Kuriosität im Niedrigzinsumfeld Ganz lang laufende Staatsanleihen
Staatsanleihen, die über mehrere Jahrzehnte laufen, sind zwar nicht besonders zahlreich am Rentenmarkt zu finden, aber es gibt sie. Der neue US-Finanzminister Mnuchin denkt jetzt sogar daran, Papiere mit noch längeren Laufzeiten herausgegeben. Doch wer kann ein Interesse haben, diese Anleihen zu kaufen?
Bisher galt bei US-Anleihen die ungeschriebene Regel, dass die Laufzeit der Papiere nicht länger als dreißig Jahre sein sollte. Auch bei deutschen Bundesanleihen wird dieser Zeitraum bislang nicht überschritten. Andere Staaten wenden diese 30-Jahre-Regel nicht an. Letztes Jahr haben Frankreich, Belgien, Irland und Spanien zum Beispiel Anleihen mit 50 Jahren Laufzeit auf den Markt gebracht. China und Mexiko hatten bereits vorher Anleihen mit 100 Jahren Laufzeit ausgegeben, auch einige europäische Großunternehmen haben "Hundertjährige" emittiert.
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Für Emittenten rechnen sich Langläufer
Aus Sicht der Anleihe-Emittenten sind Langläufer derzeit besonders attraktiv. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld bieten Anleihen mit extrem langen Laufzeiten die günstige Gelegenheit, sich die Minizinsen dauerhaft zu sichern und damit die Finanzierungskosten nachhaltig niedrig zu halten. Zwar ist bei den Langläufern ein gewisser Zinsaufschlag im Vergleich zu Papieren mit "herkömmlichen" Laufzeiten zu zahlen. Dennoch rechnet sich auf lange Sicht dieses Mehr an Zinsaufwand.
Für Privatanleger mit üblichem Anlagehorizont wenig attraktiv
Es mag überraschend wirken, aber die Langläufer sind am Rentenmarkt gefragt. Bisher gab es keine Schwierigkeiten, Papiere mit mehreren Jahrzehnten Laufzeit abzusetzen. Doch wer kauft diese Anleihen? Für den durchschnittlichen Anleger kommen sie eher weniger in Betracht. Zwar bieten die langen Laufzeiten hohe Kalkulationssicherheit, was die Zinserträge betrifft. Dabei ist vor allem eines sicher: dass die Erträge überschaubar bleiben, denn trotz des Aufschlags sind die Zinssätze im historischen Vergleich mager. Wer die Anleihen nicht bis zum Laufzeitende durchhalten will oder kann, muss außerdem mit einem erheblichen Zinsänderungsrisiko rechnen, das sich in den Kursen niederschlägt.
Es mag überraschend wirken, aber die Langläufer sind am Rentenmarkt gefragt."
Warum Großanleger an Langläufern interessiert sind
Bei institutionellen Investoren sieht die Interessenlage zum Teil anders aus. Manche Großanleger wie Versicherungen haben langfristige Auszahlungsverpflichtungen aus ihren Verträgen, daher besteht bei ihnen Interesse an Kapitalanlagen, die fristenkongruent entsprechend lange konstante Erträge garantieren. Hier steht weniger die Höhe der Erträge als die Sicherheit im Fokus, daher sind auch Langläufer trotz wenig attraktiver Verzinsung gefragt. In Niedrigzinszeiten weichen Großanleger außerdem verstärkt auf riskantere Anlagen in Aktien oder Anleihen mit geringerer Bonität, aber höheren Zinsen aus. Auch in diesem Fall kann der Erwerb von Anleihen mit sehr langen Laufzeiten ein "Gegengewicht" zwecks Risikobegrenzung sein. Beide Motive erklären, warum Langläufer auch und gerade in Zeiten niedriger Zinsen gerne gekauft werden.