Wissenswertes zu aktuellen Finanzthemen

Finanzlexikon Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) ist eine der ältesten und traditionsreichsten Rechtsformen für Unternehmen.

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) gehört zu den Personengesellschaften und eignet sich besonders für Unternehmer, die gemeinsam ein Geschäft betreiben möchten, ohne eine Kapitalgesellschaft zu gründen. Die OHG bietet eine Reihe von Vorteilen, bringt aber auch spezifische Risiken mit sich – allen voran die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter.

1. Definition und rechtliche Grundlagen

box

Die OHG ist eine rechtsfähige Personengesellschaft, die auf einem Gesellschaftsvertrag zwischen mindestens zwei Gesellschaftern beruht. Sie ist im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt und unterscheidet sich von anderen Gesellschaftsformen vor allem durch die persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter.

  1. Gründung und Eintragung

    • Eine OHG kann von mindestens zwei Personen gegründet werden.
    • Die Eintragung ins Handelsregister ist verpflichtend.
    • Eine notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags ist nicht erforderlich.

  2. Rechtsfähigkeit und Vertretung

2. Merkmale der OHG

Die Offene Handelsgesellschaft unterscheidet sich durch mehrere zentrale Eigenschaften von anderen Unternehmensformen.

  1. Persönliche und unbeschränkte Haftung

    • Alle Gesellschafter haften mit ihrem gesamten Privatvermögen.
    • Eine Haftungsbeschränkung ist nicht möglich.
    • Gläubiger können direkt auf das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen.

  2. Gewerbliches Unternehmen

  3. Handelsregistereintrag

    • Die OHG entsteht erst mit der Eintragung ins Handelsregister.
    • Die Eintragung erfolgt beim zuständigen Amtsgericht und macht die Gesellschaft öffentlich sichtbar.

  4. Gesellschafterstruktur

3. Gründung einer OHG

Die Gründung einer Offenen Handelsgesellschaft ist vergleichsweise unkompliziert und folgt einem klaren Ablauf.

  1. Gesellschaftsvertrag abschließen

    • Schriftliche Form ist nicht zwingend vorgeschrieben, aber empfehlenswert.
    • Enthält Regelungen zu Geschäftsführung, Gewinnverteilung und Kündigung.

  2. Gewerbeanmeldung

  3. Handelsregistereintragung

    • Anmeldung beim Amtsgericht mit Angaben zu Firmennamen, Sitz, Gesellschaftern.

  4. Eröffnung eines Geschäftskontos

  5. Steuerliche Erfassung

    • Anmeldung beim Finanzamt und Beantragung einer Steuernummer.

4. Haftung der Gesellschafter

Eines der größten Risiken der OHG ist die uneingeschränkte Haftung der Gesellschafter.

  1. Unmittelbare Haftung

    • Jeder Gesellschafter haftet direkt für die Schulden der OHG.

  2. Gesamtschuldnerische Haftung

    • Jeder Gesellschafter kann für die gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen werden.

  3. Nachhaftung

    • Auch nach dem Ausscheiden haftet ein Gesellschafter für bereits bestehende Verbindlichkeiten bis zu fünf Jahre weiter.

5. Geschäftsführung und Vertretung

  1. Regelungen zur Geschäftsführung

    • Jeder Gesellschafter darf die OHG allein vertreten.
    • Abweichende Regelungen können im Gesellschaftsvertrag getroffen werden.

  2. Entscheidungen im Unternehmen

    • Entscheidungen werden gemeinschaftlich getroffen.
    • In Streitfällen gelten die Regelungen aus dem Gesellschaftsvertrag.

6. Gewinn- und Verlustverteilung

Die Aufteilung der Gewinne und Verluste erfolgt nach bestimmten Regeln:

  1. Falls keine vertragliche Regelung existiert

    • 4 % auf die Kapitaleinlage werden als Vorabverzinsung ausgezahlt.
    • Der restliche Gewinn wird gleichmäßig aufgeteilt.

  2. Verluste

    • Verluste werden ebenfalls gleichmäßig auf die Gesellschafter verteilt.
    • Eine abweichende Regelung ist im Gesellschaftsvertrag möglich.

7. Steuern bei der OHG

Die OHG ist eine traditionelle, aber nach wie vor relevante Rechtsform, die sich besonders für Unternehmer eignet, die gemeinsam ein Geschäft betreiben und direkten Einfluss auf ihr Unternehmen haben wollen – ohne die Komplexität einer Kapitalgesellschaft."

