Finanzlexikon Die Deutsche Terminbörse
Die Welt der Finanzmärkte besteht nicht nur aus dem klassischen Handel mit Aktien, Anleihen und Fonds. Eine besonders dynamische Rolle spielt der Terminhandel, also der Handel mit Finanzprodukten, deren Erfüllung zu einem späteren Zeitpunkt liegt.
Solche Produkte – etwa Futures, Optionen oder andere Derivate – benötigen eine eigene Infrastruktur, klare Regeln und transparente Abläufe. In Deutschland war über viele Jahre hinweg die Deutsche Terminbörse (DTB) das zentrale Handelszentrum für diese Art von Geschäften.
Obwohl die Deutsche Terminbörse heute in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr existiert, war sie ein Meilenstein für die Entwicklung des modernen Derivatehandels in Europa. Sie legte den Grundstein für eine neue Ära des computergestützten Handels und mündete schließlich in der heutigen Eurex, einem der weltweit größten Terminmärkte.
Was war die Deutsche Terminbörse (DTB)?
Die Deutsche Terminbörse wurde 1990 gegründet und war ein Gemeinschaftsprojekt deutscher Kreditinstitute und der Deutschen Börse AG. Ihr Ziel: die Schaffung einer zentralen und professionellen Handelsplattform für standardisierte Finanzterminkontrakte, insbesondere Futures und Optionen.
Dabei unterschied sich die DTB in einem wesentlichen Punkt von den meisten damaligen Börsenplätzen: Der Handel fand vollständig elektronisch statt. Dies war zur damaligen Zeit ein revolutionäres Konzept, denn viele Terminbörsen – etwa die traditionsreiche Chicago Mercantile Exchange – arbeiteten noch mit dem offenen Zuruf („Open Outcry“) auf dem Parkett.
Die DTB war also von Anfang an ein elektronischer Marktplatz, was ihr große Effizienz, Geschwindigkeit und Kostenvorteile verschaffte. Der Sitz der DTB war in Frankfurt am Main, dem Zentrum des deutschen Finanzmarkts.
Welche Produkte wurden an der DTB gehandelt?
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Die Produktpalette der Deutschen Terminbörse umfasste im Wesentlichen:
- Aktienindex-Futures und -Optionen, z. B. auf den DAX.
- Zinsderivate, wie Bund-Futures auf zehnjährige Bundesanleihen.
- Optionen auf einzelne Aktien.
- Volatilitätsprodukte und andere standardisierte Derivate.
Diese Produkte dienten sowohl zur Absicherung von Risiken (Hedging) als auch zur spekulativen Positionierung oder zur Arbitrage zwischen Kassamarkt und Terminmarkt.
Durch ihre klare Struktur, Standardisierung und zentrale Abwicklung wurden diese Produkte insbesondere bei institutionellen Investoren beliebt.
Die Rolle der DTB im internationalen Wettbewerb
Trotz ihres technologischen Vorsprungs hatte die Deutsche Terminbörse in den Anfangsjahren mit einem starken internationalen Wettbewerb zu kämpfen – insbesondere mit der London International Financial Futures Exchange (LIFFE). Diese galt als der führende Terminmarkt Europas, insbesondere im Handel mit Zinsfutures.
Doch die DTB setzte sich mit einem aggressiven Preismodell, hoher Effizienz und technologischer Überlegenheit zunehmend durch. Der entscheidende Durchbruch kam in den späten 1990er-Jahren, als es der DTB gelang, den Bund-Future-Handel von der LIFFE nach Frankfurt zu verlagern. Dies war ein spektakulärer Erfolg – die elektronische DTB verdrängte eine etablierte Präsenzbörse, was in der Finanzwelt als „Battle of the Bund“ bekannt wurde.
Damit war der Weg frei für eine europäische Konsolidierung im Terminhandel.
Von der DTB zur Eurex: Die nächste Evolutionsstufe
Auch wenn die Deutsche Terminbörse heute als Marke nicht mehr existiert, bleibt sie ein entscheidender Baustein der modernen Finanzmarktarchitektur. Ihr Innovationsgeist, ihr Fokus auf Technologie und ihre strategische Positionierung im internationalen Wettbewerb machten sie zu einem Schlüsselprojekt für den Derivatehandel in Europa."
Im Jahr 1998 fusionierte die Deutsche Terminbörse mit der Schweizer Terminbörse SOFFEX (Swiss Options and Financial Futures Exchange) zur Eurex (European Exchange). Dies war ein bedeutender Schritt zur Schaffung eines paneuropäischen Terminmarktes und markierte das Ende der DTB als eigenständige Institution – aber nicht das Ende ihrer Ideen und Strukturen.
Die Eurex übernahm viele organisatorische und technologische Standards der DTB, entwickelte diese weiter und wuchs schnell zu einer der größten Terminbörsen der Welt. Heute ist die Eurex ein Tochterunternehmen der Deutschen Börse AG und zentraler Bestandteil des europäischen Finanzsystems.
Sie bietet eine breite Palette an Produkten, darunter:
- Futures und Optionen auf Aktienindizes, Anleihen und Einzelaktien.
- Volatilitäts- und Dividendenfutures.
- ESG-Derivate.
- Clearing-Services über das eigene zentrale Gegenparteienhaus (Eurex Clearing).
Bedeutung der DTB für den Finanzmarkt
Die Deutsche Terminbörse war nicht nur eine technische Innovation, sondern auch ein Impulsgeber für den europäischen Finanzplatz. Ihre Bedeutung lässt sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten:
- Technologischer Pionier: Die DTB war eine der ersten vollelektronischen Terminbörsen weltweit – ein Vorläufer moderner, globaler Handelssysteme.
- Wettbewerbsmodell: Sie bewies, dass Effizienz und Preisvorteile durch Digitalisierung zu echter Marktverlagerung führen können.
- Standortsicherung: Durch die Fusion zur Eurex wurde Frankfurt zu einem der führenden globalen Handelsplätze für Derivate.
- Professionalisierung des Derivatehandels: Die standardisierte und zentral organisierte Struktur machte den Handel mit komplexen Instrumenten für viele Marktteilnehmer zugänglicher und sicherer.
Fazit: Die DTB – ein Meilenstein der europäischen Finanzinfrastruktur
Auch wenn die Deutsche Terminbörse heute als Marke nicht mehr existiert, bleibt sie ein entscheidender Baustein der modernen Finanzmarktarchitektur. Ihr Innovationsgeist, ihr Fokus auf Technologie und ihre strategische Positionierung im internationalen Wettbewerb machten sie zu einem Schlüsselprojekt für den Derivatehandel in Europa.
Die DTB hat nicht nur den deutschen, sondern auch den globalen Terminhandel nachhaltig verändert – und lebt in der Struktur und Funktion der heutigen Eurex weiter. Für jeden, der den modernen Finanzhandel verstehen will, gehört das Wissen über die Deutsche Terminbörse deshalb zum unverzichtbaren Fundament.
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