Der Libor-Skandal ist vielen noch ein Begriff

Reform der Referenzzinssätze Ester, der neue Richtsatz der EZB

Der Libor-Skandal ist vielen noch ein Begriff. 2011 wurde bekannt, dass einige am Finanzplatz London vertretene Banken - darunter auch die Deutsche Bank - jahrelang den Referenzzinssatz Libor zu ihren Gunsten manipuliert und damit Anleger wie Kreditnehmer weltweit geschädigt hatten. Weitere Manipulationen flogen auf, so auch beim EURIBOR und beim japanischen TIBOR.

Ein Referenzzinssatz ist ein im Bankensektor institutsübergreifend ermittelter Zinssatz, der fortlaufend festgestellt und als Bezugsgröße bei vielen Finanzprodukten und -kontrakten verwandt wird. Deren Zinszahlungen entwickeln sich dann dem Referenzzinssatz entsprechend.

Neue Referenzzinssätze nach Manipulationen

Manipulationen bei Libor & Co. wurden möglich, weil jeweils nur eine überschaubare Zahl an Instituten an der Zinsermittlung beteiligt war und deren Zinsnennungen unüberprüft zur Berechnung herangezogen wurden. Mit dem Offenbarwerden des Betrugs wurde deutlich, dass das System der Referenzzinssätze dringend überarbeitet und neu gestaltet werden muss, um künftigen Manipulationen vorzubeugen.

Mit der sogenannten EU-Benchmark Regulation (BMR) wurden in der Europäischen Union die rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Neuordnung geschaffen. Die BMR ist bereits seit Anfang 2018 in Kraft und sieht vor, dass Finanzinstitute unter EU-Finanzaufsicht ab 1.1.2020 nur noch EU-amtlich zugelassene Benchmarks (Referenzzinssätze) nutzen dürfen. Inzwischen wurde die Frist auf 31.12.2021 verlängert. Das gibt den Instituten zwar zwei Jahre länger Zeit, doch auch die ist schnell vergangen.

Euro Short-Term Rate

Im Mittelpunkt der Neuordnung steht die Euro Short-Term Rate - kurz: Ester. Der Referenzwert wird nicht mehr auf bei Banken abgefragten Zinssätzen für Geldmarkt-Transaktionen beruhen, sondern auf tatsächlich realisierten Geschäften, die im Rahmen der Geldmarkt-Statistik fortlaufend erfasst werden. Ab Oktober will die EZB den Ester-Satz täglich veröffentlichen. Vordergründig soll damit zunächst EONIA (= Euro OverNight Index Average) abgelöst werden, ein europäischer Referenzwert für Übernacht-Ausleihungen im Interbanken-Geschäft. EONIA entspricht nicht mehr den BMR-Anforderungen. Dies gilt auch für den EURIBOR, dessen weiteres Schicksal allerdings nicht ganz klar ist. Das europäische Pendant zum Libor soll BMR-konform reformiert werden; gelingt dies nicht, könnte Ester ebenfalls als Ersatz ins Spiel kommen.

Im Mittelpunkt der Neuordnung steht die Euro Short-Term Rate - kurz: Ester."

Für die Banken bedeutet der Umstellungsprozess eine Phase erhöhter Unsicherheit mit schwierigen vertraglichen Anpassungserfordernissen - zumal auch der Libor Ende 2021 verschwinden wird. Eine Zeitlang werden alte und neue Referenzzinssätze nebeneinander existieren. Viele Fragen sind nach wie vor offen.

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