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Finanzlexikon Honorarberatung als Option

In einer zunehmend komplexen Finanzwelt wächst bei vielen Menschen der Wunsch nach einer ehrlichen, objektiven und transparenten Beratung. Anleger wollen Entscheidungen treffen, die nicht durch versteckte Anreize oder Vertriebsinteressen beeinflusst sind. In diesem Kontext rückt ein alternatives Beratungsmodell verstärkt in den Mittelpunkt: die Honorarberatung.

Im Gegensatz zum traditionellen Provisionsvertrieb, bei dem Finanzberater durch Produktanbieter vergütet werden, basiert die Honorarberatung auf einem einfachen Prinzip: Der Kunde zahlt für die Beratungsleistung – nicht für den Produktverkauf. Dieses Modell soll Interessenkonflikte vermeiden und eine Beratung ermöglichen, die ausschließlich im Sinne des Kunden erfolgt.

Doch obwohl die Honorarberatung seit Jahren in Deutschland rechtlich möglich ist und in anderen Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden deutlich weiter verbreitet ist, bleibt sie hierzulande bislang ein Nischenphänomen. Warum das so ist, welche Vorteile das Modell bietet und unter welchen Bedingungen es eine echte Alternative sein kann – all das verdient eine differenzierte Betrachtung.


Grundprinzip: Trennung von Beratung und Verkauf

Das zentrale Unterscheidungsmerkmal der Honorarberatung gegenüber der klassischen provisionsgestützten Beratung liegt in der klaren Trennung von Leistung und Produkt. Der Berater verkauft keine Finanzprodukte, sondern verkauft Wissen, Analyse, Empfehlungen und Begleitung. Seine Vergütung hängt nicht davon ab, ob der Kunde ein bestimmtes Produkt erwirbt, sondern allein davon, dass er eine Beratungsleistung in Anspruch nimmt.

Dieses Prinzip schafft ein Umfeld, in dem die Beratung objektiver, interessenfrei und potenziell nachhaltiger erfolgt. Der Berater hat keinen Anreiz, teure oder provisionsreiche Produkte zu empfehlen. Er kann auch raten, ein vorhandenes Produkt zu behalten oder nichts zu tun – was im Provisionsmodell kaum ökonomisch sinnvoll wäre.

Die Honorarberatung kann entweder pauschal abgerechnet werden (z. B. einmalige Finanzanalyse), nach Stundenhonorar erfolgen oder auf Basis eines prozentualen Honorars vom betreuten Vermögen (ähnlich wie bei Family Offices oder Vermögensverwaltungen).


Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regulierung

Die Honorarberatung ist in Deutschland seit 2014 gesetzlich geregelt. Mit dem Honoraranlageberatungsgesetz wurde ein eigenständiges Berufsbild geschaffen: der „Honorar-Anlageberater“ im Sinne des § 34h der Gewerbeordnung. Wer unter diesem Titel arbeiten will, muss sich registrieren lassen und bestimmte Anforderungen erfüllen:

  • Nachweis der Sachkunde und Zuverlässigkeit.
  • Pflicht zur vollständigen Offenlegung aller Kosten.
  • Verbot der Annahme von Provisionen oder Zuwendungen jeglicher Art.
  • Pflicht zur Dokumentation und schriftlichen Empfehlung.

Allerdings ist diese gesetzlich geregelte Honorarberatung bislang wenig verbreitet. Deutlich häufiger sind sogenannte honorarbasierte Finanzberatungen, die rechtlich unter einem anderen Regime laufen – etwa als Versicherungsberater oder Vermögensverwalter. Auch unabhängige Berater, die auf Honorarbasis arbeiten, ohne sich als „Honorar-Anlageberater“ im engeren Sinne registrieren zu lassen, sind verbreitet. Das führt zu einer gewissen Unübersichtlichkeit am Markt und erschwert es Verbrauchern, echte Unabhängigkeit zu erkennen.


Vorteile für Verbraucher

Für viele Verbraucher ist die Honorarberatung ein attraktives Modell – insbesondere für Menschen, die bereit sind, sich aktiv mit ihrer finanziellen Situation auseinanderzusetzen und eine transparente, auf sie zugeschnittene Beratung wünschen. Die Vorteile sind:

  • Objektivität: Der Berater steht ausschließlich auf der Seite des Kunden.
  • Transparenz: Die Kosten der Beratung sind im Vorfeld bekannt, die Leistung ist klar definiert.
  • Produktunabhängigkeit: Es gibt keine Anreize, bestimmte Anbieter oder Produkte zu bevorzugen.
  • Ganzheitlichkeit: Häufig steht nicht nur ein einzelnes Produkt im Fokus, sondern die gesamte finanzielle Lebensplanung.
  • Langfristige Orientierung: Da keine Abschlussprovisionen verdient werden müssen, können auch langfristige Strategien ohne Verkaufsdruck entwickelt werden.

