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Finanzlexikon Immobilienverrentung

Wohnen bleiben, Kapital gewinnen – Modelle, Chancen und Fallstricke eines finanziellen Spagats: Für viele Menschen ist die eigene Immobilie der größte Vermögenswert im Alter – und gleichzeitig die zentrale Lebensbasis.

Doch was tun, wenn das Haus zwar schuldenfrei ist, aber das verfügbare Einkommen im Ruhestand nicht ausreicht? Die Lösung könnte in der Immobilienverrentung liegen: ein Konzept, das ermöglicht, den Wert des Hauses oder der Wohnung ganz oder teilweise zu liquidieren, ohne ausziehen zu müssen. Dieses Modell gewinnt in einer alternden Gesellschaft mit zunehmender Bedeutung – bietet aber auch komplexe Gestaltungsvarianten, rechtliche Herausforderungen und psychologische Spannungsfelder.

Grundprinzip: Liquidität durch Substanz

Die Idee der Immobilienverrentung besteht darin, gebundenes Vermögen aus der Immobilie zu lösen und in laufende Rentenzahlungen, eine Einmalzahlung oder eine Kombination aus beidem umzuwandeln. Dabei bleibt die Immobilie in der Regel zunächst das Zuhause des bisherigen Eigentümers – oft lebenslang, manchmal zeitlich begrenzt.

Möglich wird dies durch einen Verkauf unter besonderen Bedingungen, einen Teilverkauf oder eine Beleihung. Die Immobilie „arbeitet“ in diesem Modell für den Eigentümer – nicht mehr nur als Ort, sondern auch als Einkommensquelle.

Verrentungsmodelle im Überblick

Es gibt mehrere Formen der Immobilienverrentung, die sich in Rechtsform, Eigentumsübertragung und Auszahlungskonditionen unterscheiden. Zu den gängigsten zählen:

  1. Verkauf mit Wohnrecht und Leibrente: Hier wird die Immobilie vollständig verkauft, aber der bisherige Eigentümer erhält ein lebenslanges Wohnrecht sowie eine monatliche Rente. Diese wird je nach Alter, Geschlecht, Immobilienwert und kalkulierter Lebenserwartung berechnet. Der Käufer – häufig ein Spezialanbieter oder privater Investor – erwirbt die Immobilie unter Marktwert, da er keine sofortige Nutzung erhält.
  2. Verkauf mit Einmalzahlung und Wohnrecht: Statt einer Rentenzahlung wird eine größere Einmalzahlung vereinbart. Auch hier bleibt das Wohnrecht bestehen. Diese Variante eignet sich insbesondere für Personen, die einen konkreten Kapitalbedarf haben, etwa zur Umschuldung, für eine Pflegevorsorge oder zur Unterstützung von Familienmitgliedern.
  3. Teilverkauf der Immobilie: Hier wird ein prozentualer Anteil am Eigentum verkauft, beispielsweise 30 % oder 50 %. Der Verkäufer erhält eine Einmalzahlung und zahlt anschließend ein Nutzungsentgelt für den verkauften Anteil. Die Immobilie bleibt im eigenen Besitz, kann aber später anteilig zurückgekauft oder vollständig veräußert werden. Dieses Modell wirkt auf den ersten Blick flexibel, ist jedoch durch die laufenden Kosten (Nutzungsentgelt) und oft komplexe Vertragskonstruktionen nicht risikolos.
  4. Umkehrhypothek bzw. Immobilienrente über Kreditinstitut: In diesem Modell wird die Immobilie beliehen – also ein Darlehen auf das Objekt aufgenommen – ohne laufende Tilgung. Die Rückzahlung erfolgt später durch Verkauf oder Vererbung. Die Auszahlung kann als Einmalbetrag oder in Raten erfolgen. Der Vorteil liegt in der Rückbehalt der Eigentumsrechte, der Nachteil in den Zinskosten und dem potenziellen Substanzverlust.

