Straßen für Dieselfahrzeuge gesperrt

Liegen fragwürdige Analysen zugrunde? Sind die EU-Dieselgrenzwerte realistisch?

Es wird wohl nicht lange dauern, bis wieder ein neues Gerichtsurteil für Aufregung sorgt, weil in einer deutschen Stadt bestimmte Straßen für Dieselfahrzeuge gesperrt werden müssen. Grund für die Sperrung ist die Überschreitung des bei 40 Mikrogramm festgelegten Grenzwertes für Stickoxide. Für deren Ausstoß sind im Straßenverkehr vor allem Dieselfahrzeuge verantwortlich.

Während die Politik händeringend nach Lösungen sucht, um den wirtschaftlichen Schaden für aufgebrachte Dieselfahrer in Grenzen zu halten - bisher nur mit sehr mäßigem Erfolg -, wird der Sinn und Zweck des "kritischen" Grenzwertes kaum hinterfragt. Manche möchten aus politischen Gründen nicht daran rühren und Gerichte interessiert nur der Buchstabe des Gesetzes. Dabei gibt es durchaus gute Argumente, die Sinnhaftigkeit in Zweifel zu ziehen.

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EU wollte bei reiner Luft Vorreiter sein 

Dazu lohnt ein Blick in die Entstehungsgeschichte der 40 Mikrogramm-Vorgabe. Die reicht bis 1993 zurück, als sich die EU entschloss, in Sachen reiner Luft Vorreiter sein zu wollen. Damals gab es von der Weltgesundheitsorganisation WHO einen Stickoxid-Richtwert von 150 Mikrogramm. Der war allerdings wenig fundiert, die Stickoxid-Auswirkungen auf Menschen hatte man zuvor kaum erforscht.  

Auf EU-Bitten nahm die WHO damals eine neue Analyse vor, die auf einen niedrigeren Grenzwert zielte. Da die EU bereits 1996 eine Stickoxid-Richtlinie verabschieden wollte, war allerdings für zusätzliche Untersuchungen kaum Zeit. Man behalf sich WHO-seitig mit dem Rückgriff auf ältere Studien, die sich mit Stickoxid-Emissionen von Gasherden und deren Auswirkungen auf Atemorgane von Kindern befassten. Auf dieser Basis schätzte die WHO die Stickoxid-Konzentration durch einen Gasherd im Haushalt auf 40 Mikrogramm im Jahr. Damit war der "Grenzwert" geboren und fand wenig später Eingang in die EU-Richtlinie. Seitens der EU-Kommission war das vor allem eine politische, weniger eine sachlich begründete Entscheidung. 

Die WHO schätzte die Stickoxid-Konzentration durch einen Gasherd im Haushalt auf 40 Mikrogramm im Jahr. Damit war der "Grenzwert" geboren."

Politischer Wille fehlt

Die durchaus als streng bekannte US-Umweltbehörde EPA hat für die Vereinigten Staaten die 40 Mikrogramm nie akzeptiert. Hier liegt der Grenzwert bei 100 Mikrogramm. 

Würde man bei uns den Grenzwert lediglich von 40 auf 50 Mikrogramm erhöhen, hätten nur noch 15 Städte statt bisher 60 Probleme, bei 60 Mikrogramm wären es sogar nur vier Städte. 

Gründe, warum diese Grenzwerte "ungeeignet" sein sollen, gibt es eigentlich nicht. Aber es fehlt am politischen Durchsetzungswillen.

Umweltbelastung steigt

Auch ist die Konzentration auf den Diesel fragwürdig. Denn Benziner stoßen mehr Feinstaub aus, der deutlich problematischer ist als Stickoxide. Durch die Dieseldebatte werden nun weniger Diesel, dafür mehr Benziner verkauft, wodurch der Ausstoß von Feinstaub und CO2 ansteigen. Dass diese schädliche Wirkungen auf Gesundheit und Klima haben ist belegt. Die Auswirkung ist also kontraproduktiv.

Außerdem geht der Effekt von diesen Fahrverboten in Bezug auf die Stickstoff- und Feinstaubbelastung gegen null. Der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid steigt sogar, weil die Dieselfahrer die gesperrten Gebiete weiträumig umfahren müssen. Und das ist wirklich belastend für die Umwelt.

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