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Finanzlexikon Nobelpreisträger Harry Markowitz

Harry Markowitz, ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger, ist bekannt für seine bahnbrechende Arbeit zur Portfoliotheorie, die er in den frühen 1950er-Jahren entwickelte.

Mit seiner Arbeit legte er die theoretische Grundlage für die moderne Portfolio-Optimierung und entwickelte dabei ein Modell, das als "Mean-Variance-Optimierung" oder einfach als "Markowitz-Portfolio-Theorie" bekannt wurde. Diese Theorie hat die Finanzwelt revolutioniert, indem sie eine systematische Methode zur Portfolio-Konstruktion bietet, bei der das Verhältnis von Risiko zu Rendite im Vordergrund steht.

1. Grundlagen der Markowitz-Theorie

Im Kern besagt die Markowitz-Theorie, dass Anleger ihre Anlagen diversifizieren sollten, um das Risiko eines Portfolios zu reduzieren, ohne dabei auf Rendite zu verzichten. Dies war eine Abkehr von früheren Ansätzen, die sich oft auf einzelne Wertpapiere konzentrierten und weniger auf das Gesamtrisiko des Portfolios. Markowitz zeigte auf, dass es entscheidend ist, wie sich die Renditen der verschiedenen Wertpapiere im Portfolio zueinander verhalten, und dass eine gute Diversifikation das Risiko erheblich verringern kann.

Die Grundidee ist, dass ein Portfolio aus verschiedenen Vermögenswerten zusammengesetzt werden sollte, die unterschiedliche Risikoprofile und Renditeaussichten haben. Durch die Kombination solcher Assets kann der Anleger ein Portfolio zusammenstellen, das das gewünschte Verhältnis zwischen Rendite und Risiko erreicht.

2. Risiko und Rendite in der Portfoliotheorie

Markowitz hat das Risiko als eine messbare Größe eingeführt, die über die Volatilität der Renditen (d.h. die Schwankung der Renditen über die Zeit) definiert wird. Er argumentierte, dass ein Portfolio nicht nur aus Aktien mit hohen Renditen bestehen sollte, sondern dass das Risiko und die Korrelation der Vermögenswerte entscheidend sind.

  • Rendite: Die erwartete Rendite eines Portfolios ist die Summe der erwarteten Renditen der einzelnen Anlagen, gewichtet nach ihren Anteilen im Portfolio.
  • Risiko: Das Risiko eines Portfolios misst die Unsicherheit der Renditen und wird meist über die Standardabweichung oder Varianz der Renditen ausgedrückt.

Markowitz betonte, dass die Schwankungen oder das Risiko eines Portfolios nicht einfach die Summe der Schwankungen der einzelnen Wertpapiere ist. Vielmehr ist entscheidend, wie sich die Renditen der einzelnen Wertpapiere zueinander verhalten, also ihre Korrelation. Ein diversifiziertes Portfolio, das aus Vermögenswerten mit geringer Korrelation besteht, kann das Risiko deutlich verringern, ohne dass die Rendite darunter leidet.

3. Diversifikation und Korrelation

Die Diversifikation ist ein zentrales Konzept der Markowitz-Theorie und bedeutet, dass ein Anleger seine Anlagen auf verschiedene Vermögenswerte verteilt, um das Risiko zu reduzieren. Markowitz zeigte auf, dass eine breite Streuung von Vermögenswerten das Risiko reduziert, da die Kursschwankungen einzelner Anlagen durch die gegenläufigen Schwankungen anderer Vermögenswerte ausgeglichen werden können. Hierbei spielt die Korrelation eine entscheidende Rolle:

  • Korrelation beschreibt, wie sich zwei Wertpapiere in Bezug auf ihre Renditen zueinander verhalten. Eine positive Korrelation bedeutet, dass die Wertpapiere tendenziell in die gleiche Richtung schwanken, während eine negative Korrelation anzeigt, dass sie sich in entgegengesetzte Richtungen bewegen.
  • Markowitz stellte fest, dass ein Portfolio von Vermögenswerten mit geringer oder negativer Korrelation das Risiko besser reduziert als ein Portfolio, dessen Vermögenswerte alle stark positiv miteinander korreliert sind.

Die ideale Diversifikation nach Markowitz bedeutet, in Vermögenswerte zu investieren, die möglichst unabhängig voneinander schwanken. So können Verluste eines Investments potenziell durch Gewinne eines anderen Investments ausgeglichen werden, was das Gesamtrisiko des Portfolios senkt.

4. Effiziente Portfolios und die Effizienzkurve

Ein zentrales Ergebnis der Markowitz-Theorie ist die „Effizienzkurve“ oder „Effizienzgrenze“ (efficient frontier), die das optimale Verhältnis von Risiko und Rendite für ein Portfolio darstellt. Sie zeigt, welche Portfolios eine optimale Balance zwischen Risiko und Rendite aufweisen, und definiert dabei jene Kombinationen von Anlagen, bei denen kein zusätzliches Risiko eingegangen werden muss, um eine höhere Rendite zu erzielen.

