Zahlungen über Grenzen hinweg

Fast unbemerkt Target-Überziehungskredit ist riesig

Der deutsche Normalbürger kann mit "Target" wenig anfangen. Dabei verbergen sich hinter diesem Begriff gewaltige Geldsummen, die im Extremfall zum Risiko werden können. Betroffen wäre in erster Linie die Bundesbank, mittelbar aber auch der deutsche Staat und damit letztlich der Steuerbürger.

Target steht für "Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System" - ein System der Euro-Notenbanken zur Zahlungsabwicklung bei grenzüberschreitenden Zahlungen. Dass im Euro-Raum Zahlungen über Grenzen hinweg vorkommen ist selbstverständlich und dass dafür eine technische Infrastruktur - eben Target - zur Verfügung steht, auch.

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Target-Ungleichgewicht und EZB-Anleihekäufe 

Doch das Target-System befindet sich seit einiger Zeit in Schieflage und die wird immer größer. Normalerweise sollten Target-Salden der Euro-Notenbanken einigermaßen ausgeglichen sein und bis zur Finanzkrise war das auch der Fall. Danach kam es erstmals zu einem stärkeren Auseinanderdriften. Bei der Bundesbank bauten sich bis Mitte 2012 hohe positive Target-Salden auf, vor allem bei der italienischen und der spanischen Zentralbank dagegen große Negativsalden. Anschließend fand wieder eine "Annäherung" statt, aber seit dem Start des EZB-Anleihekaufprogramms 2015 klafft die Entwicklung erneut auseinander. 

Bei der Bundesbank hat sich mittlerweile ein "Überschuss" von fast einer Billion Euro aufgebaut, die italienische Notenbank steht dagegen mit gut 460 Milliarden Euro "in der Kreide", die spanische mit fast 400 Milliarden Euro. Diese hohen Salden weisen auf starke Ungleichgewichte hin. Es werden wesentlich mehr Euros nach Deutschland transferiert als woanders hin abfließen. Bei Italien und Spanien sieht es umgekehrt aus. 

Die Bundesbank gewährt ihren Partnerbanken in Italien und Spanien eine Art Überziehungskredit." 

Kritischer Fall Euro-Austritt 

Für diese Entwicklung gibt es verschiedene Erklärungen: die deutsche Exportstärke ist nur eine davon. Ein wesentlicher Grund ist, dass Verkäufer italienischer und spanischer Staatsanleihen an die EZB ihr Geld "sicherheitshalber" lieber in Deutschland anlegen, als es in den beiden Südländern zu reinvestieren. 

Man nennt so etwas auch Kapitalflucht. Solange es sich bei den Target-Salden nur um Buchforderungen und -schulden handelt, ist das nicht so dramatisch. Das würde sich ändern, wenn eines der Schuldner-Länder aus dem Euro ausscheiden würde. 

Dann stellte sich die Frage, was mit negativen Target-Salden passiert. Ein von der Bundesbank eingeräumter Überziehungskredit könnte dann "echt" und zugleich notleidend werden.

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