Vorteile: Flexibilität und Versorgungssicherheit

Die Immobilienverrentung bietet mehrere strategische Vorteile – gerade in einer Lebensphase, in der Einkommen oft rückläufig, aber Kapitalbedarf dennoch gegeben ist:

  • Zusätzliches Einkommen ohne Verkauf der Lebensumgebung..
  • Erhalt des Wohnrechts – meist lebenslang, oft notariell gesichert
  • Steuerliche Vorteile in bestimmten Modellen (z. B. steuerfreier Verkauf nach zehn Jahren Eigentum).
  • Möglichkeit zur Liquiditätsgewinnung, etwa für Pflege, Reisen, Umbauten oder familiäre Unterstützungsleistungen.

Besonders relevant ist das Modell für Alleinstehende ohne Erben oder bei geringer gesetzlicher Rente und hoher Immobilienbindung.

Risiken und Fallstricke

Die Immobilienverrentung ist ein innovatives Instrument zur finanziellen Entlastung im Alter – aber kein einfaches Produkt. Wer sie in Erwägung zieht, sollte verschiedene Modelle vergleichen, die steuerlichen und rechtlichen Auswirkungen verstehen und insbesondere die Langzeitwirkungen auf Eigentum, Lebensstil und Familie genau prüfen."

So attraktiv das Modell auch erscheint: Die Immobilienverrentung ist kein einfaches Produkt. Zahlreiche rechtliche, wirtschaftliche und emotionale Aspekte sind zu beachten:

  • Wertabschlag beim Verkauf durch das Wohnrecht, das die Nutzbarkeit einschränkt.
  • Langfristige Bindung an Vertragspartner, die nicht immer transparent agieren.
  • Komplexe Bewertungskriterien, etwa bei der Lebensdauer-Kalkulation oder der Wertermittlung.
  • Einschränkungen bei Vererbung oder Eigentumsübertragung, da der Verkaufsprozess bereits erfolgt ist.

Zudem besteht stets das Risiko, dass Anbieter aus wirtschaftlichen Gründen nicht dauerhaft bestehen – insbesondere bei Teilverkaufsmodellen. Eine sorgfältige Prüfung, am besten durch unabhängige Rechts- oder Steuerberater, ist daher unerlässlich.

Psychologische Dimension: Abschied vom Eigentum?

Nicht zu unterschätzen ist der emotionale Aspekt der Verrentung. Viele Eigentümer empfinden ihr Haus nicht nur als Vermögenswert, sondern als Ausdruck ihres Lebensweges, ihrer Freiheit und Autonomie. Der Verkauf – selbst unter Beibehaltung des Wohnrechts – kann als schmerzlicher Einschnitt erlebt werden.

Daher sollten alle Beteiligten frühzeitig über Erwartungen, Ängste und Alternativen sprechen. Auch das Gespräch mit Erben ist wichtig, um spätere Missverständnisse zu vermeiden. Die Immobilienverrentung ist eine Entscheidung, die nicht nur ökonomisch, sondern auch biografisch gut vorbereitet werden muss.

Fazit: Chancenreiche Lösung mit Beratungsbedarf

Die Immobilienverrentung ist ein innovatives Instrument zur finanziellen Entlastung im Alter – aber kein einfaches Produkt. Wer sie in Erwägung zieht, sollte verschiedene Modelle vergleichen, die steuerlichen und rechtlichen Auswirkungen verstehen und insbesondere die Langzeitwirkungen auf Eigentum, Lebensstil und Familie genau prüfen.

Richtig eingesetzt, kann sie helfen, die eigene Altersvorsorge zu stabilisieren, Wünsche zu erfüllen oder Pflegekosten zu decken – und das ohne die gewohnte Lebensumgebung aufzugeben. Doch sie verlangt Umsicht, Information und im besten Fall professionelle Begleitung. Nur dann wird aus einem vielversprechenden Konzept auch eine tragfähige Entscheidung.

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