Die Lebensversicherung ist immer noch die tragende Säule der privaten Altersvorsorge

Altersvorsorge der Deutschen in Gefahr Lebensversicherungen in der Existenzkrise

Die Lebensversicherung ist immer noch eine tragende Säule der privaten Altersvorsorge der Deutschen. Doch angesichts anhaltender Niedrigzinsen geraten die Lebensversicherer immer mehr unter Druck. Sie haben große Probleme, ihre Garantiezinsversprechen einzuhalten. Schuld daran ist auch ein Konstruktionsfehler bei der Garantiezinsberechnung - sie erfolgt rückwärtsgewandt.

Es sollen hierzulande über 90 Millionen Lebensversicherungspolicen geben - mehr als Deutschland Einwohner besitzt. Im Schnitt hat also jeder Bundesbürger mindestens einen solchen Vertrag. Vom Anlagevolumen erreichen sie in etwa die Bedeutung der Bankeinlagen, der zweiten Säule der privaten Alterssicherung. Demgegenüber sind Aktien oder Fonds nach wie vor nachrangig. Es ist daher keine Kleinigkeit, wenn es Probleme bei den Lebensversicherungen gibt. Denn damit droht die private Altersvorsorge insgesamt in Schieflage zu geraten.

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Garantiezins wird zum Bumerang 

Die Schwierigkeiten resultieren zu einem wesentlichen Teil aus der garantierten Verzinsung in Verbindung mit der Zinsentwicklung. Der Garantiezins bildete bisher ein essentielles Verkaufsargument bei Lebensversicherungen; erhalten Kunden dadurch doch das Versprechen, dass ihr angespartes Kapital eine bestimmte Mindestrendite bringt. Diese Verlässlichkeit ist bei auf Sicherheit bedachten Sparern immer zugkräftig gewesen. In Zeiten stetig sinkender Zinsen erweist sich die Zinsgarantie allerdings als ein Bumerang für die Anbieter. Die EZB sorgt mit ihrer Niedrigzinspolitik dafür, dass genau dieser Fall eintritt. 

Sinken die Zinsen am Markt, können die Versicherer die Gelder ihrer Kunden weniger rentierlich anlegen, sind aber weiter an ihre  höheren Zinsversprechen aus der Vergangenheit gebunden - das gilt angesichts der langen Laufzeit vieler Verträge unter Umständen für Jahrzehnte. Normalerweise ist das kein Problem, weil Zinsentwicklungen in der Regel zyklisch sind und die Entwicklung irgendwann wieder nach oben zeigt. Doch die EZB hat diese Gesetzmäßigkeit mit ihren Maßnahmen praktisch ausgehebelt, Niedrigzinsen scheinen zum Dauerzustand zu werden. 

Manche Versicherer haben sich von Produkten mit Garantiezins ganz verabschiedet."

Weg von der klassischen Lebensversicherung 

Der amtliche Garantiezins wurde zwischenzeitlich mehrfach abgesenkt, er folgt der Marktentwicklung aber nur mit Zeitverzögerung. Das liegt nicht zuletzt an der Berechnungsweise, bei der die Durchschnittsrendite langfristiger Staatsanleihen der vergangenen zehn Jahre eine wichtige Rolle spielt. Bei stetig sinkenden Marktzinsen ist der Garantiezins aufgrund dieser Vergangenheitsorientierung immer höher als das tatsächliche Zinsniveau. Hinzu kommt, dass Garantiezins-Absenkungen grundsätzlich nur für Neuverträge gelten, nicht dagegen für den Vertragsbestand. Es ist dieser erzwungene Blick in den Rückspiegel, der den Lebensversicherern zu schaffen macht. 

Mit dem Lebensversicherungsreformgesetz hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr versucht, den Anbietern unter die Arme zu greifen. Der Konstruktionsfehler der Garantiezinsermittlung wurde dabei aber nicht beseitigt. Manche Versicherer haben inzwischen die Konsequenz gezogen und sich von Produkten mit Garantiezins ganz verabschiedet. Doch die Altlasten bleiben.

 

Autor: Jürgen E. Nentwig, juergen.nentwig@gfmsnentwig.de

 

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