Die Besteuerung einer Offenen Handelsgesellschaft unterscheidet sich von der einer Kapitalgesellschaft.

  1. Keine eigene Körperschaftssteuer

    • Die OHG selbst zahlt keine Steuern auf ihren Gewinn.
    • Die Gesellschafter versteuern ihren Anteil an den Einkünften mit der Einkommensteuer.

  2. Gewerbesteuer

    • Die OHG unterliegt der Gewerbesteuer.
    • Ein Freibetrag von 24.500 Euro pro Jahr gilt für Personengesellschaften.

  3. Umsatzsteuer

    • Die OHG ist umsatzsteuerpflichtig, wenn die Umsätze über der Kleinunternehmergrenze liegen.

Vorteile:

  1. Einfache Gründung

    • Keine hohen Gründungskosten oder Mindesteinlagen erforderlich.
    • Schneller Eintrag ins Handelsregister möglich.

  2. Flexibilität in der Geschäftsführung

    • Alle Gesellschafter haben Mitspracherecht und können aktiv mitwirken.
    • Entscheidungen können ohne Aktionärsversammlung oder Aufsichtsrat getroffen werden.

  3. Kein Mindestkapital

    • Die Gründung einer OHG ist auch ohne Kapitaleinlage möglich.
    • Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen attraktiv.

  4. Gute Kreditwürdigkeit

    • Durch die persönliche Haftung der Gesellschafter haben Banken oft mehr Vertrauen in eine OHG als in eine Kapitalgesellschaft.

  5. Gewerbesteuerfreibetrag

    • Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften profitieren Personengesellschaften von einem Freibetrag bei der Gewerbesteuer.

Nachteile:

  1. Unbeschränkte persönliche Haftung

    • Gesellschafter haften nicht nur mit dem Gesellschaftsvermögen, sondern auch mit ihrem Privatvermögen.
    • Bei finanziellen Problemen können persönliche Ersparnisse und Immobilien gefährdet sein.

  2. Komplexität bei Streitigkeiten

    • Unterschiedliche Interessen der Gesellschafter können zu Konflikten führen.
    • Klare vertragliche Regelungen sind notwendig, um Streitfälle zu vermeiden.

  3. Nachhaftung bei Ausscheiden

    • Auch nach dem Austritt aus der Gesellschaft haftet ein Gesellschafter für bestehende Verbindlichkeiten bis zu fünf Jahre.

  4. Höhere Steuerlast als Kapitalgesellschaften möglich

    • Da Gewinne direkt bei den Gesellschaftern besteuert werden, kann die Steuerbelastung bei hohen Gewinnen über der von Kapitalgesellschaften liegen.

9. Auflösung der OHG

Eine OHG kann aus verschiedenen Gründen aufgelöst werden:

  1. Beschluss der Gesellschafter

    • Wenn alle Gesellschafter der Auflösung zustimmen.

  2. Eröffnung eines Insolvenzverfahrens

    • Falls die Gesellschaft zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist.

  3. Tod eines Gesellschafters

    • Je nach Gesellschaftsvertrag kann dies zur Auflösung oder zur Fortführung mit Erben führen.

  4. Ausscheiden eines Gesellschafters ohne Nachfolgeregelung

    • Falls die Gesellschaft keine Regelung für den Fortbestand hat.

Nach der Auflösung erfolgt die Liquidation der Gesellschaft, bei der alle Verbindlichkeiten beglichen und verbleibende Vermögenswerte an die Gesellschafter verteilt werden.

10. Fazit

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) ist eine bewährte und flexible Unternehmensform, die sich besonders für kleinere und mittelständische Unternehmen eignet. Sie bietet den Vorteil der einfachen Gründung, schnellen Entscheidungsfindung und einer hohen Kreditwürdigkeit. Allerdings bringt die unbeschränkte persönliche Haftung ein hohes Risiko mit sich, das vor der Gründung genau bedacht werden sollte.

Unternehmer, die eine OHG in Betracht ziehen, sollten daher:

  1. Einen detaillierten Gesellschaftsvertrag aufsetzen, um Streitigkeiten zu vermeiden.
  2. Die Haftungsrisiken genau abwägen und gegebenenfalls eine Haftpflichtversicherung in Betracht ziehen.
  3. Steuerliche Aspekte prüfen, um die langfristige Wirtschaftlichkeit der OHG sicherzustellen.

Kontakt zu mir

Hallo!
Schön, dass Sie mich kennenlernen möchten.