Martin Schulz wurde einstimmig zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt

Martin Schulz und sein Erfolgsrezept Bieder und eher zurückgewandt

Er sagt nichts Neues, trifft aber wohl den richtigen Ton: Martin Schulz wurde einstimmig zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt und verbreitet einen Optimismus, wie ihn die Partei schon seit Jahren nicht mehr erlebt hat.

Da steht er vor seinen Genossinnen und Genossen, der Mann aus Würselen, der sich aus einer tiefen Lebenskrise in die Kommunalpolitik zurückgearbeitet hat, um von dort aus das Europäische Parlament zu erobern: Martin Schulz, der neue SPD-Kanzlerkandidat. Einstimmig wurde er nominiert, riss die Teilnehmer des Sonderparteitags von den Stühlen und hin zu wahren Beifallsstürmen. Was macht ihn also aus? Die Inhalte können es nicht sein, die sind nämlich nicht neu und oft vage.

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Frisches Blut für eine eingestaubte Parteikultur

Auch wenn Martin Schulz nicht der große Rhetoriker ist, der mit viel Wortwitz und geschicktem Sprachspiel zu begeistern weiß, kennt er doch die Knöpfe genau, die er bedienen muss: Er wird sehr konkret, wenn er starke persönliche Bilder zeichnen kann - er bleibt vage, wenn er großen Themen noch nicht viel entgegenzusetzen hat. Geschickt nimmt er Ängste und Sorgen auf, hier zahlen sich die elf Jahre Kommunalpolitik offensichtlich aus. 

Trotzdem erstaunt der Hype, den Schulz vor allem in den eigenen Reihen auslösen kann. Offensichtlich haben die Genossinnen und Genossen ihren Glauben an sich selbst und die Fähigkeit, der Bundesrepublik Deutschland einen Kanzler zu stellen, ebenso wiedergefunden wie ihre Anziehungskraft für Politikinteressierte. Die Mitgliederzahlen steigen, vor allem junge Menschen wollen sich in dieser ehrwürdigen Partei engagieren. Verwundert registrieren die erfahrenen SPD-Kämpen, dass die Schlagwörter von einst plötzlich wieder Strahlkraft haben - erklären lässt sich das indes schwer.

Offensichtlich ist das Parteivolk müde, zu stark haben sich Gabriel, Nahles & Co. in der großen Koalition aufgerieben." 

Eine Frage des Vertrauens - oder spielt doch der Glaube eine Rolle?

Sie trauen ihrem Martin Schulz zu, dass er das, was er sagt, auch so meint und in die Tat umsetzt - welch trauriges Licht werfen derartige Aussagen auf die bisherigen Entscheidungsträger: Offensichtlich ist das Parteivolk müde und verdrossen, zu stark haben sich Gabriel, Nahles & Co. in der großen Koalition aufgerieben. Angesichts der faulen Kompromisse haben sie nicht nur sich, sondern vor allem die Parteibasis verloren. Nun soll frisches Blut, das vermeintlich unverbraucht von außen in die Partei einströmt, als Frischzellenkur dienen.

Dabei wird (noch) vergessen, dass insbesondere Martin Schulz die EU-Politik mitgetragen hat, die er heute anprangert; dass es die SPD war, die die Agenda 2010 entwarf, mit den Grünen umsetzte und damit die Folgen auslöste, die Martin Schulz heute kritisiert - es bleibt also abzuwarten, ob sich dieses Stimmungshoch mit Sogwirkung bis zur Bundestagswahl überhaupt halten kann.

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