Serie Geschichte: Spekulationsobjekt Eisenbahn Erste Erfahrungen mit Aktien
Ohne die Eisenbahn wäre die industrielle Revolution kaum vorstellbar. Der Transport von Gütern und Personen erlebte dadurch einen enormen Fortschritt. Gleichzeitig bewirkte der Trassenbau eine riesige Nachfrage nach Eisen und Stahl. Die Schwerindustrie wurde zu einer Schlüsselbranche der industriellen Gesellschaft. Börsen und der Handel mit Aktien spielten bei dieser Erfolgsgeschichte eine wichtige Rolle.
Als 1825 mit der "Stockton and Darlington Railway" die erste Eisenbahnlinie der Welt im Nordosten Englands eröffnet wurde, war noch nicht zu ahnen, dass dies den Startschuss zu einem weltumspannenden Netz bildete. Es sollte sich binnen weniger Jahrzehnte entwickeln. In Großbritannien wirkte die Eisenbahn als Katalysator für die industrielle Revolution und katapultierte das Land innerhalb kürzester Zeit auf Platz 1 als globale Handels- und Seemacht.
Autor
Von Großbritannien in die Welt
Kein Zeitalter der Menschheitsgeschichte war bis dahin durch solche Umwälzungen geprägt gewesen. Die Industrialisierung veränderte das Leben der Menschen grundlegend. Sie erschloss neue Potentiale und Möglichkeiten, verstärkte die Kluft zwischen Arm und Reich, führte zu Verstädterung und Landflucht und ebnete der modernen Konsumgesellschaft den Weg. Die Eisenbahn sorgte dafür, dass Rohstoffe, Güter und Personen schnell dorthin gelangten, wo sie benötigt wurden. Die Mobilität ist bis heute ein Kennzeichen entwickelter Industriegesellschaften und ein Fortschrittsmotor.
Nur gut zwei Jahrzehnte nach Eröffnung der ersten Eisenbahnstrecke verfügte Großbritannien bereits über ein Netz von rund 10.000 Kilometern und jedes Jahr kamen etliche weitere hinzu. Von den britischen Inseln aus verbreitete sich das Erfolgsmodell über die ganze Welt - zum Beispiel in die Vereinigten Staaten, wo das neue Verkehrsmittel half, die riesigen Weiten des Landes zu erschließen.
Börsen und der Handel mit Aktien spielten bei der Erfolgsgeschichte Eisenbahn eine wichtige Rolle."
Aktien - ungeahnte Gewinne und geplatzte Blasen
Möglich wurde der Eisenbahnbau durch privates Kapital. Denn die Eisenbahnunternehmen waren zunächst vor allem in Privatbesitz. Für die Infrastrukturinvestitionen wurden gewaltige Summen benötigt. Sie wurden durch die Ausgabe von Aktien eingesammelt, durch die private Investoren die Chance erhielten, sich am Wirtschaftsboom zu beteiligen. Die Börsen erlebten im Zeitalter der Industrialisierung eine Blüte und Aktien wurden zu einem begehrten Spekulationsobjekt, das ungeahnte Gewinne versprach.
Dass Profitträume dabei nicht unbegrenzt in den Himmel wachsen, mussten auch schon damalige Anleger erfahren. Dies hing u.a. ebenfalls mit der Eisenbahn zusammen. Bereits 1836/37 war es wegen überzogener Eisenbahnprojekte zu einem ersten Einbruch an der Londoner Börse gekommen. Zehn Jahre später folgte ein formidabler Crash und 1857 gab es eine erneute Blasenbildung im Zusammenhang mit amerikanischen Eisenbahn-Aktien. Ein weiterer Zusammenbruch war das Resultat.
Dramatische Aufs und Abs im Börsengeschehen sollten sich noch häufig wiederholen. Eisenbahnen sind in unserem modernen Leben selbstverständlich geworden - Aktien dagegen leider immer noch nicht.