Talfahrt der Zinsen nicht zu Ende

Staatsanleihen Immer niedrigere Negativrenditen

In der letzten Woche war es soweit: die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fielen unter den Einlagezinssatz der EZB. Dieser liegt aktuell bei -0,4 %. Am Donnerstag erreichte die Anleihe-Rendite einen neuen Tiefststand von -0,409 %.

Oder anders ausgedrückt: Banken und Sparkassen, die ihr Geld bei der EZB parken und dafür Negativzinsen zahlen müssen, fahren immer noch besser als mit dem Kauf von Bundesanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit. Der weitere Verfall der Anleihe-Renditen korrespondiert mit der Zinsentwicklung in anderen Bereichen.

Talfahrt der Zinsen nicht zu Ende

Die Hypothekenzinsen befinden sich seit Monaten im Sinkflug. Für einen Hypothekarkredit mit zehnjähriger Zinsbindung muss man inzwischen weniger als 1 % Zinsen zahlen - entsprechende Bonität vorausgesetzt. Die Tagesgeld-Zinsen nähern sich allmählich dem Nullpunkt und lagen im Juni noch bei durchschnittlich 0,18 %. Wer gedacht hat, angesichts der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinspolitik der EZB seien weitere Zins-Sinkflüge kaum noch möglich, sieht sich eines Besseren belehrt. Ein Ende der Talfahrt ist nicht einmal zu erkennen.

Zu Jahresbeginn sah das noch nicht so aus. Mit dem Auslaufen des Anleihe-Aufkaufprogramms schien die EZB die fortgesetzte Geldmengenausweitung erst einmal beenden zu wollen. Es werden zwar weiter Anleihen gekauft, aber man ersetzt damit nur auslaufende Alt-Anleihen. Auch bei den Leitzinsen gab es in den letzten Monaten keine Änderungen mehr. Die Zinsen wurden nicht erhöht, aber auch nicht weiter abgesenkt.

Wiederaufnahme der ultralockeren Geldpolitik?

Inzwischen hat sich die Lage aber geändert. Europas Konjunktur weist Zeichen einer erneuten Abschwächung auf. Der US-Handelsstreit belastet und die Fed in den Vereinigten Staaten ist vorsichtiger bezüglich weiterer Zinsanhebungen geworden. Das hat von der EZB Druck weggenommen, selbst die Zinsen zu erhöhen. Gleichzeitig hat Mario Draghi Signale in Richtung einer möglichen Wiederaufnahme der ultra-lockeren Geldpolitik gesetzt, sollte der europäische Konjunkturmotor weiter stottern.

Der Markt hält sinkende Zinsen derzeit für wahrscheinlicher als steigende."

Vor diesem Hintergrund verwundert die Renditeentwicklung bei den Bundesanleihen nicht. Der Markt hält sinkende Zinsen derzeit für wahrscheinlicher als steigende. Höhere Anleihe-Kurse und niedrigere Renditen sind die logische Konsequenz. Dass die Bundesanleihen es schaffen, sogar die EZB-Einlagezinsen zu unterbieten, ist allerdings schon ein bemerkenswertes Faktum.

Es zeigt, dass man von einer sehr lange anhaltenden Niedrigstzinssituation ausgeht. Alle Hoffnungen auf eine Zinswende scheinen bis auf weiteres verflogen wie der Rauch im Wind.

 

Autor: Tobias Riefe

 

 

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