  • Effiziente Portfolios sind Portfolios, die auf dieser Effizienzkurve liegen. Sie bieten für ein gegebenes Risiko die höchstmögliche erwartete Rendite oder umgekehrt die geringstmögliche Volatilität für eine gegebene erwartete Rendite.
  • Suboptimale Portfolios liegen unterhalb der Effizienzkurve, weil sie nicht das beste Verhältnis von Risiko und Rendite bieten. Das Ziel eines Anlegers nach der Markowitz-Theorie sollte daher sein, ein Portfolio zu konstruieren, das auf der Effizienzkurve liegt.

Die Effizienzkurve verdeutlicht, dass nicht jede Kombination von Wertpapieren gleich sinnvoll ist. Anleger sollten sich auf jene Kombinationen konzentrieren, die das Risiko-Rendite-Profil verbessern und auf der Effizienzgrenze liegen.

5. Die Annahmen der Markowitz-Theorie

Die Markowitz-Theorie war und ist ein grundlegender Beitrag zur Finanzwissenschaft und hat das Verständnis von Portfolios und Risikomanagement stark geprägt. Durch die Einführung des Konzepts der Diversifikation und der Effizienzgrenze hat Markowitz Anlegern eine Methode an die Hand gegeben, um Portfolios systematisch nach dem Verhältnis von Risiko und Rendite zu optimieren."

Die Markowitz-Theorie basiert auf einigen Annahmen, die in der Realität nicht immer zutreffen, jedoch eine theoretische Grundlage bieten, auf der die Portfoliotheorie aufbaut. Zu den zentralen Annahmen gehören:

  • Rationale Anleger: Anleger handeln rational und wollen entweder das Risiko minimieren oder die Rendite maximieren.
  • Normalverteilung der Renditen: Die Renditen der Wertpapiere folgen einer Normalverteilung, sodass sich das Risiko durch die Standardabweichung berechnen lässt.
  • Vollständige Information: Alle Anleger verfügen über die gleichen Informationen und schätzen die Renditen und Risiken der Wertpapiere gleich ein.
  • Keine Transaktionskosten: Es gibt keine Gebühren oder sonstige Kosten beim Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.

Diese Annahmen vereinfachen die Berechnungen und die Erstellung von Modellen, jedoch stoßen sie in der Praxis an ihre Grenzen. Finanzmärkte sind oft durch Unsicherheit geprägt, und Anleger handeln nicht immer rational, was zu Marktineffizienzen führen kann.

6. Kritik und Weiterentwicklungen

Obwohl die Markowitz-Theorie als Meilenstein in der Finanzwissenschaft gilt, gibt es auch einige Kritikpunkte und Weiterentwicklungen:

  • Normalverteilung und Extreme: Finanzmärkte zeigen in der Realität häufig „Fat Tails“, also extreme Ausschläge, die nicht durch eine Normalverteilung abgebildet werden können. Die Markowitz-Theorie berücksichtigt jedoch nur symmetrische Schwankungen und keine extremen Verluste.
  • Ignoranz von Liquidität und Transaktionskosten: Die Theorie geht von der Annahme aus, dass es keine Kosten beim Umschichten von Wertpapieren gibt, was in der Praxis jedoch nicht zutrifft. In der Realität verursachen Transaktionskosten Kosten, die die Rendite schmälern können.
  • Behavioral Finance: Die Annahme, dass alle Anleger rational handeln, ist umstritten. Die Behavioral Finance stellt die Hypothese auf, dass Anleger oft emotional und irrational handeln, was zu Marktverzerrungen führt.

Diese Kritikpunkte führten zu Weiterentwicklungen der Markowitz-Theorie. Beispielsweise werden Ansätze zur Verlustaversion und Behavioral Finance integriert, um auch irrationale Verhaltensweisen der Anleger zu berücksichtigen. Ebenso sind Multi-Faktor-Modelle entstanden, die Faktoren wie Liquidität oder das Marktrisiko einbeziehen.

Fazit

Trotz ihrer Annahmen und Einschränkungen bildet die Markowitz-Theorie nach wie vor die Grundlage für viele Anlageentscheidungen und -modelle. Moderne Finanzmodelle und Technologien haben auf diesem Fundament aufbauend komplexere und realitätsnähere Ansätze entwickelt, die heutigen Anlegern eine präzisere Bewertung und Steuerung ihrer Portfolios ermöglichen. Die Grundprinzipien der Diversifikation und der Optimierung der Risiko-Rendite-Verhältnisse bleiben jedoch zeitlose Konzepte, die auch in modernen Ansätzen der Finanzanalyse und -strategie eine entscheidende Rolle spielen.

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