Die Bank of England in London

Neue Studien prognostizieren Zinsen langfristig niedrig

Viele Anleger warten schon länger auf eine Zinswende. Zuletzt richteten sich die Blicke gespannt auf die USA, wo mit einer baldigen Anhebung des Leitzinses gerechnet wird. Doch würde dies wirklich einen Umschwung bei den Zinsen bringen? Erhebliche Zweifel sind angebracht. Es gibt nämlich einige Indizien dafür, dass die Zinsentwicklung im globalen Maßstab langfristig nach unten zeigt - und zwar weitgehend unabhängig von Aktionen der Notenbanken.

Mehrere Studien namhafter Ökonomen beschäftigen sich intensiver mit dem Phänomen sinkender Zinsen. Eins ist dabei besonders auffällig. In den vergangenen beiden Jahrzehnten sind nicht nur die Nominalzinsen weltweit gesunken, sondern auch die Realzinsen - das sind die um Inflationseffekte bereinigten Zinssätze. Nimmt man die Durchschnittsrenditen zehnjähriger Staatsanleihen von Industrieländern als "Weltzins", so lag das Weltzinsniveau 1985 real noch deutlich über vier Prozent, derzeit bewegt es sich unter einem Prozent. 

Ein wichtiger Faktor ist die langfristige Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums."

Ursachen für weltweit sinkende Zinsen 

Wenn die Zinsen so etwas sind wie der Preis des Geldes und der Preis das Ergebnis von Angebot und Nachfrage bildet, muss es Gründe dafür geben, warum Geld auf lange Sicht billiger geworden ist. Letztlich kann dies nur darauf zurückzuführen sein, dass mehr gespart und/oder weniger investiert wird. Dafür finden die Untersuchungen durchaus Argumente. In einer interessanten Studie von zwei Experten der Bank of England wurde versucht, die Zinseffekte näher zu quantifizieren. Danach lässt sich der gesunkene Realzins wie folgt erklären:  

  • ein wichtiger Faktor ist die langfristige Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums - einhergehend mit einem geringeren Produktivitätszuwachs. Sie hat den Weltzins um rund ein Prozent gedrückt.
  • fast ebenso bedeutsam ist die demografische Entwicklung. Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung an der Menschheit ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen und hat zu höheren Sparquoten geführt. Dieser Effekt macht etwa 0,9 Prozentpunkte aus. Er dürfte sich allerdings mit zunehmender Alterung der Weltbevölkerung wieder nivellieren; 
  • auch die wachsende Ungleichverteilung auf der Welt hat zu mehr Sparen geführt, da Reiche tendenziell höhere Sparquoten aufweisen als Ärmere. Dies hat den Weltzins um 0,45 Prozent gesenkt. 
  • erheblichen Einfluss hat auch die Investitionsseite. Hier machen die Autoren der Studie gleich mehrere Entwicklungen für sinkende Zinsen verantwortlich: niedrigere Preise für Investitionsgüter, gestiegene Investitionsrisiken und mehr staatliche Investitionszurückhaltung - zusammen erklärt das 1,4 Prozent Zinsrückgang.  

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Hoffnung auf Zinswende vergeblich 

Die Politik des billigen Geldes vieler Notenbanken hat dagegen nach Ansicht der Experten der Bank of England nur einen vorübergehenden Einfluss auf die Zinsentwicklung gehabt. Für Anleger bedeutet das leider: es gibt wenig Anlass für Optimismus im Hinblick auf eine notenbankgetriebene Zinswende. 

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