Strukturierter Zugang zu dynamischen Märkten ETFs für Emerging Markets
Schwellenländer – im Finanzjargon „Emerging Markets“ genannt – stehen für wirtschaftliche Dynamik, demografisches Wachstum und strukturelle Aufholprozesse. Für Investoren bieten sie langfristig attraktive Renditechancen, doch sie sind zugleich mit erhöhten Risiken verbunden. Hohe Volatilität, politische Unsicherheit, Währungsinstabilität und geringe Transparenz stellen Herausforderungen dar, die gezieltes Risikomanagement erforderlich machen.
In diesem Spannungsfeld gewinnen börsengehandelte Indexfonds (ETFs) als Anlagevehikel zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen eine kostengünstige, transparente und breit diversifizierte Beteiligung an den Märkten der Schwellenländer – und das ohne aktives Management, das in diesen Märkten häufig mit hohen Gebühren oder Informationsasymmetrien verbunden ist.
Doch ETF ist nicht gleich ETF. Gerade in der Anlageklasse der Emerging Markets gibt es unterschiedliche Ansätze, Gewichtungen, Indizes und Strategien. Anleger, die erfolgreich in diesen Wachstumsregionen investieren wollen, sollten daher genau prüfen, welche ETF-Strategien zu ihrer Risikoneigung, ihrem Anlagehorizont und ihrer Markteinschätzung passen.
Der klassische Zugang: Breite Schwellenländer-Indizes
Der gängigste Einstieg erfolgt über breit aufgestellte Emerging-Markets-ETFs, die einen großen Korb an Aktien aus Schwellenländern abbilden. Meist basieren diese Produkte auf etablierten Indizes wie dem MSCI Emerging Markets Index oder dem FTSE Emerging Markets Index.
Diese Indizes enthalten mehrere hundert Unternehmen aus zahlreichen Ländern – darunter Brasilien, Mexiko, Südafrika, Indien, Indonesien, Südkorea, Taiwan oder Saudi-Arabien. Die Gewichtung erfolgt in der Regel nach Marktkapitalisierung, was bedeutet, dass größere Unternehmen und Länder einen überproportionalen Einfluss auf die Indexentwicklung haben.
Diese breite Streuung ist besonders vorteilhaft für Anleger, die auf langfristige Konvergenzprozesse zwischen Schwellenländern und Industriestaaten setzen und politische oder sektorale Einzelrisiken vermeiden wollen. Zugleich ist zu beachten, dass einzelne Länder – etwa China oder Taiwan – je nach Indexmethodik über 30 % des Gesamtgewichts ausmachen können.
Länder-ETFs: Gezielte Wetten auf Einzelmärkte
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Wer eine differenziertere Meinung zu einzelnen Ländern hat oder gezielt auf bestimmte Reformbewegungen, Wachstumschancen oder makroökonomische Trends setzen möchte, kann auf länderbezogene ETFs zurückgreifen. Diese Produkte bilden jeweils den Aktienmarkt eines einzigen Schwellenlandes ab, z. B.:
- Indien: über ETFs auf den Nifty 50 oder MSCI India.
- Brasilien: über ETFs auf den Bovespa oder MSCI Brazil.
- Südafrika, Vietnam, Mexiko oder Indonesien: jeweils mit eigenen Länderfonds.
Diese Strategien ermöglichen spezifische Marktchancen – etwa bei Wahlen, Infrastrukturprogrammen oder Währungsentwicklungen – sind aber auch erheblich risikobehafteter. Ein einzelnes Land kann durch politische Unruhen, Naturkatastrophen oder regulatorische Eingriffe in kurzer Zeit erhebliche Kursverluste erleiden.
Für Anleger mit speziellem Marktwissen oder spekulativerem Ansatz können Länder-ETFs eine sinnvolle Beimischung sein – in einem ausgewogenen Portfolio sollten sie jedoch nicht die Grundlage der Schwellenländer-Allokation bilden.
Faktorbasierte Strategien: Qualität vor Breite
Ein zunehmend beliebter Ansatz in der ETF-Welt ist die Anwendung sogenannter Smart-Beta- oder Faktorstrategien auf Emerging Markets. Dabei wird der klassische Index nicht einfach eins zu eins abgebildet, sondern nach bestimmten Kriterien neu gewichtet – etwa nach:
- Value (unterbewertete Unternehmen mit niedrigem Kurs-Gewinn-Verhältnis).
- Quality (hohe Profitabilität, stabile Bilanzen).
