Trotz steigender Baugenehmigungen reicht das nicht Boom im Wohnungsbau
Anhaltend niedrige Zinsen führen zu einem Boom im deutschen Wohnungsbau. Obwohl mittlerweile deutlich mehr Baugenehmigungen erteilt werden, reichen die damit verbundenen Neubauten bei Weitem nicht aus, um den langfristigen Bedarf zu decken.
Das aktuelle Niedrigzinsumfeld stellt die Sparer vor enorme Herausforderungen, da Tagesgeld und Sparbuch keine Erträge oberhalb der Inflation mehr abwerfen. Gleichzeitig bewirkt die Zinspolitik der EZB, dass Baukredite so günstig wie selten zuvor sind. Anleger, die Sachwerte beim Vermögensaufbau oder zur Altersvorsorge favorisieren, realisieren ihre Wünsche nach den eigenen vier Wänden jetzt. Dies und die steigende Nachfrage von Immobilien-Investoren führen zu einem anhaltenden Boom beim Wohnungsbau.
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Historisch hohe Werte bei den Baugenehmigungen
Im ersten Halbjahr 2016 wurden knapp 214.000 Neubauten genehmigt und damit 26 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Die hohe Zahl wurde nur vor 16 Jahren übertroffen, in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2000 erteilten die Behörden 216.000 Baugenehmigungen.
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) übt Kritik
Aus der Sicht des Verbandes ist der Boom beim Wohnungsbau zu einseitig ausgerichtet. Es werden demnach hauptsächlich kleine oder mittelgroße Häuser gebaut und preiswerte Mietwohnungen vernachlässigt. In der Tat ist der stärkste Zuwachs in diesem Segment zu verzeichnen:
- Knapp acht Prozent mehr Einfamilienhäuser.
- Zweifamilienhäuser sind mit 15 Prozent im Plus.
- 25 Prozent Steigerung bei Mehrfamilienhäusern.
Der deutsche Wohnungsmarkt genötigt jährlich bis zu 400.000 neue Wohnungen."
Der BDI bemängelt, dass der Bauboom nicht stärker auf bezahlbaren Wohnraum für Bundesbürger mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten abzielt. Zwar haben mittlerweile viele Städte und Kommunen den Bedarf dieser Bevölkerungsgruppe wahrgenommen, aber die Schaffung von preisgünstigen Mietwohnungen dauere immer noch zu lange.
Das Angebot erreicht auch langfristig kaum den tatsächlichen Bedarf
Laut einer aktuellen Studie zum Wohnungsbau von der Helaba (Landesbank Hessen-Thüringen) benötigt der deutsche Wohnungsmarkt jährlich bis zu 400.000 neue Wohnungen. Da die Zahl der pro Jahr fertiggestellten Einheiten derzeit noch unter 300.000 liegt, wird die Lage trotz steigender Baugenehmigungen langfristig angespannt bleiben, meinen die Experten der Landesbank.
Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de