Finanzlexikon Entwicklung der TERs
Die Total Expense Ratio (TER) gilt als zentrale Kennzahl für die laufenden Kosten eines Investmentfonds. Sie umfasst sämtliche jährlich anfallenden Gebühren, die aus dem Fondsvermögen entnommen werden – etwa Verwaltungs-, Depot-, Prüfungs- und Marketingkosten. Für Anleger ist die TER von erheblicher Bedeutung, da sie die langfristige Nettorendite direkt beeinflusst.
In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ist ein weltweiter Trend zu beobachten: Die TERs sinken kontinuierlich, insbesondere bei börsengehandelten Indexfonds (ETFs). Dennoch bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Märkten – insbesondere zwischen Europa und den USA. Diese Unterschiede haben nicht nur strukturelle Ursachen, sondern spiegeln auch kulturelle und regulatorische Besonderheiten wider.
USA als Vorreiter im Preisdruck
In den Vereinigten Staaten begann die Kostensenkung bei Fondsprodukten besonders früh und besonders konsequent. Große Anbieter wie Vanguard, Fidelity und Schwab haben über Jahre hinweg aggressiv TERs gesenkt, teils bis auf symbolische 0,03 % oder gar auf null. Insbesondere Vanguard setzte dabei Maßstäbe: Als genossenschaftlich organisierter Anbieter war es dem Unternehmen möglich, Ertragsüberschüsse direkt in Gebührenreduzierungen umzuwandeln.
Auch der hohe Wettbewerb unter Discount-Brokern und das ausgeprägte Kostenbewusstsein amerikanischer Privatanleger führten dazu, dass sich ultraniedrige TERs in den USA früh etablierten. Ein weiterer Treiber war die rasche Verbreitung von ETFs, die in den USA bereits seit den 1990er-Jahren populär sind und über Plattformen mit gebührenfreiem Handel vertrieben werden.
Europa holt auf – aber strukturell langsamer
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In Europa setzte die breite Etablierung günstiger ETFs erst mit deutlicher Verzögerung ein. Die TERs europäischer Fonds waren über viele Jahre hinweg höher als ihre amerikanischen Pendants – und sind es in vielen Bereichen bis heute. Das hat mehrere Gründe:
- Mehrstufige Vertriebsmodelle: In Europa dominieren noch immer beratungsbasierte Vertriebsstrukturen, in denen Provisionen für Banken, Makler oder Vermittler eingepreist sind. Diese Struktur ist kostenintensiver als der direkte Vertrieb in den USA.
- Regulatorische Fragmentierung: Trotz UCITS-Rahmen gibt es Unterschiede in nationalen Auflagen, etwa bei Berichtspflichten, Sprachen, Publikationsstandards oder Vertriebszulassungen. Diese Vielfalt erzeugt höhere Verwaltungskosten.
- Weniger ausgeprägte ETF-Kultur: Während in den USA ETFs längst ein Massenprodukt sind, galt der ETF in Europa lange als Anlagevehikel für fortgeschrittene Anleger. Erst mit dem Aufstieg digitaler Plattformen und Robo-Advisors wurde der Wettbewerb intensiver.
Dennoch zeigt sich auch in Europa seit einigen Jahren eine deutliche Bewegung: Große Anbieter wie iShares, Amundi, Xtrackers oder Vanguard haben nachgezogen und die TERs ihrer Flaggschiff-ETFs mehrfach reduziert. Besonders bei Standardindizes wie dem MSCI World oder dem S&P 500 liegen die laufenden Kosten mittlerweile oft zwischen 0,05 % und 0,15 % – deutlich unter früherem Niveau.
Unterschiedliche Schwerpunkte bei aktiven Fonds
Die TERs sind weltweit auf dem Rückzug – zur Freude der Anleger. Doch die Wege dorthin unterscheiden sich. Während in den USA der Preiskampf früher und kompromissloser begann, holt Europa auf, bleibt aber teils strukturell gebremst durch Vertriebsmodelle und regulatorische Komplexität."
Während der Wettbewerb bei passiven Fonds (insbesondere ETFs) weltweit intensiv ist, zeigen sich bei aktiv gemanagten Fonds weitergehende Unterschiede. In den USA ist der Kostendruck auch hier stark ausgeprägt. Viele aktive Fonds haben TERs unter 1,0 %, teilweise deutlich darunter, um gegenüber kostengünstigen Indexfonds konkurrenzfähig zu bleiben.
In Europa sind die Kosten traditionell höher. TERs von 1,5 % bis 2,0 % bei Aktienfonds sind keine Seltenheit, und auch bei Mischfonds und Rentenfonds liegen die Quoten teils spürbar über dem US-Niveau. Der stärkere Fokus auf Beratung, der regulatorisch komplexere Markt und die niedrigere Preiselastizität vieler Anleger tragen dazu bei, dass sich diese Unterschiede nur langsam nivellieren.
Kostentransparenz als Treiber – auch durch Regulierung
Ein wichtiger Impulsgeber für sinkende TERs ist die zunehmende Regulierung zur Kostentransparenz. Sowohl in den USA als auch in Europa müssen Fondsanbieter inzwischen sehr klar und standardisiert über sämtliche laufenden Gebühren informieren. In der EU ist dies u. a. durch die PRIIPs-Verordnung sowie durch MiFID-II-Anforderungen geregelt, in den USA durch Vorgaben der SEC.
Diese Transparenz stärkt die Position des Anlegers – und erhöht zugleich den Druck auf die Anbieter, unnötige oder versteckte Gebühren abzubauen. Auch der direkte Vergleich über digitale Plattformen oder Finanzportale trägt zur Sensibilisierung bei.
Fazit: Zwei Märkte, ein Ziel – aber unterschiedliche Wege
Die TERs sind weltweit auf dem Rückzug – zur Freude der Anleger. Doch die Wege dorthin unterscheiden sich. Während in den USA der Preiskampf früher und kompromissloser begann, holt Europa auf, bleibt aber teils strukturell gebremst durch Vertriebsmodelle und regulatorische Komplexität.
Anleger in Europa profitieren heute von einem stark verbesserten Preis-Leistungs-Verhältnis, müssen jedoch genau hinschauen, insbesondere bei aktiven Fonds oder bei ETFs außerhalb der Standardsegmente. Der globale Vergleich zeigt: Kostenbewusstsein zahlt sich aus – und Transparenz ist der beste Verbündete des Anlegers.

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