Finanzlexikon Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine der einfachsten und flexibelsten Rechtsformen für Unternehmen in Deutschland.
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eignet sich besonders für kleinere Unternehmen, Freiberufler oder Kooperationen zwischen mehreren Personen. Trotz ihrer unkomplizierten Struktur birgt sie einige Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf Haftung und Vertragsgestaltung.
1. Definition und rechtliche Grundlagen
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Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine Personengesellschaft, die auf einem Gesellschaftsvertrag zwischen mindestens zwei Personen oder Unternehmen basiert. Ihr Zweck kann wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Natur sein, beispielsweise für gemeinsame Projekte oder Zusammenschlüsse von Freiberuflern.
- Die GbR ist keine juristische Person, sondern eine rechtsfähige Personengesellschaft.
- Ihre rechtlichen Grundlagen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), §§ 705–740, geregelt.
- Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG gibt es keine beschränkte Haftung – die Gesellschafter haften persönlich und unbeschränkt.
- Eine GbR kann sowohl gewerblich als auch freiberuflich tätig sein.
2. Gründung einer GbR
Die Gründung einer GbR ist vergleichsweise einfach und erfordert nur wenige formale Schritte:
- Zwei oder mehr Gesellschafter müssen sich auf einen gemeinsamen Zweck einigen.
- Gesellschaftsvertrag: Es besteht keine gesetzliche Pflicht, einen schriftlichen Vertrag zu erstellen, aber er wird dringend empfohlen.
- Kein Mindestkapital: Eine GbR kann mit beliebigem Startkapital gegründet werden.
- Gewerbeanmeldung (falls gewerblich tätig): Freiberufler müssen lediglich ihre Tätigkeit beim Finanzamt anzeigen.
- Steuernummer beantragen: Die Gesellschaft benötigt eine Steuernummer vom Finanzamt.
- Gemeinsames Geschäftskonto (empfohlen): Obwohl kein Zwang besteht, ist ein separates Konto für die GbR sinnvoll.
3. Vorteile der GbR
Einfache und schnelle Gründung
- Keine Eintragung ins Handelsregister erforderlich.
- Wenige Formalitäten und geringe Gründungskosten.
Hohe Flexibilität
- Der Gesellschaftsvertrag kann individuell gestaltet werden.
- Einfacher Zusammenschluss von Personen mit gemeinsamen Zielen.
Günstige steuerliche Behandlung
- Gewinne werden direkt den Gesellschaftern zugerechnet und unterliegen der Einkommensteuer (keine Körperschaftsteuer wie bei einer GmbH).
- Bei Freiberuflern fällt keine Gewerbesteuer an.
Geringe laufende Verwaltungskosten
- Keine Pflicht zur doppelten Buchführung, es reicht eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR).
4. Nachteile und Risiken
Unbeschränkte persönliche Haftung
- Jeder Gesellschafter haftet unbegrenzt, auch mit seinem Privatvermögen.
- Schulden der GbR können von jedem Gesellschafter vollständig eingefordert werden.
Beschränkte Finanzierungsmöglichkeiten
- Banken gewähren Kredite oft nur bei zusätzlichen Sicherheiten.
- Investoren bevorzugen häufig haftungsbeschränkte Rechtsformen wie GmbH oder UG.
Konfliktpotenzial unter Gesellschaftern
- Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden, was zu Streitigkeiten führen kann.
- Ohne klare Regelungen im Gesellschaftsvertrag können Unstimmigkeiten schnell eskalieren.
Schwierige Nachfolgeregelung
- Eine GbR ist nicht auf Dauer angelegt und endet oft mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters.
- Ohne klare Regelungen kann die Fortführung problematisch sein.
5. Haftung in der GbR
Gesamtschuldnerische Haftung
- Gläubiger können sich an jeden Gesellschafter wenden, um Forderungen einzutreiben.
- Ein Gesellschafter kann für die gesamten Schulden der GbR herangezogen werden.
Privathaftung
- Verbindlichkeiten der GbR können auf das Privatvermögen der Gesellschafter übergehen.
Haftung nach Ausscheiden
- Ein ausscheidender Gesellschafter haftet für bestehende Verbindlichkeiten noch fünf Jahre nach seinem Austritt.
6. Steuerliche Behandlung
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine der einfachsten und kostengünstigsten Unternehmensformen in Deutschland."
Einkommensteuer
- Die GbR selbst zahlt keine Steuern, sondern die Gewinne werden direkt den Gesellschaftern zugerechnet.
Gewerbesteuer
- Falls die GbR gewerblich tätig ist, muss sie Gewerbesteuer zahlen.
- Freiberufler-GbRs sind von der Gewerbesteuer befreit.
Umsatzsteuer
- Die GbR unterliegt der Umsatzsteuer, es sei denn, sie fällt unter die Kleinunternehmerregelung.
7. Auflösung der GbR
Die GbR kann aus verschiedenen Gründen aufgelöst werden:
Durch Gesellschafterbeschluss
- Wenn sich alle Gesellschafter einig sind, kann die GbR jederzeit aufgelöst werden.
Tod eines Gesellschafters
- Falls der Gesellschaftsvertrag keine Fortführung regelt, endet die GbR automatisch.
Insolvenz
- Wenn die GbR zahlungsunfähig ist, wird sie liquidiert.
Zweckerreichung
- Falls die GbR für ein bestimmtes Projekt gegründet wurde, endet sie mit dessen Abschluss.
Nach der Auflösung müssen noch offene Forderungen beglichen und das restliche Vermögen unter den Gesellschaftern aufgeteilt werden.
8. Alternativen zur GbR
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Bietet eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen.
- Höhere Gründungskosten und formale Anforderungen.
Unternehmergesellschaft (UG)
- „Mini-GmbH“ mit geringerem Stammkapital.
- Geeignet für Gründer mit begrenztem Startkapital.
Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
- Speziell für Freiberufler.
- Ähnliche Flexibilität wie eine GbR, aber mit gewisser Haftungsbegrenzung.
Kommanditgesellschaft (KG)
- Bietet die Möglichkeit, Gesellschafter mit begrenzter Haftung einzubinden.
- Komplexere Struktur als eine GbR.
9. Fazit
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine der einfachsten und kostengünstigsten Unternehmensformen in Deutschland. Sie eignet sich besonders für kleine Unternehmen, Freiberufler und Start-ups, die schnell und unkompliziert zusammenarbeiten möchten.
Allerdings bringt die persönliche Haftung der Gesellschafter erhebliche Risiken mit sich. Daher sollten Gründer folgende Punkte beachten:
- Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag aufsetzen, um Streitigkeiten zu vermeiden.
- Eine Haftpflichtversicherung abschließen, um persönliche Risiken zu minimieren.
- Die steuerlichen und finanziellen Konsequenzen sorgfältig prüfen.
- Bei steigenden Geschäftsrisiken oder wachsenden Umsätzen frühzeitig über eine Umwandlung in eine haftungsbeschränkte Rechtsform nachdenken.
Die GbR bleibt eine attraktive Wahl für viele Unternehmer – doch sie erfordert eine klare Struktur und bewusste Planung, um langfristig erfolgreich zu sein.
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