Diese Vorteile machen Honorarberatung insbesondere in komplexen Situationen interessant – etwa bei der Altersvorsorge, Nachlassplanung, der Entscheidung über Immobilienerwerb oder bei beruflichen Veränderungen.


Herausforderungen und Hürden

Die Honorarberatung ist eine sinnvolle, faire und zukunftsweisende Option für Menschen, die Wert auf unabhängige, kundenorientierte Finanzberatung legen. Sie schafft Vertrauen, Transparenz und Entscheidungsfreiheit – und kann gerade in langfristigen, strategischen Fragen deutlich mehr leisten als produktorientierte Verkaufsberatung."

Trotz ihrer konzeptionellen Vorzüge hat sich die Honorarberatung in Deutschland bislang nicht flächendeckend durchgesetzt. Das hat mehrere Gründe.

Zum einen ist die Zahlungsbereitschaft der Kunden für Beratung noch nicht stark ausgeprägt. Viele Menschen sind es gewohnt, „kostenlos beraten“ zu werden – ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass die Kosten durch Provisionen oft indirekt und über Jahre hinweg anfallen.

Zum anderen fehlt es an Sichtbarkeit und Marktstruktur. Es gibt keine einheitliche Plattform, über die qualifizierte Honorarberater gefunden werden können, und viele Verbraucher wissen gar nicht, dass es diese Option überhaupt gibt.

Zudem ist die Komplexität der Regulierung ein Hindernis. Unterschiedliche Berufsbezeichnungen, Zulassungsverfahren und Haftungsregelungen sorgen für Verwirrung und Unsicherheit – sowohl auf Seiten der Anbieter als auch der Kunden.

Schließlich kann die Honorarberatung für Menschen mit sehr kleinen Vermögen oder wenig Beratungsbedarf finanziell weniger attraktiv erscheinen – gerade, wenn es nur um eine einfache Produktauswahl geht und kein ganzheitlicher Beratungsprozess nötig ist.


Internationale Vergleiche: Was Deutschland lernen kann

In Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden wurde die Honorarberatung politisch gefördert – unter anderem durch ein Verbot provisionsbasierter Anlageberatung. In Großbritannien trat 2013 die sogenannte „Retail Distribution Review“ (RDR) in Kraft, die unter anderem vorsieht, dass Berater keine Provisionen von Produktanbietern annehmen dürfen. Seitdem hat sich dort ein stabiler Markt für echte Honorarberatung etabliert.

Auch in skandinavischen Ländern ist die unabhängige Beratung stark verbreitet – oft im Rahmen von Banken mit festangestellten, provisionsfreien Beratern.

Deutschland verfolgt bislang einen parallelen Weg, bei dem beide Modelle – Provisionsberatung und Honorarberatung – nebeneinander bestehen. Das hat Vorteile für die Wahlfreiheit, aber auch Nachteile hinsichtlich Markttransparenz und Verbraucherschutz.


Fazit: Honorarberatung ist ein Weg zu mehr Unabhängigkeit – aber kein Allheilmittel

Die Honorarberatung ist eine sinnvolle, faire und zukunftsweisende Option für Menschen, die Wert auf unabhängige, kundenorientierte Finanzberatung legen. Sie schafft Vertrauen, Transparenz und Entscheidungsfreiheit – und kann gerade in langfristigen, strategischen Fragen deutlich mehr leisten als produktorientierte Verkaufsberatung.

Gleichzeitig erfordert sie von Kundinnen und Kunden ein gewisses Maß an Eigenverantwortung, Zahlungsbereitschaft und Informationsbewusstsein. Nicht jeder braucht eine Honorarberatung – aber jeder sollte wissen, dass es sie gibt.

Langfristig wird die Zukunft der Finanzberatung in einem vielfältigen, differenzierten Beratungsmarkt liegen, der unterschiedliche Bedürfnisse, Lebenslagen und Wissensniveaus berücksichtigt. Honorarberatung wird darin eine wichtige Rolle spielen – als Leuchtturm für Integrität in einem Markt, der Transparenz dringend braucht.

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