Finanzlexikon Hebelzertifikate: Chancen mit Risiko
Wer an der Börse nicht nur auf Kursgewinne setzen, sondern sie verstärken möchte, stößt früher oder später auf sogenannte Hebelzertifikate. Diese Finanzinstrumente gehören zur Gruppe der strukturierten Produkte und bieten Anlegern die Möglichkeit, überproportional an Kursbewegungen eines Basiswerts zu partizipieren – sei es nach oben oder nach unten.
Was verlockend klingt, birgt allerdings auch Risiken. Denn wo Chancen steigen, nimmt auch das Verlustrisiko exponentiell zu. Hebelzertifikate sind damit Werkzeuge für erfahrene Investoren, die gezielt auf kurzfristige Marktentwicklungen setzen – nicht jedoch für langfristig orientierte Anleger mit konservativem Anlageziel.
Eine funktionale Einführung
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Hebelzertifikate sind derivative Finanzprodukte, die den Kurs eines Basiswerts (wie Aktien, Indizes, Rohstoffe oder Währungen) nicht eins zu eins, sondern mit einem Hebel (Leverage) abbilden.
Dieser Hebel vervielfacht die Kursbewegung des Basiswerts – in beide Richtungen.
Steigt der Basiswert beispielsweise um zwei Prozent, könnte ein Hebelzertifikat mit dem Faktor fünf um zehn Prozent steigen.
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Hebelzertifikaten:
- Long-Hebelzertifikate: Sie profitieren von steigenden Kursen des Basiswerts.
- Short-Hebelzertifikate: Sie setzen auf fallende Kurse des Basiswerts.
Der Hebel selbst ist ein rechnerischer Faktor, der sich aus dem Verhältnis zwischen dem Kurs des Basiswerts und dem Bezugsverhältnis bzw. Ausübungspreis ergibt.
Er ist in der Regel nicht konstant, sondern verändert sich dynamisch mit der Kursentwicklung.
Wirkungsweise: Der Hebel als Verstärker
Das Prinzip eines Hebelzertifikats ist einfach – zumindest auf den ersten Blick: Der Anleger setzt auf eine Richtung der Kursentwicklung, der Hebel verstärkt diese Bewegung. Wer richtig liegt, erzielt höhere Gewinne, als es mit einer Direktanlage möglich wäre. Wer jedoch falsch liegt, verliert ebenso schnell einen Großteil – oder sogar das gesamte eingesetzte Kapital.
Ein Beispiel verdeutlicht die Dynamik:
- Ein Anleger erwirbt ein Long-Hebelzertifikat auf den DAX mit Hebel 4.
- Steigt der DAX um 2 %, steigt der Wert des Zertifikats – idealtypisch – um 8 %.
- Fällt der DAX dagegen um 2 %, sinkt der Wert des Zertifikats um 8 %.
Durch diese Konstruktion eignen sich Hebelzertifikate nicht für Buy-and-Hold-Strategien, sondern primär für kurzfristige, spekulative Einsätze – etwa im Tages- oder Wochenverlauf.
Knock-Out-Zertifikate: Die Grenze der Belastbarkeit
Für alle, die Hebelprodukte nutzen wollen, gilt deshalb: Wissen vor Wagnis. Wer die Funktionsweise, die Hebelwirkung, die Knock-Out-Marken und die jeweiligen Marktbedingungen kennt, kann Hebelzertifikate sinnvoll in sein aktives Trading integrieren. Wer hingegen langfristig Vermögen aufbauen möchte, fährt mit klassischen, breiter gestreuten Anlagen sicherer, nachhaltiger und nervenschonender. Denn wo der Hebel wirkt, ist die Kraft groß – aber sie lässt sich nicht ohne Kontrolle beherrschen."
Eine besondere Form der Hebelzertifikate sind Knock-Out-Zertifikate (auch: Turbozertifikate). Sie haben eine definierte Barriere oder Knock-Out-Schwelle. Wird diese Schwelle berührt oder unterschritten (bei Long-Zertifikaten), beziehungsweise überschritten (bei Short-Zertifikaten), verfällt das Zertifikat sofort – meist mit Totalverlust.
Diese Knock-Out-Schwelle schützt den Emittenten, limitiert aber zugleich die Haltbarkeit des Produkts. Sie zwingt Anleger, ihre Positionen genau zu beobachten und eng an Marktbewegungen anzupassen.
Das macht Knock-Out-Zertifikate zu hochsensiblen Instrumenten, die präzises Timing und ein gutes Marktgespür voraussetzen.
Für wen eignen sich Hebelzertifikate – und für wen nicht?
Hebelzertifikate richten sich primär an aktive und erfahrene Anleger, die:
- kurzfristige Marktbewegungen gezielt ausnutzen wollen.
- klare Einschätzungen zur Kursentwicklung eines Basiswerts haben.
- bereit sind, das Risiko eines teilweisen oder vollständigen Kapitalverlusts zu tragen.
- ihre Positionen regelmäßig überwachen und gegebenenfalls schnell reagieren können.
Für konservative Anleger, die auf Werterhalt, laufende Erträge oder langfristigen Vermögensaufbau setzen, sind Hebelzertifikate nicht geeignet. Sie sind weder planbar noch stabil – und können, falsch eingesetzt, mehr Schaden als Nutzen bringen.
Risiken: Was Anleger unbedingt beachten sollten
So faszinierend die Hebelwirkung sein mag – sie birgt erhebliche Risiken, die viele Einsteiger unterschätzen. Zu den wichtigsten Gefahren zählen:
- Totalverlust: Insbesondere bei Knock-Out-Zertifikaten droht der vollständige Verlust des eingesetzten Kapitals bei Berührung der Schwelle.
- Zeitwertverlust: Einige Zertifikate verlieren mit der Zeit an Wert – unabhängig vom Kurs des Basiswerts.
- Marktvolatilität: Hohe Kursschwankungen können zu überraschenden Knock-Out-Ereignissen führen.
- Emittentenrisiko: Zertifikate sind Schuldverschreibungen. Bei Insolvenz des Emittenten droht der Verlust, auch wenn der Markt sich positiv entwickelt.
- Keine Dividendenbeteiligung: Anders als bei Direktanlagen in Aktien partizipiert der Anleger nicht an Dividendenzahlungen.
Anleger sollten sich dieser Risiken vollumfänglich bewusst sein, bevor sie sich für Hebelzertifikate entscheiden – und ihre Einsätze begrenzen sowie mit Stop-Loss-Marken arbeiten.
Fazit: Hebelzertifikate – mächtige Werkzeuge mit scharfer Klinge
Hebelzertifikate sind kein Spielzeug für risikoscheue Anleger, sondern Werkzeuge für gezielte, spekulative Strategien. Richtig eingesetzt, können sie kurzfristige Marktchancen effizient nutzen und auch bei geringen Kursschwankungen attraktive Gewinne erzielen. Falsch eingesetzt jedoch – oder ohne ausreichendes Verständnis – bergen sie die Gefahr schneller, erheblicher Verluste.

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