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Finanzlexikon Korrelationen in Krisenzeiten

Warum in Marktpanik selbst vermeintlich sichere Anlagen verlieren – und was Anleger aus vergangenen Krisen lernen können.

Anleger verlassen sich auf Diversifikation, um Verluste abzufedern. Sie streuen ihr Vermögen über verschiedene Anlageklassen, Regionen und Sektoren, in der Hoffnung, dass sich Schwächen in einem Bereich durch Stärken in einem anderen ausgleichen. Doch in Krisenzeiten zeigt sich immer wieder: Wenn die Märkte unter Druck geraten, fallen plötzlich alle Anlagen gleichzeitig. Diversifikation scheint zu versagen – gerade dann, wenn sie am dringendsten gebraucht wird.

Dieses Phänomen ist kein Zufall. Es ist Ausdruck sogenannter systemischer Korrelationen – Zusammenhänge, die sich erst im Stress offenbaren. In normalen Marktphasen sind sie kaum sichtbar. Doch in Panikmomenten verschieben sich die Mechanismen, die Finanzmärkte steuern. Was vorher unkorreliert war, bewegt sich plötzlich im Gleichschritt.


Warum Korrelationen in Krisen steigen

In der Theorie sind Korrelationen statistisch messbare Zusammenhänge zwischen den Kursbewegungen von Vermögenswerten.

Doch diese Korrelationen sind nicht stabil, sondern verändern sich je nach Umfeld.

In ruhigen Zeiten können sich Aktien und Anleihen unterschiedlich verhalten.

In Krisenzeiten jedoch steigt der Druck auf alle Marktteilnehmer gleichzeitig – und damit auch der Gleichlauf zwischen unterschiedlichen Anlageklassen.

Dafür gibt es mehrere Gründe:

  • Liquiditätsengpässe: Anleger verkaufen alles, was sich schnell liquidieren lässt – auch eigentlich sichere oder defensive Positionen.
  • Margin Calls und Risikomanagement: Wenn Verluste in einem Bereich drohen, werden Positionen in anderen Bereichen aufgelöst, um Sicherheiten zu stellen.
  • Panikreaktionen: Emotionen dominieren. Die Suche nach Sicherheit verdrängt rationale Risikobewertungen.
  • Rückzugsmechanismen großer Marktakteure: Institutionelle Investoren fahren in Stressphasen pauschal Risiken zurück, ungeachtet der Einzelbewertung.

So entstehen Situationen, in denen alle Märkte gleichzeitig unter Druck geraten – unabhängig von Fundamentaldaten oder langfristigen Aussichten.


Historische Beispiele: 2008 und 2020

Die Finanzkrise 2008 und die Corona-Krise 2020 haben diese systemischen Effekte besonders deutlich gemacht. In beiden Fällen waren es nicht nur Aktienmärkte, die einbrachen – auch Anleihen, Rohstoffe und selbst Gold gaben zwischenzeitlich stark nach. Die kurzfristige Flucht in Bargeld führte zu einem „Alles-muss-raus“-Moment.

Erst nach der ersten Schockwelle begannen sich die Märkte wieder zu differenzieren. Doch für viele Anleger war es da bereits zu spät: Sie hatten in vermeintlich sicheren Anlagen Verluste erlitten und mussten Positionen auflösen – oft am Tiefpunkt.


Was diese Korrelationen für das Risikomanagement bedeuten

Wenn alle Anlagen gleichzeitig verlieren, ist das kein Beweis gegen Diversifikation – sondern ein Beweis dafür, dass Märkte keine rein rationalen Systeme sind. Wer vorbereitet ist, kann auch aus solchen Momenten gestärkt hervorgehen. Es gilt, nicht gegen die Gleichläufe zu kämpfen – sondern sie zu verstehen, einzuplanen und ihnen mit einem disziplinierten, realistischen Blick auf Risiko und Verhalten zu begegnen."

Systemische Korrelationen sind nicht vorhersehbar – aber sie sind wiederkehrend. Sie gehören zur DNA von Finanzmärkten. Für Anleger bedeutet das: Diversifikation schützt in normalen Zeiten, ist aber kein Garant in Extremsituationen. Wer das weiß, kann seine Strategien entsprechend anpassen.

Dazu gehören:

  • Liquiditätsreserven, um in Stressphasen nicht verkaufen zu müssen
  • Szenarienplanung, um nicht von der Gleichläufigkeit überrascht zu werden
  • Berücksichtigung von Verhaltensdynamiken, nicht nur von historischen Daten
  • Klar definierte Rebalancing-Regeln, die nicht in Panik, sondern nach Plan greifen

Risikomanagement bedeutet nicht, jede Krise schadlos zu überstehen – sondern, vorbereitet zu sein, wenn klassische Regeln plötzlich nicht mehr gelten.


Was bleibt: Die Erkenntnis der Grenzen

Der Gedanke, dass sich jedes Risiko durch Streuung ausgleichen lässt, ist verlockend – aber in Extremsituationen trügerisch. Systemische Korrelationen sind Ausdruck der Verletzlichkeit vernetzter Systeme. Sie zeigen: Auch unabhängige Märkte sind über Erwartungen, Liquiditätsflüsse und Psychologie miteinander verbunden.

Anleger, die diese Zusammenhänge verstehen, geraten seltener in Panik – weil sie wissen, dass auch der Gleichlauf Teil des Systems ist. Und dass nach der Schockphase meist die Phase der Differenzierung folgt – in der Qualität, Substanz und langfristige Perspektive wieder zählen.


Fazit: Ruhe bewahren, wenn alles gleichzeitig fällt

Wenn alle Anlagen gleichzeitig verlieren, ist das kein Beweis gegen Diversifikation – sondern ein Beweis dafür, dass Märkte keine rein rationalen Systeme sind. Wer vorbereitet ist, kann auch aus solchen Momenten gestärkt hervorgehen. Es gilt, nicht gegen die Gleichläufe zu kämpfen – sondern sie zu verstehen, einzuplanen und ihnen mit einem disziplinierten, realistischen Blick auf Risiko und Verhalten zu begegnen.

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