Finanzlexikon Libor, globaler Referenzzinssatz
Der London Interbank Offered Rate (LIBOR) war über Jahrzehnte hinweg einer der weltweit wichtigsten Referenzzinssätze für Finanzgeschäfte. Er diente als Basis für eine Vielzahl von Finanzprodukten und wurde von Banken, Unternehmen und Zentralbanken genutzt.
In den letzten Jahren geriet der LIBOR immer stärker unter Druck – durch Manipulationsskandale und strukturelle Schwächen. Schließlich wurde er durch alternative Zinssätze ersetzt. Doch was genau war der LIBOR, wie funktionierte er, und welche Folgen hat seine Abschaffung?
1. Was ist der LIBOR?
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Definition des LIBOR
- Der LIBOR war ein täglich veröffentlichter Zinssatz, der angab, zu welchen Konditionen sich Banken untereinander Geld leihen.
- Er wurde in verschiedenen Währungen und für unterschiedliche Laufzeiten (von einem Tag bis zu einem Jahr) festgelegt.
- Banken meldeten täglich ihre Zinsangebote, aus denen ein Durchschnittswert berechnet wurde.
Warum war der LIBOR so wichtig?
- Er diente als Basiszinssatz für Kredite, Anleihen, Derivate und andere Finanzinstrumente.
- Zahlreiche Verträge, insbesondere Hypotheken, Unternehmensfinanzierungen und Zinsswaps, wurden an den LIBOR gekoppelt.
- Er beeinflusste indirekt viele weitere Zinssätze weltweit.
In welchen Währungen gab es den LIBOR?
- US-Dollar (USD)
- Britisches Pfund (GBP)
- Euro (EUR)
- Schweizer Franken (CHF)
- Japanischer Yen (JPY)
2. Wie wurde der LIBOR berechnet?
Ermittlung der Zinssätze
- Täglich wurden von einer Gruppe von Banken Zinssätze gemeldet, zu denen sie bereit wären, sich untereinander Geld zu leihen.
- Diese Banken bildeten das LIBOR-Panel, das von der British Bankers’ Association (BBA) organisiert wurde.
Durchschnittsbildung
- Extrem hohe und extrem niedrige Meldungen wurden entfernt.
- Der Mittelwert der verbleibenden Werte wurde als offizieller LIBOR für den jeweiligen Tag veröffentlicht.
Laufzeiten und Einfluss auf den Markt
- Der LIBOR wurde für Laufzeiten zwischen 1 Tag und 12 Monaten veröffentlicht.
- Verschiedene Laufzeiten hatten direkten Einfluss auf kurzfristige und langfristige Finanzierungen.
3. Der LIBOR-Skandal und das Ende eines Referenzzinssatzes
Manipulation durch Banken
- 2012 wurde bekannt, dass Banken den LIBOR über Jahre hinweg manipuliert hatten.
- Durch bewusst zu hoch oder zu niedrig gemeldete Zinssätze beeinflussten sie die Finanzmärkte und sicherten sich illegale Gewinne.
Regulatorische Eingriffe und Vertrauensverlust
- Nach den Enthüllungen verschärften Regulierungsbehörden weltweit die Aufsicht über Referenzzinssätze.
- Der LIBOR verlor zunehmend an Glaubwürdigkeit und geriet unter starken Druck.
Beschluss zur Abschaffung
- 2017 kündigte die britische Finanzaufsicht (FCA) das Ende des LIBOR bis Ende 2021 an.
- Marktteilnehmer mussten auf alternative Referenzzinssätze umstellen.
4. Die Ablösung des LIBOR: Neue Referenzzinssätze
Mit der Abschaffung des LIBOR endet eine Ära der Finanzgeschichte. Die neuen Zinssätze sind transparenter und basieren auf realen Transaktionen – ein bedeutender Schritt für mehr Stabilität und Integrität der globalen Finanzmärkte."
Warum musste der LIBOR ersetzt werden?
- Der LIBOR beruhte nicht mehr auf realen Transaktionen, sondern auf subjektiven Meldungen der Banken.
- Es gab immer weniger Banken, die unbesicherte Interbankenkredite vergaben.
- Der LIBOR war anfällig für Manipulationen und Marktverzerrungen.
Welche Alternativen gibt es?
- SOFR (Secured Overnight Financing Rate) → Ersatz für den USD-LIBOR
- SONIA (Sterling Overnight Index Average) → Ersatz für den GBP-LIBOR
- €STR (Euro Short-Term Rate) → Ersatz für den EUR-LIBOR
- SARON (Swiss Average Rate Overnight) → Ersatz für den CHF-LIBOR
- TONA (Tokyo Overnight Average Rate) → Ersatz für den JPY-LIBOR
Unterschiede zwischen LIBOR und neuen Referenzzinssätzen
- LIBOR war ein Terminsatz: Er gab Zinsen für verschiedene Laufzeiten an.
- Neue Zinssätze sind meist Overnight-Sätze: Sie beruhen auf tatsächlichen Transaktionen und werden täglich aktualisiert.
- Mehr Transparenz: Neue Referenzwerte basieren auf echten Marktaktivitäten.
5. Auswirkungen des LIBOR-Endes auf die Finanzwelt
Anpassung von Finanzverträgen
- Viele bestehende Verträge mussten auf neue Zinssätze umgestellt werden.
- Unternehmen und Banken mussten sicherstellen, dass die Umstellung reibungslos verlief.
Auswirkungen auf Kredite und Hypotheken
- Kreditnehmer mit variablen Zinssätzen mussten sich auf neue Referenzwerte einstellen.
- Finanzprodukte wurden zunehmend auf SOFR, €STR und andere Alternativen umgestellt.
Veränderte Risikobewertung
- Banken und Investoren mussten neue Modelle zur Risikobewertung entwickeln.
- Die Unsicherheiten in der Übergangsphase führten zu Schwankungen an den Märkten.
6. Fazit: Das Ende einer Ära und die Zukunft der Zinssätze
- Der LIBOR war jahrzehntelang eine zentrale Größe im Finanzmarkt.
- Manipulationen und strukturelle Schwächen führten zu seinem Ende.
- Neue, transparente Referenzzinssätze ersetzen den LIBOR weltweit.
- Die Umstellung hat weitreichende Folgen für Kredite, Hypotheken und Finanzprodukte.
- Die Finanzwelt setzt verstärkt auf marktbasierte, manipulationssichere Zinssätze.
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