Höhere Zinsen gehören angesichts der EZB-Geldpolitik vorerst in den Bereich der Utopie

Neuer Stresstest der BaFin Bankenprobleme durch Niedrigzins

Höhere Zinsen gehören angesichts der EZB-Geldpolitik vorerst in den Bereich der Utopie. Wie wirkt sich das auf die Rentabilität der Banken aus? Dieser Frage geht der "LSI-Stresstest 2019" der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Zusammenarbeit mit der Bundesbank nach.

Das Kürzel "LSI" steht für "Less Significant Institutes". Es handelt sich um die nicht-systemrelevanten kleineren und mittleren Kreditinstitute in Deutschland, in erster Linie Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken. Rund 1.400 Banken mit einem Marktanteil von fast 40 Prozent (gemessen an der Bilanzsumme) stehen dahinter, in einzelnen Geschäftsfeldern sind die Anteile sogar deutlich höher. In ihrer Gesamtheit sind die Institute durchaus signifikant.

Fünf Zinsszenarien im Stresstest abgefragt

Beim LSI-Stresstest 2019 hat die BaFin bei den betroffenen Banken fünf Zinsszenarien abgefragt. Dabei wurde überwiegend eine konstante Bilanzsumme - gleichbedeutend mit einer statischen Geschäftsentwicklung - unterstellt. Untersucht wurde die Auswirkung von Zinsentwicklungen auf die Gesamtkapitalrentabilität (GKR = (Gewinn + Zinsaufwand)/Bilanzsumme - angegeben in Prozent), um unterschiedliche Kapitalstrukturen zu "neutralisieren". Es wurde die GKR-Entwicklung über fünf Jahre betrachtet: 

  • ein Stressszenario betraf einen "schockartigen" Zinsanstieg um 200 Basispunkte - derzeit ziemlich unwahrscheinlich. Das wäre die aus Bankensicht positivste Entwicklung. Kurzzeitig würde zwar ein Ertragseinbruch durch Kursverluste bei Anleihen im Bestand stattfinden. Auf Fünf-Jahres-Perspektive würde die GKR aber um 38 Prozent steigen;
  • bei niedrigen, aber konstanten Zinsen würde die GKR langsam, aber kontinuierlich weiter abschmelzen - in fünf Jahren um 12 Prozent;
  • bei nochmals um 100 Basispunkte sinkenden Zinsen würde sich die GKR mehr als halbieren - der Rückgang läge bei 52 Prozent. Dies ist das ungünstigste Szenario - und aktuell auch das realistischste.

Die weitere Ertragsentwicklung hängt auch davon ab, inwieweit Negativzinsen an Kunden weitergegeben werden."

Auch sinkende Zinsen sind verkraftbar

Die Banken könnten wohl auch diesen Worst Case verkraften. Die Kapitalquoten würden zwar im Schnitt um 3,5 Prozentpunkte sinken, es verbliebe aber immer noch ein ansehnlicher Kernkapitalanteil von 13 Prozent - von der BaFin als "solide" bezeichnet.

Ein Grund zur Zufriedenheit ist das trotzdem nicht. Die BaFin erachtet die Rentabilität insgesamt als schwach. Die weitere Ertragsentwicklung hängt auch davon ab, inwieweit Negativzinsen an Kunden weitergegeben werden. Beim Stressszenario -100 Basispunkte denkt jede zweite Bank daran.

Bisher lehnt mehr als die Hälfte der Institute die Weitergabe ab, jedes dritte plant mit Negativzinsen für Geschäfts- und vermögende Privatkunden.

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Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de

 

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