Kinderarmut drängender als Altersarmut

Faktencheck Das Armutsproblem wird als drastisch empfunden

Noch ist der Bundestagswahlkampf nicht richtig angelaufen. Das dürfte sich bald ändern. Ein Thema der nächsten Wochen könnte die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich sein. Tatsächlich gibt es eine Kluft - aber anders als gedacht: nämlich die zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit.

Bei Umfragen wird regelmäßig geschätzt, dass ein knappes Drittel der in Deutschland lebenden Menschen von Armut bedroht ist. Die Armutsgrenze wird bei 1.000 Euro Nettoeinkommen im Monat verortet. Den Anteil der Reichen an der Bevölkerung vermutet man dagegen bei 25 Prozent. Beide Einstufungen sind stark übertrieben. Das belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes.

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Verzerrte Wahrnehmung und statistische Wirklichkeit

Die Wiesbadener Zahlenexperten sind bei ihrer Armutsdefinition sogar etwas großzügiger. Für sie beginnt das Armutsrisiko bereits bei einem Einkommen von weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens - bei rund 1.170 Euro statt 1.000 Euro. Trotz des etwas weiteren Begriffs fallen nur 16 Prozent der Bevölkerung unter diese Grenze. Als reich stuft das Statistische Bundesamt Menschen ein, die mindestens das doppelte mittlere Nettoeinkommen verdienen. Die Grenze liegt hier bei 3.900 Euro im Monat und wird von lediglich sieben Prozent der Bundesbürger übersprungen. Die große Mehrheit der Bundesbürger - ca. 77 Prozent - bewegt sich einkommensmäßig in der Mitte.

Kinderarmut drängender als Altersarmut

Jeder dritte Befragte geht davon aus, dass Armut vor allem ältere Menschen betrifft. Auch das ist ein Irrtum. Armut gilt für Kinder und junge Erwachsene wesentlich häufiger. Nur rund jeder siebte Bürger über 65 ist von Armut betroffen, unter den 18- bis 25jährigen dagegen mehr als jeder vierte. Und lediglich drei Prozent der Rentner brauchen Grundsicherung.

Die große Mehrheit der Bundesbürger - ca. 77 Prozent - bewegt sich einkommensmäßig in der Mitte."

Im Durchschnitt sind es dreimal so viele Menschen, bei Kindern sogar fünfmal so viele. Die meisten Befragten berichten für sich persönlich von einer Verbesserung ihrer ökonomischen Lage und sehen die eigene wirtschaftliche Zukunft optimistisch. Man fühlt sich weder arm noch reich, sondern rechnet sich der Mittelschicht zu.

Die heimliche Furcht vor dem Betroffensein

Armut ist daher mehr ein Thema von anderen. Was bleibt, ist die subjektive Wahrnehmung des Armutsrisikos und die heimliche Furcht, selbst einmal betroffen sein zu können. Ein Grund, warum Warnungen vor einer wachsenden Kluft stets auf fruchtbaren Boden stoßen.

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