschaftlich bedenklich
Dennoch gilt - wenn das Gesetz in dieser Form Realität wird, erweitert sich der Kreis der potentiellen abschlagsfreien Rentenbezieher ab 63 nochmals deutlich. Was bisher als Ausnahme für einen beschränkten Kreis an Arbeitnehmern mit zeitlich begrenzter Wirkung gedacht war, könnte sich künftig zum Regelfall entwickeln - mit unerwünschten Nebenwirkungen für die Rentenversicherung und die Volkswirtschaft. Renten-Experten wie Bernd Rürup warnen denn auch vor der beabsichtigten Neuregelung.
Durch den Zukauf flössen dem Rentensystem zwar zunächst liquide Mittel zu, die bestehende Problematik des demografischen Wandels und der steigenden Lebenserwartung für das Rentensystem würde aber nochmals verschärft. Der "Kauf" der abschlagsfreien Rente mit 63 würde auch noch in anderer Hinsicht ein Signal in die falsche Richtung bedeuten. Angesichts des sich schon jetzt abzeichnenden Fachkräftemangels wäre ein verstärkter vorzeitiger Austritt aus dem Arbeitsleben bei älteren Arbeitnehmern mehr als kontraproduktiv.
Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de