- Low Volatility (gering schwankende Aktien).
- Momentum (stark gestiegene Aktien mit Trendfortsetzungspotenzial).
Solche Strategien können helfen, bestimmte systematische Risiken zu reduzieren oder Renditepotenziale zu heben, ohne auf die Diversifikation eines ETF zu verzichten. In den volatilen Schwellenländern ist dies besonders interessant: Wer z. B. mit einem „Minimum Volatility Emerging Markets ETF“ investiert, versucht gezielt, die Schwankungsintensität zu dämpfen – etwa durch die Übergewichtung stabiler Großkonzerne und die Untergewichtung zyklischer Kleinwerte.
Diese Strategien sind in der Regel etwas teurer als Standard-ETFs, bleiben aber deutlich günstiger als aktive Fonds und bieten zusätzliche Steuerbarkeit im Risikomanagement.
ESG und nachhaltige Emerging-Markets-ETFs
Gerade angesichts langfristiger Megatrends wie demografischem Wandel, Urbanisierung, Digitalisierung und wachsender Mittelschichten dürften Schwellenländer auch in Zukunft ein bedeutender Motor globalen Wachstums sein. Mit ETFs steht Investoren ein leistungsfähiges Instrument zur Verfügung, um daran teilzuhaben – mit Disziplin, Weitblick und der Bereitschaft, kurzfristige Volatilitäten zugunsten langfristiger Chancen auszuhalten."
Auch in Schwellenländern gewinnt das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung. In den letzten Jahren sind zunehmend ESG-orientierte Emerging-Markets-ETFs auf den Markt gekommen. Diese Fonds selektieren Unternehmen nach Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien – entweder durch Ausschluss (z. B. keine Waffen- oder Tabakkonzerne) oder durch Positivselektion (z. B. überdurchschnittliche ESG-Ratings).
Solche Produkte richten sich an Anleger, die auch in Schwellenländern ethische Standards und Nachhaltigkeitsziele verfolgen, ohne auf das Renditepotenzial der Region zu verzichten. Allerdings sind die Datenlagen, Reporting-Standards und Bewertungssysteme in vielen Schwellenländern noch lückenhaft – was die Aussagekraft solcher Strategien begrenzen kann.
Dennoch sind ESG-ETFs auf Emerging Markets ein wichtiger Schritt in Richtung einer verantwortungsbewussten Kapitalallokation, die auch entwicklungspolitische Wirkung entfalten kann.
Währungsrisiken und Absicherung
Ein spezieller Aspekt von Emerging-Markets-ETFs ist das Währungsrisiko. Viele Schwellenländerwährungen sind gegenüber dem Euro oder US-Dollar volatil – etwa durch Zinsunterschiede, Inflationsraten oder politische Unsicherheiten.
Während ETF-Investments in der Regel ungesichert erfolgen – das heißt, die Währungsentwicklung beeinflusst die Gesamtrendite unmittelbar –, gibt es zunehmend auch währungsgesicherte ETF-Varianten, die etwa auf eine Euro-Hedging-Strategie setzen. Diese sind jedoch meist teurer und für langfristig orientierte Anleger nicht zwingend notwendig, da sich Währungsbewegungen über Jahre hinweg nivellieren können.
Wer gezielt in Schwellenländer investiert, sollte sich jedoch stets bewusst machen, dass nicht nur die Aktienmärkte, sondern auch Wechselkursentwicklungen entscheidend für den Anlageerfolg sind.
Fazit: Strukturierter Zugang zu dynamischen Märkten
ETFs bieten einen breiten, flexiblen und vergleichsweise risikoarmen Zugang zu Schwellenländeraktien, wenn sie bewusst ausgewählt und als Teil einer diversifizierten Anlagestrategie eingesetzt werden. Ob breite Marktindizes, Länder-ETFs, Faktorstrategien oder ESG-Varianten – der Markt bietet heute eine Vielzahl von Möglichkeiten, Emerging Markets gemäß den eigenen Anlagezielen zu erschließen.
Gerade angesichts langfristiger Megatrends wie demografischem Wandel, Urbanisierung, Digitalisierung und wachsender Mittelschichten dürften Schwellenländer auch in Zukunft ein bedeutender Motor globalen Wachstums sein. Mit ETFs steht Investoren ein leistungsfähiges Instrument zur Verfügung, um daran teilzuhaben – mit Disziplin, Weitblick und der Bereitschaft, kurzfristige Volatilitäten zugunsten langfristiger Chancen auszuhalten.
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