Grenzüberschreitende Zahlungen kommen tagtäglich in großer Zahl in beide Richtungen vor

Überziehungskredit der EU Die Schuldenproblematik von TARGET2

Normalerweise ist der Begriff TARGET etwas für Zahlungsverkehrs-Experten. Er steht für "Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System" - ein innerhalb des Euro-Raums existierendes System zur Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen über Notenbanken. TARGET2 ist die zweite Generation dieses Systems.

Lange von der Öffentlichkeit unbemerkt sind die TARGET2-Salden zuletzt zum Gegenstand der Diskussion geworden. Denn hier zeigen sich bemerkenswerte Ungleichgewichte. Bedeuten die TARGET2-Salden ein neues Schuldenproblem in der Euro-Zone oder handelt es sich um eine reine Rechengröße? Darüber streiten die Experten.

Fast eine Billion Euro TARGET2-Überschuss bei der Bundesbank

Um das zu verstehen, muss man sich kurz die Funktionsweise von grenzüberschreitenden Zahlungen im Euro-Raum vergegenwärtigen. Als Beispiel möge eine Zahlung von Italien nach Deutschland dienen. Solche Zahlungs-Transfers werden über die jeweiligen Zentralbanken der beteiligten Länder durchgeführt - im Beispiel über die Banca d'Italia und die Bundesbank. Bei der Banca d'Italia wird in diesem Fall ein Zahlungsabgang verbucht, bei der Bundesbank ein Zugang. 

Grenzüberschreitende Zahlungen kommen tagtäglich in großer Zahl in beide Richtungen vor - im Zusammenhang mit Ex- und Importgeschäften, Kapitalanlagen, Auslandsreisen und sonstigen Vorgängen "über Grenzen hinweg". Im Regelfall sollten sich Zahlungszu- und abflüsse in etwa ausgleichen, so dass der Saldo ungefähr Null ist. Dies ist aber im Euro-Raum seit Längerem nicht mehr der Fall. Hier hat sich bei der Bundesbank ein gewaltiger Positiv-Saldo aufgehäuft: nahezu eine Billion Euro. Andere Zentralbanken stehen entsprechend mit hohen Milliarden-Negativ-Salden "in der Kreide". Spitzenreiter sind Italien und Spanien. 

Solange der Euro-Raum bleibt wie er ist, sind die TARGET2-Salden eine reine Buchungszahl."

Die Rolle des EZB-Anleihekaufprogramms

Zu Zeiten der Finanzkrise gab es schon einmal eine solche Situation, die vor allem wirtschaftliche Gründe hatte. Für die heutige Lage wird dagegen die EZB mit ihrem Anleihekauf-Programm verantwortlich gemacht. Internationale Banken wickeln ihre Verkäufe gegenüber der EZB bevorzugt über ihre Frankfurter Niederlassungen ab, was aufgrund des TARGET2-Mechanismus zu einem hohen positiven Saldenaufbau bei der Bundesbank führt. Vielleicht wird dieser Prozess mit dem Auslaufen des Programms gestoppt.

Solange der Euro-Raum bleibt wie er ist, sind die TARGET2-Salden jedenfalls eine reine Buchungszahl. Kritisch könnte es beim Ausscheiden eines Landes aus der Euro-Zone werden. Dann wäre ein offener Negativ-Saldo - ähnlich wie beim Überziehungskredit - tatsächlich auszugleichen. Im Augenblick ist das allerdings mehr Fiktion als Realität.

Kontakt zu mir

Hallo!
Schön, dass Sie mich kennenlernen möchten.