Wissenswertes zu aktuellen Finanzthemen

Finanzlexikon Anlageklassen in Krisenzeiten

Die Stunde der Wahrheit: Krisen als Belastungstest.

Wenn die Märkte schwanken, politische Unsicherheit zunimmt oder Rezessionen drohen, zeigt sich, welche Anlageklassen wirklich belastbar sind. Krisenzeiten sind der Prüfstein für jede Allokationsstrategie – sie trennen kurzfristige Moden von langfristigen Stabilitätsfaktoren. Dabei wird deutlich: Nicht alle Assets verhalten sich gleich unter Stress. Wer Anlageklassen differenziert versteht, kann fundierter reagieren – und langfristig bessere Entscheidungen treffen.

Aktien: Volatil, aber mit Erholungskraft

Aktien sind in Krisen besonders anfällig für Verluste. Kurseinbrüche von 30 Prozent oder mehr innerhalb weniger Monate sind keine Seltenheit, wie die Finanzkrise 2008 oder die Corona-Pandemie 2020 zeigten. Die psychologische Belastung für Anleger ist hoch – nicht selten verkaufen Investoren im Tiefpunkt aus Angst.

Doch: Historisch gesehen haben sich Aktien nach Krisen in vielen Fällen stark erholt. Ihre langfristige Rendite bleibt ungeschlagen. Entscheidend ist also weniger die Krisenresistenz an sich, sondern die Fähigkeit des Anlegers, Disziplin zu wahren. Besonders stabil erweisen sich defensive Sektoren wie Gesundheit oder Basiskonsum – während zyklische Branchen stärker schwanken.

Anleihen: Stabilität mit Einschränkungen

Staatsanleihen hoher Bonität gelten in Krisen als sicherer Hafen.

Gerade US-Staatsanleihen oder deutsche Bundesanleihen gewinnen in unsicheren Zeiten an Nachfrage – die Renditen sinken, die Kurse steigen.

Das stabilisiert Portfolios und federt Verluste bei risikoreicheren Assets ab.

Allerdings hängt die Schutzwirkung stark vom Zinsumfeld ab.

In einem Umfeld steigender Zinsen, wie in den Jahren 2022 und 2023, gerieten auch Anleihen unter Druck.

Zudem sind Unternehmensanleihen krisenanfälliger – vor allem im High-Yield-Segment.

Liquidität kann dann schnell versiegen, was zusätzliche Risiken birgt.

Gold und Edelmetalle: Psychologie als Wertanker

Gold wird traditionell als Absicherung gegen Inflation, Währungsrisiken und geopolitische Spannungen betrachtet. In Krisenphasen wie der Finanzkrise oder während geopolitischer Konflikte zeigt sich oft ein deutlicher Anstieg des Goldpreises. Die Nachfrage ist dabei vor allem psychologisch getrieben – Gold wirft keine Erträge ab, bietet aber symbolischen und realen Werterhalt.

Allerdings verläuft die Goldpreisentwicklung nicht linear. In deflationären Phasen oder bei starkem Dollar kann der Goldpreis auch fallen. Anleger sollten Gold daher eher als Beimischung und weniger als dominierende Position betrachten.

Immobilien: Träge Reaktion mit zeitverzögertem Risiko

Es gibt keine „perfekte“ Anlageklasse für jede Krise. Jede hat ihre spezifischen Stärken und Schwächen. Wer sich auf ein breites, sinnvoll abgestimmtes Portfolio stützt, das unterschiedliche wirtschaftliche Szenarien berücksichtigt, bewahrt eher Ruhe – und Handlungsspielraum."

Immobilien gelten als stabile Wertanlagen mit realwirtschaftlicher Rückbindung. In vielen Krisen bleibt ihr Markt zunächst unberührt, weil Bewertungen selten tagesaktuell erfolgen. Mietverträge sorgen für planbare Einnahmen, insbesondere bei Wohnimmobilien.

Allerdings zeigen sich Risiken oft mit Verzögerung. Leerstände, Finanzierungskosten oder einbrechende Transaktionsvolumina können auch diese Assetklasse belasten – wie zuletzt in Teilen des Gewerbesegments. Die Illiquidität erschwert zudem schnelle Reaktionen. Wer Immobilien im Portfolio hält, braucht eine langfristige Perspektive und sollte auf Diversifikation innerhalb des Segments achten.

Alternative Anlagen: Infrastruktur, Private Equity und Co.

Alternative Anlagen wie Infrastruktur, Private Equity oder Private Debt bieten interessante Perspektiven, weil sie oft geringe Korrelationen zu Aktien und Anleihen aufweisen. In Krisenzeiten können Infrastrukturinvestments durch stabile Einnahmequellen – etwa Mautgebühren oder Stromnetzvergütungen – punkten.

Private Equity dagegen ist abhängig von der operativen Entwicklung der Portfoliounternehmen. Hier kann es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu Abschreibungen kommen. Gleichzeitig zeigt sich: Gut gemanagte Fonds mit langfristigem Fokus nutzen Krisen auch für günstige Zukäufe.

Liquidität: Der unterschätzte Faktor in der Krise

Krisenzeiten sind Liquiditätstests. Anlageklassen, die sich schnell und marktgerecht verkaufen lassen, gewinnen an Wert – auch wenn sie an sich risikoreicher sind. Illiquide Assets dagegen können an Attraktivität verlieren, selbst wenn ihre fundamentale Qualität intakt ist. Daher gilt: Liquiditätsmanagement ist Teil der strategischen Asset-Allokation – gerade in Krisenzeiten.

Fazit: Krisenfestigkeit ist keine Garantie, sondern eine Balance

Es gibt keine „perfekte“ Anlageklasse für jede Krise. Jede hat ihre spezifischen Stärken und Schwächen. Wer sich auf ein breites, sinnvoll abgestimmtes Portfolio stützt, das unterschiedliche wirtschaftliche Szenarien berücksichtigt, bewahrt eher Ruhe – und Handlungsspielraum.

Die Lektion aus vergangenen Krisen lautet daher nicht: „Welche Anlageklasse ist die beste?“ Sondern: „Wie kann ich durch gezielte Diversifikation, klare Risikobudgets und realistisches Zeithorizont-Management die Schwankungen aushalten – und Chancen nutzen?“ In dieser Perspektive liegt die eigentliche Resilienz der Geldanlage.

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