Finanzlexikon FTSE 100, Index Großbritanniens
Der FTSE 100 Index zählt zu den wichtigsten Aktienindizes Europas und ist das bekannteste Börsenbarometer Großbritanniens. Oft auch einfach als „Footsie“ bezeichnet, repräsentiert er die 100 größten börsennotierten Unternehmen an der London Stock Exchange (LSE) nach Marktkapitalisierung. Damit ist er nicht nur ein zentraler Maßstab für die wirtschaftliche Lage des Vereinigten Königreichs, sondern auch ein bedeutender Faktor für internationale Investoren mit Blick auf die britische Börse.
Seit seiner Einführung im Jahr 1984 hat sich der FTSE 100 zu einem festen Bestandteil der globalen Finanzwelt entwickelt. Er liefert tägliche Signale über die Stimmung an den Märkten, spiegelt wirtschaftliche und politische Entwicklungen wider und dient als Grundlage für zahlreiche Investmentprodukte wie ETFs, Indexfonds oder Derivate.
Zusammensetzung und Charakter des FTSE 100
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Der FTSE 100 Index setzt sich aus den 100 größten Unternehmen zusammen, die an der Londoner Börse gelistet sind und dort ihren Hauptsitz oder zumindest einen wesentlichen operativen Geschäftsteil haben. Die Auswahl erfolgt rein nach Marktkapitalisierung, wobei die Indexzusammensetzung regelmäßig überprüft und angepasst wird.
Die im FTSE 100 vertretenen Unternehmen sind stark international ausgerichtet – viele erzielen den Großteil ihres Umsatzes außerhalb Großbritanniens. Dies verleiht dem Index einen globalen Charakter, der über die britische Binnenwirtschaft hinausreicht.
Typische Branchen im FTSE 100 sind:
- Rohstoffe und Energie: Große Konzerne wie BP oder Shell gehören seit Jahren zu den Schwergewichten.
- Finanzwesen: Banken, Versicherer und Asset Manager wie HSBC, Barclays oder Prudential sind prominent vertreten.
- Gesundheitswesen und Pharma: Internationale Größen wie AstraZeneca oder GSK spiegeln die Stärke dieses Sektors wider.
- Konsumgüter und Handel: Unternehmen wie Unilever oder Tesco prägen die Konsumlandschaft Großbritanniens.
Da der FTSE 100 ein marktkapitalisierungsgewichteter Index ist, dominieren große Konzerne den Kursverlauf. Das bedeutet auch: Bewegungen einzelner Schwergewichte können das Gesamtbild des Index deutlich beeinflussen.
Ein Index mit starkem Auslandsbezug
Ein besonderes Merkmal des FTSE 100 ist die hohe internationale Verflechtung seiner Mitglieder. Viele Unternehmen im Index erzielen bis zu 80 Prozent ihrer Umsätze außerhalb des Vereinigten Königreichs – sei es in Asien, Nordamerika oder Kontinentaleuropa.
Diese Auslandsabhängigkeit hat gleich mehrere Auswirkungen:
- Wechselkurse spielen eine große Rolle. Ein schwaches Pfund kann die Gewinne in Fremdwährungen aufwerten und so den Index beflügeln.
- Globale Ereignisse beeinflussen die Kursentwicklung stärker als rein britische Themen. Entwicklungen in den USA oder China können den FTSE 100 stärker bewegen als innerbritische Wirtschaftsdaten.
- Brexit und geopolitische Unsicherheiten: Der Index hat in der Vergangenheit empfindlich auf politische Brüche und Unsicherheiten reagiert, wenngleich die hohe Internationalität auch eine gewisse Stabilisierung mit sich brachte.
Historische Entwicklung und wirtschaftliche Bedeutung
Für Anleger, die auf große, etablierte Unternehmen mit internationalem Geschäftsmodell setzen möchten, bietet der FTSE 100 eine solide Grundlage. Auch als Benchmark für Fonds oder ETFs mit Fokus auf britische Blue Chips ist er nicht wegzudenken."
Seit seiner Auflage im Jahr 1984 mit einem Startwert von 1.000 Punkten hat der FTSE 100 zahlreiche Hochs und Tiefs durchlebt. Wirtschaftliche Krisen, Währungsturbulenzen, politische Umbrüche – all das spiegelte sich im Kursverlauf wider. Zu den markantesten Einschnitten gehörten die Finanzkrise 2008, der Brexit-Volksentscheid 2016 und zuletzt die Corona-Pandemie ab 2020.
Trotz solcher Rückschläge zeigt der langfristige Trend des FTSE 100 nach oben. Besonders in Phasen stabiler Rohstoffpreise und starker globaler Nachfrage konnte der Index profitieren – nicht zuletzt wegen der Dominanz großer Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen.
Auch für die britische Wirtschaft insgesamt spielt der FTSE 100 eine zentrale Rolle. Er ist ein wichtiges Signal für das Vertrauen internationaler Anleger in den Standort Großbritannien und wird auch politisch genau beobachtet.
Kritik und Besonderheiten
Trotz seiner Bedeutung ist der FTSE 100 nicht unumstritten. Kritiker werfen dem Index vor, nur bedingt ein realistisches Bild der britischen Wirtschaft zu zeichnen.
Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Viele Unternehmen im Index sind zwar in London gelistet, aber kaum in Großbritannien aktiv. Das macht den Index zu einem globalen, aber weniger zu einem nationalen Indikator.
- Kleinere, wachstumsstarke Unternehmen finden im FTSE 100 keinen Platz. Diese sind eher im FTSE 250 vertreten, der als besserer Spiegel der britischen Binnenwirtschaft gilt.
- Der Fokus auf etablierte Großkonzerne führt zu einer gewissen Trägheit in der Indexentwicklung. Dynamische Veränderungen und Innovationstrends spiegeln sich weniger stark wider.
Trotzdem bleibt der FTSE 100 für Anleger ein wichtiges Instrument, vor allem für langfristige Investments mit globaler Ausrichtung und stabilen Dividendenrenditen.
Fazit: Stabilität mit internationalem Charakter
Der FTSE 100 ist ein stabiler und international ausgerichteter Index, der die Entwicklung der größten britischen Börsenunternehmen abbildet. Seine besondere Stärke liegt in der globalen Präsenz seiner Mitglieder, was ihn sowohl krisenresistent als auch anfällig für weltwirtschaftliche Turbulenzen macht.
Obwohl er nicht alle Facetten der britischen Wirtschaft widerspiegelt, bleibt der FTSE 100 ein zentrales Element der europäischen Finanzlandschaft – und ein verlässlicher Gradmesser für das Vertrauen der Märkte in die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit britischer Unternehmen.
Freiräume schaffen für ein gutes Leben.